Vieles beschließt Stefan Ziegler „irgendwann einmal“ in seinem Leben. Zum Beispiel, dass er im Sommer nur noch Blue Jeans und weiße T-Shirts tragen will. „Von den weißen T-Shirts habe ich 22 Stück im Kleiderschrank“, erzählt er, „von den Blue Jeans 7. Das spart mir täglich Zeit und Nerven, da ich nicht überlegen muss, was ich anziehen soll.“ Ziegler legt auf Modetrends keinen großen Wert, ist keiner, nach dem man sich auf der Straße verdutzt umdrehen würde, sondern ein „Normalo“, einer wie du und ich. Jemand, der seine Heimat schätzt. Und liebt, was er tut. „Ich habe immer in Plößberg gewohnt, nie in einer anderen Firma gearbeitet“, sagt der junge Chef der Ziegler-Group, die in dem Nordoberpfälzer Ort ihre Unternehmenszentrale hat. Offen wirkt Ziegler, sympathisch und bodenständig.
Auch heute trägt er T-Shirt und Jeans. Das Karriere-Magazin von Oberpfalz-Medien „work:life OBERPFALZ“ spricht mit dem Unternehmer über Geld. Was bedeutet es für ihn? „Für mich persönlich betrachte ich es emotionslos. Ich verdiene seit Jahren das Gleiche und es gibt null Privatentnahmen aus der Firma. Klar, ich möchte, dass meine Familie versorgt ist, habe hier auf dem Firmengelände mein Wohnhaus. Das ist natürlich abbezahlt. Im Sommer fahre ich auch in den Urlaub. Nach Bibione oder Jesolo. Auch schon seit Jahren. Ich finde es einfach cool dort.“
Geld verdirbt den Charakter
Darüber hinaus habe er keine besonderen Ansprüche. Im Gegenteil: „Streben nach persönlichem Reichtum macht nicht glücklich!“, ist Ziegler überzeugt. „Dieses Immer-mehr-Haben-Wollen ist eine ungute Entwicklung in unserer Gesellschaft. Übermäßiger Reichtum verdirbt nur den Charakter.“ Das könne er oft beobachten, schließlich komme er mit vielen Menschen zusammen, die oft sehr stolz sind, auf das, was sie besitzen. „Da frage ich: Was willst du mit dem ganzen Zeug? Du wirst niemals zufrieden sein!“ Sein ganzes Geld gehe daher in seine Firma: „Dort brauchst du es, um investieren zu können und Kredite zu bekommen.“ Im wirtschaftlichen Umfeld wird Geld so Mittel zum Zweck. Es ermöglicht ihm zu gestalten, Dinge zu verändern, Arbeitsplätze zu schaffen.
Das tut er mit großem Erfolg, wie ein Blick aus dem Fenster des neuen Verwaltungsgebäudes zeigt, in dem sich Ziegler mit dem „work:life OBERPFALZ“-Reporter trifft: Auf dem Gelände des größten Sägewerk-Standortes Europas fahren unentwegt Umschlagbagger hin und her, Lkws bringen Baumstämme oder holen bearbeitetes Holz, Menschen unterhalten sich, deuten in die eine oder andere Richtung.
Mutig Neues ausprobieren
Im Gebäude selbst bekommt man aber nur wenig von der Geschäftigkeit draußen mit. Die mehrstöckige Holz-Konstruktion schluckt Schall und schafft im Inneren eine ausgesprochen angenehme, einzigartige Atmosphäre. Schon beim ersten Betreten wird klar: Hier wird anders gedacht als in anderen Unternehmen, mutig Neues ausprobiert. Mächtige Baumstämme geben dem Gebäude Halt und Struktur, Glasfronten erweitern den Blick und vermitteln das Gefühl, mit der Umgebung verbunden zu sein. Nicht nur der Baustoff ist für ein mehrstöckiges Gebäude ungewöhnlich, der Architekt muss es auch sein.
Die Baumstämme, die sich draußen stapeln, bearbeitet und fortgebracht werden, stehen für das Kerngeschäft der Ziegler-Group. Stefan Zieglers Großvater gründete einst das Sägewerk, sein Vater führte es erfolgreich weiter. Schon als Kind packt Ziegler junior mit an. Für ihn eine Selbstverständlichkeit, „so haben es alle gemacht.“ Das Sägewerk ist Spiel- und Lernort, sicherer Hort und Abenteuerwiese zugleich.
Als Stefan Ziegler dann 2008 die Firma von seinem Vater überschrieben bekommt, hat sie bereits gut 150 Mitarbeiter. Unter seiner Regie läuft es bestens weiter. Ziegler junior investiert, macht gute Gewinne, investiert aufs Neue. Er versteht: Geld generiert Geld. Und: Größe kann die Stückkosten senken. Diese „Economies of Scale“, wie Ökonomen einen Kostenvorteil durch Massenproduktion bezeichnen, erklärt er zum Prinzip.
Gutes und schlechtes Wachstum
Ohne ständiges Wachstum kann dies in einer Wettbewerbswirtschaft kaum funktionieren: „Irgendwann einmal“ – das ist es wieder - „habe ich mir zum Ziel gesetzt, jedes Jahr um 30 Prozent zu wachsen.“ Warum gerade 30 Prozent? „Einfach so. Ich habe mir gedacht: Das kannst du schaffen.“
Ziegler schafft es. Nach und nach gründet er neue Unternehmen, die die Wertschöpfungskette ergänzen, kauft weitere dazu. So engagiert er sich im Logistikbereich, steigt selbstbewusst in neue Branchen, wie etwa die Gastronomie, ein. Aus dem Ziegler-Sägewerk aus Plößberg im Kreis Tirschenreuth wird die Ziegler Group, ein vielfältiges, international tätiges Konglomerat an Firmen mit heute 2600 Mitarbeitern.
Geld? Seine Unternehmen häufen immer mehr davon an. Er braucht aber auch immer mehr, um sein Wachstumsziel zu halten. Trotzdem gelingt es Stefan Ziegler, mit einer hohen Eigenkapitalquote von fast 50 Prozent zu arbeiten, wie er verrät. Manche Unternehmen kommen auch ganz ohne Fremdkapital aus. Warum er nicht? Ganz einfach: „Ich habe nicht die Zeit zu warten.“
Geld erlaubt keinen Stillstand
Geld befeuert, treibt an, erlaubt keinen Stillstand. Zumindest nicht in einem globalen kapitalistischen System, das Wachstum als Regel diktiert. Ist das auf Dauer möglich auf einem Planeten, der begrenzt ist, dem der Klimakollaps droht? „Nein, gesamtwirtschaftlich nicht“, überrascht die Antwort des 42-jährigen Erfolgs-Unternehmers. Der ist aber auch Vater zweier Kinder, fühlt sich seiner Familie und der Gesellschaft verantwortlich. Das Wachstum seines Unternehmens verbindet er daher mit der Mission, die Welt besser zu machen.
Klingt ambitioniert. Doch wie das gelingen kann, davon hat Ziegler konkrete Vorstellungen: „Wir haben 2018 eine kleine Holzbaufirma gekauft. Auf diesem Gebiet wollen wir vorangehen, weil ich der festen Überzeugung bin, dass wir den Klimawandel ohne Holz im Hochbau nicht in den Griff bekommen werden. Auch in Deutschland müssen wir weg vom Ziegel, hin zum Holz.“ Wieder geht es ums Geld: „Gerade jetzt, in Zeiten steigender Zinsen, brauchen die Menschen Top-Häuser, die zugleich preisgünstig und billiger als Ziegelhäuser sind.“
Dazu muss das Unternehmen seiner Ansicht nach weiter wachsen, „Economies of Scale“ erzielen und die Kostenvorteile an die Kunden durchreichen. „Dann kann ich meinen Beitrag dazu leisten, dass sich der Holzbau durchsetzt.“ Er denkt dabei nicht nur an Einfamilienhäuser, sondern ebenso an mehrgeschossige Bauten in Holzkonstruktion, wie seine neuen Verwaltungsgebäude. Darüber hinaus ist eine große Wohnanlage derzeit in Weiden in Bau, in Kemnath soll sogar bald „ein ganzer Stadtteil“ entstehen.
Mit Ziegler-Geld die Welt retten?
Holz bindet dauerhaft Kohlendioxid, das hauptverantwortlich für den weltweiten Temperaturanstieg ist. Verwendet man es für die Errichtung von Gebäuden und spart dafür Emissionen ein, die Beton, Zement oder Ziegel verursachen, kann damit wohl in der Tat ein wesentlicher Beitrag zur Reduzierung klimaschädlicher Treibhausgase geleistet werden.
Nachdrücklich auf diesen Zusammenhang aufmerksam gemacht hat der renommierte Wissenschaftler und Gründer des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Hans Joachim Schellnhuber. Dazu müsste freilich sichergestellt sein, dass dem Wald nicht mehr Holz entnommen wird, als nachwachsen kann. Stefan Ziegler sieht hier kein Problem: „Wenn wir in Deutschland alle neuen Einfamilienhäuser mit Holz bauen, brauchen wir dafür ungefähr 10 Prozent des momentanen Holzeinschlags. Das ist minimal“, sagt er. Ziegler-Geld könnte also vielleicht wirklich dabei helfen, die Welt zu retten.
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