Ein plüschiges Geheimnis

12.01.2023 - 11:08 Uhr

Nicht nur Kinder hängen an ihren Kuscheltieren. Auch erstaunlich viele Erwachsene teilen sich ihr Bett mit plüschigen Gefährten. Aber nur die wenigsten geben das zu. Warum ist das so, fragt sich Redakteurin Mareike Schwab.

Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) fand 2013 in einer repräsentativen Umfrage heraus, dass jede fünfte Frau (19 Prozent) und jeder neunte Mann (11 Prozent) beim Reisen nicht auf ihr Stofftier verzichten wollen.

Ich habe ein Geheimnis. Weder meine Freunde und schon gar nicht meine Arbeitskollegen wissen etwas davon. Darüber zu sprechen ist unangenehm, peinlich und verpönt. Es ist ein Tabu. Fast noch schlimmer als über Geld oder Sex zu reden. Aber es ist an der Zeit es auszusprechen: Ich, 25 Jahre alt, habe immer noch ein Kuscheltier neben dem Kopfkissen sitzen. Balu, den weißen Kuschelbären, habe ich schon seit ich ein kleines Kind bin. Er hat mich getröstet, mir zugehört, mir die Langeweile vertrieben und mir beim Einschlafen geholfen. Im Urlaub durfte er nicht fehlen. Mittlerweile ist sein Fell eher grau und an manchen stellen ziemlich abgegriffen. Ich habe schon vor vielen Jahren aufgehört, mit ihm zu reden und reisen darf er auch nicht mehr. Dennoch kann ich mich nicht von dem Plüschtier aus Kindheitstagen trennen.

Ich habe es oft versucht. Vor einer Woche bin ich umgezogen und stand wieder vor der Überlegung, in welchen Karton der Bär soll. "Kann weg" oder doch wieder "ins Schlafzimmer". So wirklich brauche ich ihn nicht mehr. Weder zum Einschlafen noch als Wohlfühlbegleiter. Aber wegwerfen ist trotzdem keine Option. Ein Platz ganz hinten im Bücherregal fühlt sich auch nicht richtig an. Zu viele Emotionen und Erinnerungen verbinde ich mit dem kuscheligen Bären. Und so hat Balu auch in der neuen Wohnung einen Platz bei mir im Bett bekommen - wie seit über 25 Jahren. Nur wenn Besuch kommt, muss er darunter verschwinden. Zu groß ist die Scham über mein plüschiges Geheimnis. Doch warum ist das überhaupt so? Eine kurze Google-Anfrage zeigt, dass das Thema viele umtreibt. Wann ist man zu alt für Kuscheltiere? Ist es normal, als Erwachsener Plüschtiere zu haben? Schlägt mir die Suchmaschine vor und liefert Antworten.

Wenn Erwachsene mit Kuscheltieren in Filmen zu sehen sind, dann ist der Protagonist meist sonderbar und die Handlung absurd. Ich sage nur: "Mr. Bean". Der schräge Typ in der Serie aus den 90ern verließ nie ohne Teddy das Haus. Damit ist Mr. Bean aber nicht allein. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) fand 2013 in einer repräsentativen Umfrage heraus, dass jede fünfte Frau (19 Prozent) und jeder neunte Mann (11 Prozent) beim Reisen nicht auf ihr Stofftier verzichten wollen. Daran ist auch nix Sonderbares, sind sich die Psychologen im Internet einig. Denn Plüschtiere können durchaus auch erwachsenen Menschen das Gefühl von Geborgenheit und einer heilen Welt geben. Sie wecken Erinnerungen und dienen als Talisman. Und das ist doch wohl nichts, wofür man sich schämen sollte. Mein Seelentröster aus Kindheitstagen darf auch weiterhin am Kopfende wachen.

Hintergrund:

OTon

Wir sind junge Mitarbeiter der Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen. Alle Teile dieser Kolumne sind zu finden unter onetz.de/oton.

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