Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hat in einer persönlichen Stellungnahme wegen seiner Äußerungen in der Debatte über das Münchener Missbrauchsgutachten am ersten Tag der Synodalversammlung in Frankfurt um Verzeihung gebeten. "Menschen, vor allem Missbrauchsopfer fühlen sich von mir vor den Kopf gestoßen, verletzt, sind empört", schreibt der 62-Jährige, der seit nunmehr neun Jahren Bischof von Regensburg ist, am Freitag. Das mache ihn traurig und lasse ihn beinahe verzweifeln. "Ich bitte um Verzeihung", schreibt Voderholzer weiter und betont, sein Anliegen sei ja gerade: "echter Einsatz für die Opfer, unmissverständlicher Kampf gegen die Täter und stetes Bemühen um Aufarbeitung, Aufklärung und vor allem Prävention".
Voderholzer hatte am Donnerstag für Empörung gesorgt, als er sagte, dass "1973 die Strafrechtsreform Kindesmissbrauch nicht mehr als Verbrechen eingeschätzt hat, und zwar auf der Basis von sexualwissenschaftlichen Urteilen, die davon ausgehen, dass für die betroffenen Kinder und Jugendlichen die Vernehmungen wesentlich schlimmer sind, als die im Grunde harmlosen Missbrauchsfälle". Das müsse berücksichtigt werden, wenn heute über das Verhalten der Kirche in den 1970er und 1980er Jahre geurteilt werde.
Bischof kritisiert Autoren des Münchener Gutachtens
Später am Donnerstag hatte sich Voderholzer noch einmal zu Wort gemeldet und gesagt, er sei missverstanden worden. "Vielleicht habe ich nicht deutlich genug die Anführungszeichen mitgesprochen." Tatsächlich hatte der frühere Professor Dogmatik und Dogmengeschichte vergessen den Konjunktiv zu benutzen, mit dem fremde Aussagen kenntlich gemacht werden. Voderholzer beteuerte zudem: "Ich halte die Verharmlosung des sexuellen Missbrauchs für verheerend."
In seiner Erklärung vom Freitag knüpft Voderholzer daran an: "Die Verharmlosung von Pädophilie und Päderastie, die Verharmlosung von Sex mit Kindern, den wir heute zum Glück alle als fundamentales Verbrechen einstufen, war ein Skandal der 1970er Jahre." Zudem erneuert der Bischof seine Kritik an den Autoren des Münchener Missbrauchsgutachtens von der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl. Die Gutachter würden "einen Sachverhalt nicht in seiner historisch greifbaren richtigen Form darstellen".
Voderholzer ist so zu verstehen, dass diese Kritik Ziel seines Wortbeitrages in Frankfurt gewesen sei. Seine Äußerung, betont Voderholzer, sei als sachlich-kritischer Beitrag gemeint gewesen. Reumütig schreibt er nun, seine Kritik hätte er "nicht in dieser kurzen Form in der Synodalversammlung äußern dürfen, sondern hätte sie in Form eines wissenschaftlichen Aufsatzes oder ähnliches darlegen müssen, da sich der Gedankengang nicht in wenigen Zeilen oder drei Minuten erklären lässt".
Zwei-Drittel-Mehrheit unter Bischöfen
Unterdessen zeigen sich die Reformer nach zwei wichtigen Abstimmungserfolgen bei der Synodalversammlung optimistisch. "Die Bischöfe haben den Schuss gehört", sagte Beate Gilles, die Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz, am Freitag. "Das ist beileibe noch nicht der Durchbruch zu einer anderen und erneuerten Kirche, aber ich glaube, es ist ein gutes Fundament, das da jetzt gegossen worden ist." Ihr sei "ein Stein vom Herzen gefallen".
Gilles verwies darauf, dass die Bischöfe am Abend zuvor mit Zwei-Drittel-Mehrheit zwei zentrale Texte beschlossen hatten, die einen Reformbedarf anerkennen und die Grundlage für konkrete Reformbeschlüsse bilden sollen. Die Reformer streben unter anderem Segnungen für Homosexuelle, eine Lockerung des Zölibats, die Einführung des Diakonats der Frau und ein Mitbestimmungsrecht von Gläubigen bei der Bischofswahl an.
"Mit den beiden Abstimmungen sind wir einen großen Schritt weiter", sagte Gilles. Bisher hatte man nur darüber spekulieren können, wie viele Bischöfe Reformen wirklich mittragen würden. Allerdings waren bei den Abstimmungen einige bekannte Konservative wie der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki nicht mit dabei. Hätten sie alle mitgestimmt, wäre die Zwei-Drittel-Mehrheit nicht mehr so sicher gewesen.
Gilles sagte, die Kirche befinde sich in einer dramatischen Lage. "Wir haben eine tiefe Krise, und wir haben das Vertrauen verloren." Nach der Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens waren die Anträge auf Kirchenaustritte vielfach noch einmal in die Höhe geschnellt. (mit dpa)
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.