Regensburg
13.12.2018 - 19:14 Uhr

Bistum legt Finanzen offen

„Transparenzoffensive“: Als eines der ersten Bistümer in Deutschland hat das Regensburger seine Finanzsituation offen gelegt. Allein im Jahr 2017 belief sich der Überschuss auf 84 Millionen Euro.

"Transparenzoffensive": Das Bistum Regensburg organisiert zur Veröffentlichung der Finanzen aller Rechtsträger eine aufwändige Pressekonferenz. Bild: ca
"Transparenzoffensive": Das Bistum Regensburg organisiert zur Veröffentlichung der Finanzen aller Rechtsträger eine aufwändige Pressekonferenz.
Generalvikar Michael Fuchs am Mikro, im Hintergrund der Bischöfliche Finanzdirektor Alois Sattler (Mitte sitzend). 	Bild: ca Bild: ca
Generalvikar Michael Fuchs am Mikro, im Hintergrund der Bischöfliche Finanzdirektor Alois Sattler (Mitte sitzend). Bild: ca

Generalvikar Michael Fuchs ist zum Scherzen aufgelegt: "Vor kurzem schrieb eine Wein-Firma eine Werbekarte an uns: an das Bischöfliche Domkapital." Dieser "nette Schreibfehler" habe etwas Wahres: "Wer Gutes tut, braucht Finanzmittel."

Natürlich gehen einem Laien da die Augen über. Die Diözese Regensburg besitzt Wertpapiere im Wert von 1,3 Milliarden Euro. Bischöflicher Finanzdirektor Alois Sattler berichtet für 2017 von einem sagenhaften Überschuss von 84 Millionen Euro. "Ist die Diözese also reich?", fragt Sattler und antwortet sich gleich selbst: "Das ist viel Geld. Aber es stellt sich die Frage: Dienen diese Geldmittel dem Menschen? Ja." Mit einem Nettovermögen von 155 Millionen Euro sei die Diözese "nicht reich": Der Betrag sei weniger als die Hälfte des laufenden Haushalts.

Aufwändige Homepage

Donnerstagvormittag. In einem Konferenzsaal des St.-Josef-Krankenhauses startet die "Transparenzoffensive". Als eines der ersten Bistümer Deutschlands veröffentlicht Regensburg sämtliche Jahresabschlüsse, alle als einwandfrei abgesegnet von unabhängigen Wirtschaftsprüfern. "Überall soll bekannt werden: Jeder kann sich diese Bilanzen ansehen", sagt Bistumssprecher Clemens Neck. Auch online: www.zahlengesichter.de. Soll heißen: Hinter jeder Zahl steht ein Gesicht.

So stellt man sich "Speed-Dating" vor. Jeder Rechtsträger erklärt in fünf Minuten, warum seine Sache jeden Cent wert ist. Caritasdirektor Michael Weißmann fährt eindrucksvolle Zahlen auf: 350 000 Menschen wenden sich jedes Jahr an Einrichtungen derCaritas. Die Bilanzsumme liegt bei 200 Millionen Euro. Klingt nach "viel Geld", stünde aber großteils als Zweckimmobilien in den Büchern. Die Caritas betreibt 18 Pflegeheime, Schulen, Kitas und das Krankenhaus, in dem man gerade sitzt. "Wir zahlen monatlich an 2500 Beschäftigte Löhne von 10 Millionen Euro aus." Und: "Wir könnten auf die Kirche als Zuschussgeber nicht verzichten."

Es geht Schlag auf Schlag. Der Bischöfliche Stuhl berichtet von der Fertigstellung von 96 Wohnungen in Regensburg. Mit den Erträgen werden das Priesterseminar und Exerzitienhäuser gesichert. Direktor Michael Eibl von der Katholische Jugendfürsorgeinformiert über die Ausbildung von 1500 jungen Leuten und der Schaffung von Wohnmöglichkeiten für Behinderte und Alleinerziehende. "Wir haben 28 000 Klienten pro Jahr. Da braucht man Geld."

Domkapellmeister Roland Büchner dirigiert ohne Taktstock: Mit Verve plädiert er für die Ausbildung der 480 Domspatzen, die jährlich 10 Millionen Euro kostet (145 Arbeitsplätze). "Diese Zahlen bedeuten, dass wir ein weltweit einzigartiges geistliches und musikalisches Erbe mit Leben füllen." Die Konzertreisen ließen die Jungs reifen: "Sie bekommen auf den Bühnen der Welt die Softskills, nach denen die Wirtschaft ruft." Es folgen Prorektor Martin Kellhuber von der Hochschule für Kirchenmusik(170 Studierende, 70 Dozenten und Lehrbeauftragte) und der Domdekan derSchulstiftung, Johannes Neumüller. Er spricht von 14 katholischen Schulen, 6000 Schülern, 484 Lehrkräften. "Und wir sind nicht das schlimmste Kastenwesen außerhalb Indiens, wie es in der heute-Show mal hieß." Die Eremitenanstalt versorgt nach Auskunft von Domkapitular Johann Ammer 245 Ruhestandspriester mit jährlich 11 Millionen Euro "Rente".

Größte Einnahmequelle

Wo kommt das Geld her? Das wären nun die einzigen Punkte, die Finanzdirektor Alois Sattler und seinen Vize Wolfgang Bräutigam (aus Grafenwöhr!) zu Sorgenfalten und verstärkter Rücklagenbildung treiben. Das niedrige Zinsniveau tut auch der Diözese weh, die 2017 aus den Wertpapieren noch 26 Millionen Euro an Zinsertrag verbuchte. Jedes folgende Jahr ist mit 3 Millionen weniger angesetzt. Auch die größte Einnahmequelle - die Kirchensteuer mit 321 Millionen Euro - könnte schrumpfen. Über die Hälfte der Erträge - 180 Millionen - flossen in die Seelsorge, insbesondere in die 631 Pfarreien mit 1,17 Katholiken. 2018 erwartet Sattler weit weniger Überschuss, "nur" 8 Millionen. "Das ist eher normal."

Nach 90 Minuten sind alle "Rechtsträger" durch. Die Fragestunde fällt freundlich aus. Es wird neckend gefragt, ob der Bischof eigenmächtig Geld ausgeben könne. Nein, das kann er nicht. "Ist er dann der ärmste Milliardär Deutschlands?", fragt der Redakteur. Der Finanzdirektor lacht: "Das könnte man so formulieren."

 
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