Regensburg
16.03.2020 - 10:33 Uhr

Corona-Verdacht in JVA: Prozess gegen Zahnärztin unterbrochen

Gerichtsprozesse in Zeiten von Corona: Weil zwei Mitinsassinnen in der JVA Regensburg über Fieber klagten, konnte eine Angeklagte nicht vorgeführt werden. Am Montag hätte der Mordprozess gegen eine Zahnärztin (61) beginnen sollen.

Abstand halten im Zuhörerraum. Am Ende wurde der Prozess nach einer Stunde ohnehin unterbrochen . Bild: ca
Abstand halten im Zuhörerraum. Am Ende wurde der Prozess nach einer Stunde ohnehin unterbrochen .

Der Platz der Angeklagten zwischen ihren Verteidigerin Michael Haizmann, Dr. Annette von Stetten und Johannes Büttner blieb leer. Im Zuhörerraum mussten die rund 40 Besucher immer einen Stuhl zwischen sich unbesetzt lassen – so die sitzungspolizeiliche Verfügung.

Dr. Michael Hammer, Vorsitzender der 2. großen Strafkammer, erklärte um kurz nach 9 Uhr die Ausgangslage. Am Morgen habe ihn ein Anruf aus der Justizvollzugsanstalt Regensburg erreicht. Zwei inhaftierte Frauen, die in der gleichen Abteilung wie die Zahnärztin untergebracht waren, seien am Sonntagabend in die JVA Aichach gebracht worden. Beim Aussteigen aus dem Schubbus habe man festgestellt, dass beide Frauen über 38 Grad Fieber haben. Eine der Gefangenen habe zudem behauptet, ihr Sohn habe Kontakt zu einem Corona-Patienten gehabt.

Die JVA geht laut Hammer nicht davon aus, dass es sich um tatsächliche Corona-Fälle handelt. „Der Kontakt zu einem Corona-Patient ist sehr fraglich.“ Dennoch hat die Gefängnisleitung Tests veranlasst. Das Fieber sei bei den Frauen am Montag abgeklungen gewesen, so die Information der JVA. Die Testergebnisse würden aber erst bis Montag, 17 Uhr, erwartet.

Die Verteidiger Johannes Büttner (l), Michael Haizmann und Annette von Stetten im Verhandlungssaal des Landgerichts. Wegen eines Coronavirus-Verdachts ist der Auftakt im Mordprozess gegen eine Zahnärztin in Regensburg verschoben worden. Bild: Armin Weigel
Die Verteidiger Johannes Büttner (l), Michael Haizmann und Annette von Stetten im Verhandlungssaal des Landgerichts. Wegen eines Coronavirus-Verdachts ist der Auftakt im Mordprozess gegen eine Zahnärztin in Regensburg verschoben worden.
Regensburg02.01.2020

„Die Angeklagte steht bereit: Sie würde mit Mundschutz teilnehmen“, schlug Richter Hammer vor. Dazu müssten aber die Verteidiger zustimmen, die der 61-Jährigen am nächsten sitzen. Anwalt Haizmann hatte eine klare Meinung dazu: „Wir haben einen Katastrophenfall. Jeder sagt: Bleibt daheim. Nur die Justiz tut so, als ob Corona ein Problem von anderen wäre.“ Er stellte den Prozessauftakt generell infrage. Es sind Zeugen aus Tschechien und England geladen, die teilweise jetzt schon angekündigt haben, nicht kommen zu können.

Der Zahnärztin wird vorgeworfen, im November 2018 ihren britischen Ehemann mit einer Garotte erdrosselt zu haben. Den Leichnam soll sie – möglicherweise mit Unterstützung des Gärtners – vom Wohnhaus in Laberweinting abtransportiert und an einem Waldweg im Böhmerwald abgelegt haben. Die Anklage geht von Habgier als Mordmerkmal aus: Im Fall der bevorstehenden Trennung hätte die gebürtige Amerikanerin nur in der Villa bleiben können, wenn sie ihren Mann ausbezahlt hätte.

„Wir sehen die Schwierigkeiten“, sagte Richter Hammer zum Problem der Auslandszeugen. Auf der anderen Seite wiege die lange Haftdauer schwer: Die 61-Jährige befindet sich schon über ein Jahr in Untersuchungshaft. Es gelte der Beschleunigungsgrundsatz. „Wir müssen alles dafür tun, dass der Prozess stattfindet.“ Die Informationslage in Sachen Corona ändere sich nahezu stündlich. Aktuell sei die Linie der Staatsregierung, dass in Haftsachen verhandelt werden soll.

Gutachterin kann nicht einreisen

Verteidigerin Anette von Stetten hielt besonders eine tschechische Professorin für eine unverzichtbare Zeugin. Diese hat ein Gutachten zum Einsatz von Chloroform abgegeben, dass die Anwältin für „methodisch mangelhaft“ hält. Diese Professorin hat bereits angekündigt, nicht einreisen zu können, weil sie bei der Rückreise nach Tschechien in 14-tägige Quarantäne müsste.

Nach kurzer Besprechung im Hinterzimmer verkündete Richter Hammer eine Entscheidung: Das Testergebnis der JVA-Mitinsassinnen werde abgewartet. Sollte es positiv sein, werde man auch die angeklagte Zahnärztin testen müssen, ehe man weiter verhandelt. Ist das Ergebnis negativ, wird der Prozess am Mittwoch, 13.30 Uhr, fortgesetzt. Angesetzt sind neun Verhandlungstage und ein Ortstermin im Wohnanwesen in Laberweinting.

Haizmann befürchtete ganz anderes: „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Sie hier dicht machen.“

Regenstauf27.02.2020
 
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