Der letzte Gerichtstag vor der Urteilsverkündung im Wolbergs-Prozess hat es noch einmal in sich. Es geht um einen einzigen Satz aus dem „Letzten Wort“ von Bauträger Volker Tretzel und die Frage: Handelte es sich dabei um einen schrägen Scherz oder um einen Beweis für korruptives Verhalten von Tretzel und dem suspendierten OB Joachim Wolbergs?
Eigentlich sollte es in dieser Woche allein um das Urteil gehen, das Richterin Elke Escher am Mittwoch verkünden wird. Doch kurzfristig setzte Escher am Montag einen weiteren Verhandlungstag an. Das einzige Thema: Tretzels möglicherweise heikle Äußerung. Wolbergs‘ Anwalt Peter Witting hatte beantragt, noch einmal in die Hauptverhandlung einzutreten, um seinem Mandanten eine Einlassung zu Tretzels Worten zu ermöglichen.
Witting entschuldigt sich zu Beginn der Verhandlung fast. Dass noch einmal alle Prozessbeteiligten zusammenkommen müssen, sei ein „Riesenaufwand für etwas, das es aus meiner Ansicht eigentlich nicht wert ist“. Doch das mediale Echo auf Tretzels Äußerung sei so groß gewesen, dass er um eine Gelegenheit für eine Erklärung gebeten habe.
Am Dienstag vergangener Woche hatte Tretzel genauso wie die weiteren drei Angeklagten ein „Letztes Wort“ gesprochen. Darin hatte er unter anderem wortreich erklärt, dass seine Firma Bauteam Tretzel (BTT) im Herbst 2014 den Zuschlag beim Verkauf des begehrten Nibelungenareals bekam, weil sie das beste Angebot vorgelegt hatte – und nicht weil hohe Spenden aus dem BTT-Umfeld an Wolbergs‘ SPD-Ortsverein flossen, wovon die Staatsanwaltschaft ausgeht. Dabei äußerte Tretzel folgenden Satz: „Wolbergs hat gesagt, ihr müsst gar nicht so viel spenden, ihr kriegt das Grundstück sowieso.“
Wolbergs erklärt am Montag, wie er Tretzels Satz auffasste: „Als Scherz, wie manches in seinem Schlusswort.“ Er habe sich nie so geäußert – auch nicht in abgewandelter Form, betont Wolbergs. Es habe beim Verkauf des Nibelungenareals nie irgendein Junktim gegeben – eine Verbindung zwischen Parteispenden und Vergabe. Anwalt Witting erklärt später noch, ein solcher Satz von Wolbergs hätte gar keinen Sinn gemacht – denn dieser habe auch nach dem Wahlkampf für die OB-Wahl 2014 noch Spenden gebraucht, da Wahlkampf-Rechnungen in Höhe von über 200 000 Euro offen gewesen seien.
Tretzel selbst spricht am Montag nicht. Im Namen seines Mandanten gibt dafür sein Anwalt Florian Ufer eine Erklärung ab, die Wolbergs‘ Aussage stützt. Demnach habe es eine solche Äußerung von Wolbergs nicht gegeben. Tretzel habe mit seiner Bemerkung scherzhaft sagen wollen, dass das BTT-Angebot das beste gewesen und eine Verbindung mit Spenden abwegig sei.
Ganz anders sieht das Staatsanwältin Christine Ernstberger. „Mit diesem Satz hat Tretzel genau das eingeräumt, was ihm zur Last gelegt wurde“, sagt sie. Die Aussage sei spontan und aus freien Stücken erfolgt und damit glaubwürdig. Der Satz bestätige, dass Wolbergs die Spenden BTT zuordnen konnte, dass es eine Verknüpfung zwischen Spenden und Vergabe gegeben habe und Tretzel Wolbergs „kaufen wollte“.
Daraufhin wird es emotional im Gerichtssaal. Er müsse sich zum wiederholten Mal von der Staatsanwaltschaft sagen lassen, er sei gekauft worden, ruft Wolbergs, als er die nochmalige Gelegenheit zu einem „Letzten Wort“ bekommt. „Wenn ich könnte, würde ich Sie wegen Verleumdung verklagen“, schleudert er Ernstberger entgegen. Sie stelle es dar, als sei sie eine arme Staatsanwältin, die für das Recht kämpfe, echauffiert sich Wolbergs. „Einen Dreck machen Sie.“
Etwas humorige Ruhe bringt am Ende der mitangeklagte Norbert Hartl, ehemaliger SPD-Stadtratsfraktionschef, in die angespannte Stimmung im Gerichtssaal. Er wolle keine neuen „Letzten Worte“ sprechen, sondern nur sagen: „Ich bin froh, wenn endlich der Prozess vorbei ist.“ Damit sei er nicht allein, ergänzt Richterin Escher. Am Mittwoch steht die Urteilsverkündung an.
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