Zum Prozessauftakt wird im Saal 104 am Regensburger Landgericht ein großes Medienaufgebot erwartet. Rieger werden Erpressung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der Verschleierung von Wahlkampfspenden aus der Immobilienbranche vorgeworfen. Mitangeklagt ist der Inhaber einer Regensburger Marketingagentur, der Scheinrechnungen ausgestellt und damit ebenfalls Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet haben soll.
Es ist der vierte Prozess innerhalb von drei Jahren am Regensburger Landgericht, der sich mit heiklen Wahlkampfspenden beschäftigt. Zuvor mussten sich bereits der ehemalige Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (früher SPD, heute Wählervereinigung „Brücke“) und der frühere OB-Kandidat Christian Schlegl (CSU) vor Gericht verantworten.
Als die Ermittlungen gegen Wolbergs im Sommer 2016 bekannt wurden, war Rieger als vehementer Kritiker aufgetreten. Er hatte Wolbergs unter anderem vorgeworfen, Regensburg zu einer „Bananenrepublik“ gemacht zu haben. Später wurde bekannt, dass auch gegen Rieger Ermittlungen wegen auffälliger Spenden laufen. Im Sommer 2018 ließ die Staatsanwaltschaft Wohn- und Büroräume von Rieger durchsuchen.
Anlass war unter anderem, dass der Landtagsabgeordnete von einem Regensburger Bauträger eine Spende in Höhe von 60 000 Euro für seinen Landtagswahlkampf 2013 verlangt haben soll. Verbunden haben soll er die Forderung an den Bauträger der Anklageschrift zufolge mit dem Hinweis: „Sie wissen schon, wer in Zukunft über die Baugebiete und die Baugenehmigungen entscheidet.“ Der Bauträger habe das als „gefühlten Erpressungsversuch“ empfunden – und Riegers Wahlkampf in der Folge mit knapp 40 000 Euro unterstützt, heißt es in der Anklage. Dafür habe er knapp 10 000 Euro gespendet – und Rechnungen des mitangeklagten Marketingagentur-Betreibers für Wahlkampfleistungen in Höhe von knapp 30 000 Euro übernommen.
Außerdem soll Rieger eine gestückelte Spende von einem weiteren Regensburger Bauträger in Höhe von knapp 50 000 Euro erhalten hat. Fünf Mitarbeiter des Bauträgers sollen Einzelspenden von je 9950 Euro – knapp unter der Veröffentlichungsgrenze von 10 000 Euro – überwiesen haben. Das Geld soll aber vom Bauträger selbst gekommen sein. Die Staatsanwaltschaft wirft Rieger vor, dass er die Splittung der Spende erkannt und sie dennoch als Parteispenden der jeweiligen Mitarbeiter im Rechenschaftsbericht der CSU deklariert habe.
Immunität aufgehoben
Nachdem der bayerische Landtag im September 2019 die Immunität Riegers aufgehoben hatte, erhob die Staatsanwaltschaft drei Monate später Anklage gegen den 62-jährigen Juristen. Im März dieses Jahres teilte das Landgericht Regensburg mit, dass die Klage zugelassen wird. Zu Verzögerungen war es gekommen, weil sich mehrere Richter am Landgericht wegen einer möglichen Besorgnis der Befangenheit selbst angezeigt hatten. Sie hatten angegeben, Rieger, der in der Stadt bestens vernetzt ist, persönlich zu kennen.
Franz Rieger wollte auf Nachfrage kein Statement zum Prozessbeginn abgeben. Sein Anwalt, der Berliner Strafverteidiger Dirk Lammer, sagte, er sei „sehr zuversichtlich, dass sich in der Hauptverhandlung zeigen wird, dass die Vorwürfe gegen meinen Mandanten unbegründet sind.“ Lammer kündigte an, dass sich Rieger im Prozess zunächst nicht äußern wird.
Für die Hauptverhandlung vor der sechsten Strafkammer des Landgerichts sind acht Verhandlungstage angesetzt. 18 Zeugen werden gehört. Rieger ist seit 2008 Landtagsabgeordneter. Nachdem die Ermittlungen gegen ihn bekannt geworden waren, verlor er bei der Landtagswahl im Herbst 2018 viele Stimmen. Dennoch gewann er knapp das Direktmandat und zog erneut in den Landtag ein.
- Dem Regensburger CSU-Landtagsabgeordneten Franz Rieger werden Erpressung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der Einwerbung und Verschleierung von Wahlkampfspenden aus der Immobilienbranche vorgeworfen.
- Neben Rieger ist ein Regensburger Marketingagentur-Inhaber angeklagt. Er soll ebenfalls Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch Ausstellung von Scheinrechnungen geleistet haben.
- Verhandelt wird vor der sechsten Strafkammer des Landgerichts Regensburg. An acht Verhandlungstagen sollen 18 Zeugen aussagen.
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