Das Interesse ist groß: Seit das Museum der Bayerischen Geschichte am 5. Juni eröffnet wurde, bilden sich immer wieder Schlangen vor dem Gebäude am Donaumarkt. Besonders spannend ist für viele Besucher die Frage, welche Exponate aus ihrer Heimat es in die Dauerausstellung, die sich auf die vergangenen 200 Jahre konzentriert, geschafft haben. Die Oberpfalz kommt gut weg.
„Wir haben bei der Themen- und Objektauswahl darauf geachtet, alle bayerischen Regierungsbezirke zu berücksichtigen“, erklärt Julia Lichtl vom Haus der Bayerischen Geschichte gegenüber unserer Zeitung. „Insbesondere knüpfen wir in der Ausstellung immer wieder an die Oberpfalz und Regensburg als Standort unseres Museums an.“
Ausgewählt worden seien Themen, die entweder selbst große Bedeutung für die Entwicklung Bayerns haben oder stellvertretend für Ereignisse stehen. Wichtig war es den Museumsmachern, persönliche und aussagestarke Geschichten und Objekte darzustellen, die den Zugang niederschwellig gestalten. Als Beispiel nennt Lichtl den Eiswagen von Guiseppe Guarino, der für die Integration der „Gastarbeiter“ in Bayern steht. Guarino hatte 1971 die erste Pizzeria des Bayerischen Waldes in Grafenau eröffnet.
Persönliche Geschichten erzählt auch die Museumsbühne zum Widerstand gegen die geplante Wiederaufbereitungsanlage (WAA) in Wackersdorf (Kreis Schwandorf) in den 80er-Jahren. Originale Protestbanner und -plakate sind hier ausgestellt. Zu den Exponaten gehört das berühmte „Brett vorm Kopf“, das Rudolf Forster dem Museum der Bayerischen Geschichte zur Verfügung gestellt hat. Forster hatte sich das Brett bei einer Demonstration im Taxöldener Forst am Faschingsdienstag 1986 vor den Kopf geschnallt. Die Aufschrift „Nur wenn i a Brett davor hätt, wär i dafür“ verschaffte ihm große mediale Aufmerksamkeit, sein Bild war in zahlreichen Zeitungen zu sehen.
Aus Sulzbach-Rosenberg stammt ein Exponat zur bayerischen Industriegeschichte: ein Stück der letzten vor der Schließung der Maxhütte produzierten Tranche Eisenschiene. Als Beispiel für aktuelle Hightech-Entwicklungen ist ein Fahrrad der Firma Cube aus Waldershof (Kreis Tirschenreuth) ausgestellt.
Im Bereich „Bayern und der Nationalsozialismus“ sind zwei beklemmende Exponate aus dem KZ Flossenbürg zu sehen: Eine Postkarte mit einer Kinderzeichnung des Konzentrationslagers und eine Zeichnung eines KZ-Häftlings. Das Thema Flucht und Vertreibung wird unter anderem verdeutlicht durch ein ausgestelltes Kartenspiel. Meta Hirsch war nach dem Zweiten Weltkrieg von Schlesien nach Trabitz (Kreis Neustadt/WN) geflohen. Um ihren beiden Kindern trotz ihrer Not etwas zu Weihnachten schenken zu können, bastelte sie aus alten Feldpostkarten ein Schwarzer-Peter-Spiel.
Noch weiter zurück in die Geschichte muss man gehen, um das ausgesellte Bayerische Zündnadelversuchsgewehr, gefertigt in Amberg, einzuordnen. Es stammt aus der Zeit der Einigungskriege um 1870, die das Ende der bayerischen Eigenständigkeit ankündigten. Aus der Zeit der Industrialisierung ist im Mediaguide-Beitrag zum Thema Arbeiterbewegung ein Foto von einem Streik in der Maxhütte zu sehen. Auch ein Emailleschild der Franziskanerbrauerei Amberg ist ausgestellt. Im Themenbereich „Erster Weltkrieg“ will das Museum weniger Kriegsgeschichten als vielmehr den Alltag der Menschen in den Blick nehmen. Dazu gehört eine Biografie von Matthias Braun aus Ponholz (Kreis Schwandorf). Im Kulturkabinett „Bayern Regional“ wiederum lässt sich auf einer riesigen Landkarte per Tablet jeder Ort in Bayern erkunden – natürlich auch die Oberpfälzer Gemeinden.
Zwar kein Exponat, aber doch ein stiller Held des Museums ist Maler Heinz Schwartze aus Neunburg vorm Wald (Kreis Schwandorf). Zusammen mit nur einem Mitarbeiter gab er dem kompletten Museum innen wie außen seinen Anstrich. Dafür wurde Schwartze bei der Museumseröffnung eigens auf die Bühne geholt – und erntete großen Applaus.
Breiten Raum in der Ausstellung erhält der Museums-Standort Regensburg selbst. Das beginnt mit dem 360-Grad-Panorama-Kino im Erdgeschoss des Museums, wo in fünf Episoden von Regensburg ausgehend bayerische Geschichte erzählt wird. Wer dann mit der Rolltreppe nach oben in die Dauerausstellung fährt, startet den Rundgang mit einer überdimensionalen Grafik der Erstürmung Regensburgs 1809. Zu den Regensburg-Ausstellungsstücken gehören auch Sitzschalen aus dem früheren Stadion des SSV Jahn, verschiedene Schützenscheiben, Bierkrüge und T-Shirts vom Papstbesuch 2006. Zum Ende des Rundgangs treffen die Besucher auf das vielleicht imposanteste „Regensburg-Exponat“: das 80 Quadratmeter große Domfenster, durch das die Besucher die Regensburger Kathedrale erblicken können.
Service
Das Museum der Bayerischen Geschichte (Donaumarkt 1) in Regensburg ist täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet fünf Euro, ermäßigt vier Euro. Den kompletten Juni ist der Eintritt frei.
Na hoffentlich haben sie mittlerweile die peinliche Verwechslung von Neustadt an der Waldnaab und Neustadt am Kulm in der Datenbank der interaktiven Bayernkarte mittlerweile korrigiert.
Leider sehr viel Kitsch zwischen ein paar interessanten Exponaten und Themen. Ein Highlight sind die IKEA-Taschen im originalen Tante-Emma-Laden aus den 50ern! Und wie zur ewigen Mahnung hat die überdimensionale Franz-Josef-Büste direkten Blick auf den Themenkomplex Wackersdorf.
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