Regensburg
11.12.2018 - 18:39 Uhr

Tag 26 im Wolbergs-Prozess: Beamte geben OB Rückendeckung

Zwei leitende Beamte der Regensburger Stadtverwaltung hätten das Nibelungenareal gerne an mehrere Bewerber vergeben. Das erklärten sie unabhängig voneinander am Dienstag im Zeugenstand. Doch bekanntlich kam dann alles anders.

Der suspendierte Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) wartet am Montag im Prozesssaal. Im laufenden Korruptionsprozess geht es um Vorteilsannahme und -gewährung sowie Parteispenden. Bild: Peter Kneffel/dpa
Der suspendierte Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) wartet am Montag im Prozesssaal. Im laufenden Korruptionsprozess geht es um Vorteilsannahme und -gewährung sowie Parteispenden.

Auch der Verkauf aller drei Baufelder an den Bauträger Volker Tretzel, den die bunte Regierungskoalition unter dem mittlerweile suspendierten OB Joachim Wolbergs beschloss, sei sachlich in Ordnung gewesen. „Ich hätte gerne Vielfalt in dem Quartier gehabt“, sagte Planungs- und Baureferentin Christine Schimpfermann. Wolbergs habe sich hingegen für ein einheitliches Erscheinungsbild ausgesprochen. „Ich konnte Wolbergs‘ Haltung mittragen, auch wenn ich es lieber anders gemacht hätte“, erklärte Schimpfermann. Weitere sachliche Kriterien hätten für Tretzel gesprochen, etwa die gleichen Baustandards bei Eigentums- und Sozialwohnungen oder die sehr niedrigen Nebenkosten.

Ähnlich äußerte sich später Anton Sedlmeier, Leiter des Amts für Stadtentwicklung. Auch er hätte es gerne gesehen, wenn die Grundstücke an verschiedene Anbieter verkauft worden wären, damit unterschiedliche Häuser entstehen. Wolbergs habe hingegen für eine „Bebauung aus einem Guss“ plädiert. „Es gibt hier kein Richtig oder Falsch“, betonte Sedlmeier. Rein sachlich sei auch die Vergabe des kompletten Areals an Tretzel zu rechtfertigen. Im Nachhinein sei die Entscheidung durchaus sinnvoll, sagte Sedlmeier auf Nachfrage von Wolbergs‘ Verteidiger Peter Witting. Auf dem Nibelungenareal werde nun ein deutlich höherer Anteil geförderter Wohnung verwirklicht als von der Stadt gefordert.

Witting konfrontierte Sedlmeier mit dem Haftbefehl gegen Wolbergs im Januar 2017. Die Staatsanwaltschaft hatte damals als einen von mehreren Gründen für eine Verdunkelungsgefahr angeführt, dass Wolbergs Sedlmeier beeinflusst habe, indem er ihn nach dessen polizeilicher Vernehmung gefragt habe, wie das Gespräch verlief. Sedlmeier schilderte den Sachverhalt anders: Er habe es sympathisch gefunden, dass Wolbergs sich dafür interessierte, wie es den städtischen Mitarbeitern bei den Befragungen erging. „Daraus abzuleiten, dass er mich unter Druck gesetzt hätte, das ist definitiv nicht der Fall.“

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft verlas Richterin Elke Escher Dokumente, die für die Anklage gegen Wolbergs, den früheren SPD-Fraktionsvorsitzenden Norbert Hartl, den Bauträger Volker Tretzel und dessen ehemaligen Mitarbeiter Franz W., von zentraler Bedeutung sind. Drunter war die „Problem-Email“ von Hartl, die schon so oft Thema im Gerichtssaal war. Im Juni 2014 hatte Hartl einen Entwurf der Konzeptausschreibung für das Nibelungenareal an Tretzel geschickt, Wolbergs war in CC gesetzt. Hartl forderte Tretzel darin auf, Änderungswünsche in Rot einzutragen.

Die Bewertung dieser Mail geht weit auseinander. Für die Staatsanwaltschaft ist sie ein klarer Beleg dafür, dass Hartl und Wolbergs die Ausschreibung auf Tretzel zugeschnitten haben. Tretzels Anwalt Tobias Pretsch vertrat hingegen die Auffassung, die Mail verstoße nicht gegen geltendes Recht. Wolbergs meinte: „Glücklich ist so eine Mail nicht, aber in meinen Augen kein Verbrechen.“ Er selbst habe das Schreiben bewusst erst im Zuge der Ermittlungen im November 2016 wahrgenommen. Vorher habe er sie nicht registriert. Hartl habe ihn bei sehr vielen Mails in CC gesetzt.

Auch von einer brisanten Aktennotiz will Wolbergs erst durch die laufenden Ermittlungen erfahren haben. Die „Aktennotiz zum Gespräch Wolbergs und Hartl“ vom Dezember 2013 wurde bei zwei Tretzel-Mitarbeitern gefunden und wurde wohl von Franz W. erstellt. Darin werden detaillierte Vergabekriterien für das Nibelungenareal aufgelistet. Wolbergs bestritt, dass die Informationen von ihm stammten. Er habe seine Kalender durchsucht, doch einen solchen Gesprächstermin habe er nicht gefunden.

Der Prozess wird am Montag fortgesetzt. Als Zeuge ist Hans Schaidinger geladen. Richterin Escher meldete allerdings Zweifel an, dass der frühere Oberbürgermeister auch wirklich aussagen wird.

 
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