Am Montag musste die SPD-Politikerin im Prozess gegen den suspendierten OB Wolbergs und drei weitere Beschuldigte als Zeugin aussagen – und kämpfte für ihren Zögling wie eine Löwenmutter. „Was da abläuft, ist eine Farce“, sagte die 77-Jährige mit Blick auf das Verfahren gegen Wolbergs. „Da wird jemand vernichtet, und am Schluss ist nichts dran.“ Sie kenne Wolbergs seit den 80er-Jahren: Damals war sie Landtagsabgeordnete, und er ein „engagierter, aufgeschlossener, gescheiter“ Schülersprecher. Wolbergs habe sich stets für Gerechtigkeit, soziale Themen, Kunst und Kultur sehr engagiert eingesetzt. Das habe sich auch nicht geändert, als er später Sozialbürgermeister und dann OB wurde. Allerdings hätten die Buchhaltung und die Rechnungsführung nicht zu seinen Stärken gehört, meinte Meier.
Bei der nun angeprangerten Vergabe des Nibelungenareals an das Bauteam Tretzel (BTT) sei aus ihrer Sicht alles korrekt abgelaufen, sagte Meier, die bis heute Stadträtin ist. Man sei von der ersten Ausschreibung noch unter Hans Schaidinger (CSU) abgewichen, da Preise von bis zu 1160 Euro pro Quadratmeter geboten wurden – das hätte teure Wohnungen zur Folge gehabt. Parteiübergreifend sei es Ziel gewesen, das zu verhindern. In einem Zeitungsartikel habe sie von einer in München praktizierten Konzeptausschreibung erfahren, die mehr soziale Aspekte berücksichtigt. Darüber habe sie den damaligen SPD-Fraktionschef Norbert Hartl informiert – der sich, genau wie sie es erwartet hatte, „wie ein Bluthund“ auf die Sache gestürzt und in der Folgezeit Informationen bei anderen Stadtverwaltungen und Fachleuten eingeholt habe. Noch nie seien in Regensburg in kürzester so viele Sozialwohnungen wie auf dem Nibelungenareal entstanden, betonte Meier. Leider stehe nun das gesamte Projekt „im Zwielicht“, bedauerte Meier.
Sie sei überzeugt, dass Wolbergs sich nichts zu Schulden habe kommen lassen. Doch: „Sie können hundert Mal freigesprochen werden, aber es werden immer Leute sagen, irgendwas wird schon dran sein.“ Auch Wolbergs machte seinen Frust über seine Situation deutlich. Angesichts der mangelhaften Verschriftlichung von abgehörten Telefonaten, die mit zu seiner Verhaftung im Januar 2017 geführt hatten, wäre es ihm am liebsten, wenn „ein örtlicher Radiosender alle Telefonate vorspielen würde und ich die Verschriftlichungen vorlese“. Es sei für ihn sehr schwer, seine öffentliche Reputation wiederherzustellen, beklagte er.
Mit dem Dauer-Konfliktpunkt der Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) hatte der 25. Prozesstag begonnen. Die vier Angeklagten waren im Zuge der Ermittlungen mehrere Monate lang abgehört worden. Wolbergs‘ Verteidiger Peter Witting bezweifelte, dass die Staatsanwaltschaft vor dem Haftbefehl gegen seinen Mandanten relevante abgehörte Telefonate selbst angehört hat. Er vermutet, dass sie sich allein auf die Verschriftlichung der Gespräche verlassen hat.
Die TKÜ der Ermittler hätten von Anfang an nur Ärger bereitet, stellte auch Richterin Elke Escher fest. Die Verschriftlichungen seien teils falsch, irreführend und sinnentstellend. „Das ist ein echtes No-Go.“ Im aktuellen Prozess begegne sie dieser „Misere“ damit, dass sie relevante Telefonate abspielen lasse. Für mögliche Folgeprozesse müsse aber, wie angeordnet, die ordnungsgemäße Verschriftlichung nachgeholt werden, wurde Escher in Richtung der Staatsanwaltschaft sehr deutlich.
Knackpunkt bleibt in dem Verfahren die brisante Email, die Hartl im Juni 2016 an BTT schickte. Darin sendete er dem Bauträger, der sich offenkundig selbst für das Grundstück interessierte, einen Entwurf der Ausschreibung für das Nibelungenareal. Ein leitender BTT-Angestellter schilderte am Montag im Zeugenstand, wie es bei BTT mit dem Entwurf weiterging. Wie von Hartl gewünscht, habe er mehrere Änderungen in Rot in das Dokument eingetragen. Einige Punkte seien später in der Ausschreibung so übernommen worden, andere nicht. Aus seiner Sicht habe es sich um objektive Kriterien gehandelt, die Hartl helfen sollten, eine sinnvolle Konzeptausschreibung zu erstellen, meinte der Zeuge. Die Kriterien hätten nicht nur von BTT, sondern auch von anderen Bewerbern erfüllt werden können.
Die Staatsanwaltschaft geht hingegen weiter davon aus, dass Hartl und auch Wolbergs die Ausschreibung gezielt auf BTT zugeschnitten haben. Im Gegenzug soll der Bauträger Wolbergs im Wahlkampf mit fast einer halben Million Euro unterstützt und den SSV Jahn vor der Pleite bewahrt haben. Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe. Der Prozess wird heute fortgesetzt.













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