Die Jugendkammer des Amberger Landgerichts hat keine leichte Aufgabe. Sie soll unter Vorladung vieler Zeugen klären, was eigentlich nur zwei Männer als unmittelbare Tatbeteiligte genau schildern können. Doch genau da ist der Haken. Denn jeder von beiden sagt zum Ablauf des Geschehens etwas anderes.
Tatsache ist: Es ging um sexuelle Handlungen, die im Zimmer eines 52-Jährigen stattfanden. Nicht zum ersten Mal hatte er sich dazu einen 20 Jahre alten Mann geholt, der wie er bis zum Zeitpunkt der jetzt verhandelten Tat in der Einrichtung lebte. Seither ist er im Bezirkskrankenhaus.
Der 20-Jährige hatte zuvor schon bei mehreren Besuchen Geld für seine Liebesdienste erhalten und ihm war wohl auch eine Entlohnung für diesen Abend des 25. April 2019 zugesagt. Wie viel das war? 40 Euro oder 60, womöglich sogar noch mehr? Fragen, die jetzt das Gericht beschäftigen.
Mehr Geld gefordert
Der 20-Jährige war offenbar nach erbrachten "Leistungen" mit 40 Euro nicht zufrieden. Er suchte angeblich nach noch mehr Geld. Der Mann äußerte sich zum Prozessbeginn nicht dazu. Er ließ seinen Anwalt Mike Thümmler (Amberg) reden. Der Verteidiger schilderte, dass sich sein Mandant unversehens bedrängt gesehen habe. "Weil ihm auf die Lippe geschlagen und der Ausgang versperrt wurde." Das habe zu einem Gerangel geführt, mit der Folge, dass es quasi zu Kurzschlussreaktionen des Beschuldigten gekommen sei: Erst ein Hieb mit einer Glasflasche auf den Kopf des 52-Jährigen, dann mehrere Messerstiche in den Körper.
War das wirklich so? Die Jugendstrafkammer unter Vorsitz von Harald Riedl hörte das Opfer. Der 52-Jährige will seinem Partner 85 Euro gegeben haben, und er wusste: "Der hat die ganze Zeit über nichts gesprochen." Die weitere Schilderung fiel ihm schwer. Nur so viel erfuhren die Richter: "Er hat mit einer Flasche zugeschlagen und dann mit einem Messer gestochen". Eine Zimmernachbarin hatte an diesem Abend kurz vor 20 Uhr laute Geräusche gehört und den diensthabenden Pfleger alarmiert: "Da geht's rund!"
Der Mann eilte herbei, geriet mitten in die Auseinandersetzung und sah, dass die Klinge des elf Zentimeter langen Messers noch in der Brust des Opfers steckte. Der 52-Jährige hatte zwar schwere, aber nicht lebensbedrohliche Verletzungen durch die mehrfach gesetzten Stiche erlitten. "Folgeschäden sind nicht geblieben", hörten die Richter.
Am Ende in die Psychiatrie?
Der Leitende Oberstaatsanwalt Joachim Diesch hält die Tatbestände des versuchten Totschlags und des versuchten Raubs für erfüllt. Denn der mutmaßliche Täter, so ist er überzeugt, habe danach getrachtet, sich unter Einsatz von Waffen zusätzliches Geld für seine Liebesdienste zu beschaffen. Unmittelbar nach Beginn des auf mehrere Tage angesetzten Verfahrens wurde dem Beschuldigten mitgeteilt, dass am Ende des Prozesses seine Einweisung in die Psychiatrie stehen könnte. Zur Beurteilung dieser Frage sind zwei Sachverständige im Sitzungssaal anwesend.
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