Schwandorf
28.01.2019 - 18:18 Uhr

Kampf für Artenvielfalt

Die Bienen sind das Maskottchen. "Aber eigentlich geht es um alle Insekten", sagt der Schwandorfer Jonas Brock. Am 31. Januar startet das Volksbegehren "Rettet die Bienen" zum Erhalt der Artenvielfalt.

Eine Hummel landet auf blühender Phacelia. Die Pflanze wird auch Bienenfreund oder Bienenweide genannt und zieht viele Insekten an. Bild: Julian Stratenschulte/dpa
Eine Hummel landet auf blühender Phacelia. Die Pflanze wird auch Bienenfreund oder Bienenweide genannt und zieht viele Insekten an.

Zwar gibt es seitdem viele Petitionen, die sich für den Schutz der Insekten stark machen, aber "Petitionen sind gesetzlich nicht verbindlich", erläutert Jonas Brock, Bezirksvorsitzender der Jungen Ökologen. Ein Volksbegehren dagegen schon. ÖDP, Grüne, der Landesbund für Vogelschutz sowie mehr als hundert Unterstützer und Bündnispartner wollen mit Hilfe des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" das Insektensterben aufhalten.

Belegbare Zahlen für ein gefühltes Insektensterben gab es lange nicht. Bis zur "Krefelder Studie", die im Herbst 2017 veröffentlicht wurde. Wissenschaftler haben dafür 27 Jahre lang bundesweit das Vorkommen von Insekten an 63 Standorten gemessen. Sie fanden heraus: 75 Prozent weniger Biomasse fliegender Insekten. Sollte das Volksbegehren für "Artenschutz und Naturschönheit" erwirken, dass das Bayerische Naturschutzgesetz geändert wird, gelte dieses für bayerische Politiker auf allen Ebenen, sagt Brock. Sie könnten sich zum Beispiel im Bund dann nicht mehr für die Erlaubnis von Pestiziden einsetzen, weil "sie auf Bundesebene nicht gegen das Bayerische Gesetz verstoßen dürfen", erklärt der Student der Nano Science.

Jonas Brock ist Bezirksvorsitzender der Jungen Ökologen. Bild: Markus Guder
Jonas Brock ist Bezirksvorsitzender der Jungen Ökologen.

Bayern hinkt hinterher

In einigen Bereichen des Naturschutzes hinke Bayern anderen Bundesländern hinterher. Zum Beispiel beim Schutz für Uferränder. Auch den Anteil ökologischen Landbaus möchte das Bündnis erhöhen. Aktuell werden in Bayern rund 10 Prozent der Flächen ökologisch bewirtschaftet. Im Saarland zum Beispiel waren es 2016 schon gute 15 Prozent, teilt das Bundesumweltamt mit. "Für kleine Bauern ist das Volksbegehren ein großer Vorteil", sagt Brock. Es würde nach der Gesetzesänderung mehr auf Qualität statt auf Quantität gesetzt. "Diejenigen, die weniger begeistert sind, sind die Großbetriebe."

Dem widerspricht Hans Winter. "Es ergeben sich für unsere landwirtschaftlichen Familienbetriebe kaum Vorteile - im Gegenteil", meint der Geschäftsführer der Geschäftsstelle des Bauernverbands Weiden/Neustadt. Aber: "Ich stelle fest, dass die Landwirte in der Region noch nicht realisiert haben, was da auf die Betriebe, ins besonders die bäuerlichen Familienbetriebe, an weiteren Auflagen und Bürokratie zu kommen könnte." Zum Beispiel beim Mähen von Gras: Kleine Betriebe bräuchten gutes Grünfutter. Eigentlich dürften sie erst ab 15. Juni Mähen. "Da ist das Gras aber schon verholzt." Deshalb würden manche Bauern schon im Mai das Gras schneiden. Oder Thema Uferschutz: Gerade Kleinbauern könnten nicht so leicht auf die Anbaufläche verzichten, wie es das neue Gesetz vorsehen würde. "Fünf Meter Abstand zum Gewässer", ärgert sich Winter. Viele Landwirte würden sich dagegen freiwillig an Programmen zum Umweltschutz beteiligen. Deshalb sei im Kreis Neustadt/WN etwa "kein Brunnen zu finden, bei dem es ein Problem gibt", sagt Winter zur Wasserqualität. Auch den Titel der Aktion kritisiert er. "Rettet die Bienen" sei falsch, weil es immer mehr Bienenvölker gebe, seit 2015 stieg die Zahl in Bayern um 30 000. Generell gegen Artenvielfalt sei der Bauernverband aber nicht, betont Winter. Auch Privatleute seien schuld am Insektensterben, etwa wenn Steine statt Pflanzen Gärten zieren. Und er verweist auf die Lichtverschmutzung, die vielen Insekten das Leben kostet.

Regenstauf13.07.2018

Bio-Markt gesättigt

"In einem Punkt beschreitet das ÖDP-Volksbegehren vollends einen Irrweg: Eine Ausdehnung des Ökolandbaus auf 20 bis 30 Prozent per Gesetz würde in einem Desaster für den Markt für regionale Bio-Erzeugnisse enden", erläutert Bauernpräsident Walter Heidl. Bald gebe es 10 000 der Öko-Betriebe in Bayern. "Aktuell führen Molkereien aber lange Wartelisten mit Bauern, die auf Bio umsteigen wollen ...", so Heidl. "Das nimmt der Markt nicht auf", sagt Winter. Stattdessen müsse man erreichen, dass Verbraucher bevorzugt Bio-Waren aus Bayern kaufen.

Ab Donnerstag, 31. Januar, muss das Volksbegehren die nächste Hürde nehmen. Bis 13. Februar können sich Wahlberechtigte, die das Initiative unterstützen wollen, persönlich in Listen in den Rathäusern eintragen. Rund 940 000 Stimmberechtigte müssen unterschreiben, damit es der Gesetzesvorschlag in den Landtag schafft (siehe Infokasten). Die Kernziele sind:

  • Biotopverbund schaffen: Zusammenhängende Lebensräume, sogenannte Biotopverbünde, sollen für die Tiere geschaffen werden. Denn oft sind die Lebensräume der Tiere durch Siedlungen, Straßen oder Äcker getrennt. Insekten überwinden die Hürden nicht.
  • Nachhaltige Ausbildung: "Junge Bauern lernen zwar alles über die chemische und mechanisierte Landwirtschaft", aber wenig über die Folgen, Zusammenhänge und Risiken für Mensch und Natur lernen. Das müsse sich ändern.
  • Mehr Transparenz: Der Landtag soll über den Zustand von Arten und Natur jährlich informieren.
  • Mehr Öko, mehr Bio: Derzeit gebe es 10 Prozent ökologisch bewirtschaftete Flächen. "Wir fordern mindestens 20 Prozent bis 2025."
  • Mehr Blühwiesen: Mindestens 10 Prozent der Naturflächen sollen zu Blühwiesen umgestaltet werden. Vielerorts gebe es Rapsmonokultur und zu satte Wiesen. Das reiche für viele Insekten nicht. Wenn Landwirte zu früh oder zu häufig mähen, finden Insekten keine Nahrung. "Zuerst verhungern die Insekten, dann die Vögel, weil ihre Hauptnahrung, die Insekten, schon tot sind", heißt es auf der Homepage zum Volksbegehren.
  • Weniger Pestizide: Viele Pestizide gefährden Artenvielfalt und Gesundheit der Bauern. Neue, starke Pestizide töten alle Insektenarten, nicht nur die Schädlinge, erläutert Brock.

Ob das Volksbegehren Erfolg hat? Brock ist zuversichtlich. "Wenn wir es nicht für umsetzbar hielten, würden wir es nicht machen", sagt der junge Ökologe. Dass die Aktion viele Menschen interessiert, zeigte sich schon beim Antrag auf Zulassung des Volksbegehrens. 25.000 Unterschriften waren dafür nötig. 94.000 Menschen haben unterzeichnet - "mehr als sein muss". Trotzdem kommt bis 13. Februar "harte Arbeit" auf ihn zu.

Mehr Infos zum Volksbegehren und zu den Gesetzesvorschlägen

Mehr Infos zu Volksentscheid und Volksbegehren

Rathausfinder:

Die Listen für die Unterschriften für das Volksbegehren liegen von Donnerstag, 31. Januar, bis Mittwoch, 13. Februar, in den Rathäusern oder Eintragungslokalen aus. Im Internet kann man mit dem „Rathausfinder“ sein Rathaus oder das Lokal suchen. Mit angegeben ist sind die für den Zeitraum des Volksbegehrens geltenden Öffnungszeiten und die Raumnummern, in denen die Listen ausliegen. Wer sich nicht im Rathaus seiner Wohnsitzgemeinde eintragen kann, sondern das in einem anderen Ort erledigen will, benötigt laut Bayerischem Innenministerium einen Eintragungsschein. Den gibt es im Rathaus der Gemeinde, in der der Wähler gemeldet ist. Man muss ihn schriftlich beantragen. Das sei auch per E-Mail möglich.

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Regensburg28.01.2019
 
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