Angesichts der wegen des Kriegs in der Ukraine nicht mehr gesicherten Energielieferungen aus Russland ist die Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken in Deutschland für die Staatsregierung kein Tabu mehr. "Es müssen alle Optionen auf den Tisch", sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach einer Krisensitzung des Ministerrats in München.
Es sei "mehr als lohnenswert", über eine zeitlich befristete Laufzeitverlängerung der drei noch in Betrieb befindlichen Reaktoren - darunter in Bayern "Isar 2" bei Landshut - nachzudenken. Eventuell lasse sich damit ein Versorgungsproblem "vor der Haustür lösen".
Kein Neubau von Atomanlagen
Söder brachte eine Laufzeitverlängerung von drei bis fünf Jahren ins Gespräch. Dies sei aus Klimaschutzgründen besser als eine verstärkte Nutzung von Kohlekraftwerken. Klimaschutz lasse sich damit bis zur Vorlage eines neuen Energieplans für Deutschland mit der Versorgungssicherheit verbinden. Nach Einschätzung des bayerischen Umweltministeriums sei die Verlängerung im Fall von "Isar 2" technisch möglich, berichtete Söder. Den Neubau von Atomanlagen lehnte er ab.
Auch Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zeigte sich offen. Man müsse jetzt "alle Optionen vorurteilsfrei prüfen" und mittelfristig die Abhängigkeit von Energieimporten reduzieren. Dazu zählte Aiwanger die Wasserstoffstrategie und das Ausschöpfen der Potenziale erneuerbarer Energien.
"Bremsspuren" der Sanktionen
Wirtschaftlich rechnet Söder auch in Bayern mit "Bremsspuren" der Sanktionen gegen Russland. Aiwanger berichtete bereits von Ausfällen in internationalen Lieferketten. So müssten die bayerischen Autohersteller wegen ausbleibender Zulieferungen aus der Ukraine bereits ihre Produktion zurückfahren. Für andere Branchen komme erschwerend hinzu, dass tausende ukrainische Lkw-Fahrer ausfielen. "Die Schäden werden auch auf dem Arbeitsmarkt ankommen", sagte Aiwanger voraus.
Zur Frage russischer Beteiligungen an bayerischen Firmen äußerte sich Aiwanger vorerst zurückhaltend. Man gehe derzeit noch nicht aktiv auf die Unternehmen zu, Beteiligungen oder Handelsbeziehungen aufzukündigen, erklärte er. Man werde aber in den nächsten Tagen "sortieren, wie weit wir auf die Firmen einwirken".
Sollten diese in Konstellationen tätig sein, "die wir politisch missbilligen", schloss Aiwanger ein Eingreifen nicht aus. Ein spezieller Fall ist dabei die Raffinerie "Bayernoil" mit Standorten in Vohburg und Neustadt a.d. Donau. An dem Unternehmen ist der russische Erdölprozent "Rosneft" mit knapp 30 Prozent beteiligt. "Bayernoil" wollte sich am Mittwoch auf Anfrage nicht zum Thema Gesellschaftsstruktur äußern.













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