Nach einer Studie des bayerischen Gesundheitsministeriums hätte die von einer Expertenkommission des Bundes vorgeschlagene Krankenhausstrukturreform massive Auswirkungen auf die Versorgung im Freistaat. Wie der Geschäftsführer der bayerischen Krankenhausgesellschaft, Roland Engehausen, als Gast nach einer Sitzung des Ministerrats in München mitteilte, würden in Bayern bei Umsetzung der Vorschläge nur 42 Kliniken mit einer Vollversorgung übrig bleiben. Damit wäre statistisch mehr als jeder zweite Landkreis im Freistaat ohne Vollversorger. Fast jede zweite Geburtshilfestation müsste schließen.
Zudem müssten knapp die Hälfte der Krankenhäuser mit Grundversorgung sowie die Mehrzahl der Fachkliniken in eine "ambulante Struktur" überführt werden. Im Klartext würde das bedeuten, dass diese reine Pflegeeinrichtungen mit Ärzten in Rufbereitschaft würden. Eine weitere Folge wäre laut Engehausen die Schließung vieler kleiner Kliniken, die ihren Standort innerhalb eines 30-Fahrminuten-Radius zu einem Vollversorger hätten. Die Umsetzung der Pläne wäre für die bayerische Krankenhauslandschaft "zerstörerisch" und käme einem Kahlschlag gleich, sagte Engehausen.
Nochmal auf null
Er forderte, die Planungen "noch einmal auf null zu setzen". Das vorliegende Papier der Kommission könne allenfalls eine Ideensammlung für eine praxistaugliche Krankenhausreform sein. Wichtigste Ziele einer solchen müssten attraktive Arbeitsplätze für die Beschäftigten und die Schonung der vorhandenen Ressourcen sein, betonte Engehausen. Er forderte den Beginn eines Dialogprozesses zwischen den für die Krankenhausplanung zuständigen Ländern und dem Bund als gesetzlich vorgesehenen Finanzier. Die künftige Struktur müsse sich an den regionalen Bedürfnissen für eine optimale medizinische Versorgung orientieren.
Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) erklärte, die Reformvorschläge aus dem Haus seines Bundeskollegen Karl Lauterbach (SPD) hätten den "Praxischeck nicht bestanden". Man müsse die Reform "vom Patienten her denken". Bedacht werden müsse auch, dass weniger Krankenhäuser in der Versorgung mehr und längere Fahrzeiten für die Rettungsdienste bedeuteten. Holetschek sprach sich für die Ausrichtung eines "Krankenhausgipfels der Praktiker" aus. Bayern wolle sich einer Reform nicht verweigern. Man lehne es aber ab, vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. Außerdem brauche es Klarheit über die Finanzierung der künftigen Krankenhausstruktur.
Reform absolut nötig
Der Vorsitzende des bayerischen Städtetags, Markus Pannermayr, betonte die Notwendigkeit einer Krankenhausreform. Die Vorschläge aus Berlin bedeuteten aber "erhebliche Verwerfungen" und Versorgungsdefizite in der Geburtshilfe und für Schlaganfall- und Herzinfarktpatienten. Klar sei, dass nicht alle Krankenhäuser in der Fläche zu halten sein würden, die regionalen Versorgungsbedarfe dürften aber nicht außer Acht gelassen werden. Deshalb sprach er sich gegen eine starre bundeseinheitliche Reform aus. Der Präsident des bayerischen Landkreistages, Thomas Karmasin, erklärte, die Reformvorschläge seien für die Praxis in Bayern "völlig ungeeignet". "Jede Reform bedeutet Einschnitte, aber mit diesen Plänen droht dem ländlichen Raum eine Schneise der Verwüstung", sagte er.
Die SPD-Gesundheitsexpertin Ruth Waldmann wies die Kritik an der Bundesregierung zurück. Krankenhausplanung sei Ländersache. Bei den bisherigen vorliegenden Reformplänen des Bundes handle es sich lediglich um einen Referentenentwurf. Die Länder seien nun eingeladen, ihre Vorschläge zur Reform einzubringen. "Stattdessen wird aus Bayern aber nur gemotzt und Panik verbreitet", urteilte Waldmann. Sie warf Holetschek eine "bewusste Irreführung der Öffentlichkeit" vor.





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