Seine bereits zum zweiten Mal mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnete Buchhandlung ist nach Ende des Shutdowns ein Anziehungspunkt für Bücherfreunde und Lesehungrige geblieben. Und auch den Traum vom vollen Haus bei der Lesung mit Andrea Sawatzki und dem Erich-Kästner-Abend hat Ralf Volkert noch nicht aufgegeben:
ONETZ: Herr Volkert, in den ersten Wochen des Corona-Shutdowns haben sich viele Menschen regelrecht ins Lesen geflüchtet. Hat Ihnen der Ansturm auf Bestell- und Lieferservice Mut gemacht in der Krise?
Ralf Volkert: Als ich abends am 17. März die Ladentür schloss, herrschte eine große Ungewissheit, wie es denn in der nächsten Zeit weitergehen soll. Vor allem war ja nicht klar, ob „nächste Zeit“ Tage, Wochen oder gar Monate bedeutet. Diese Ungewissheit legte sich aber sehr schnell. Die Bestellungen erreichten uns über alle Kanäle, ich war vormittags mit der Bearbeitung der per Mail, Telefon, Facebook, Onlineshop und Whatsapp eingehenden Kundenwünsche beschäftigt und konnte teils bis in den Abend hinein bei der Auslieferung der Bücher die entlegensten Winkel unseres Landkreises kennenlernen. Zeit zum Nachdenken über die Krise blieb dabei glücklicherweise kaum.
ONETZ: Die Situation für die Branche ist ja zwischenzeitlich nicht einfacher geworden – Neuerscheinungen werden verschoben, Programme eingedampft, Lesungen ungewiss, das Highlight Frankfurter Buchmesse völlig anders als gewohnt. Was erwarten Sie vom Literatur-Herbst?
Ralf Volkert: Wir können froh sein, dass wir heute wenigstens ein paar Wochen voraus denken und planen können. Die Verlagsprogramme für das zweite Halbjahr trudeln langsam ein und unsere Bestellungen laufen gerade an. Aber trotzdem bleibt ein Blick in den Herbst hinsichtlich der Buchmesse und etwaigen Lesungen wohl eher Spekulation. Aber wenn ich mir was wünschen darf, dann hätte ich im Herbst gerne volles Haus bei unseren bereits gebuchten Veranstaltungen mit Andrea Sawatzki und dem Kästner-Abend des Bamberger Ensembles „Musenwunder“. Man kann ja mal träumen…..
ONETZ: Hat sich die neu entfachte Liebe zu Buch und Buchhändler auch gehalten seit Ihr Laden wieder geöffnet hat?
Ralf Volkert: Es war eigentlich eher eine Liebe des Buchhändlers zu seiner Kundschaft, die sich während des Shutdowns bei mir entwickelt hat. Da möchte ich auch mal Danke sagen für die großartige Unterstützung in den letzten Monaten. Und auch nach den Lockerungen gilt: Die Leselust unseres Publikums hält auch jetzt noch an und ich hoffe natürlich sehr, dass das so bleibt.
ONETZ: Welche Titel belegten bei Ihnen die Top-Plätze der Corona-Bestsellerliste?
Ralf Volkert: Es sind eigentlich zwei Bestsellerlisten. Auf der „Corona“-Liste ganz oben stehen Klassiker wie „Die Pest“ von Albert Camus oder „1918 - Die Welt im Fieber“ von Laura Spinney – übrigens beide natürlich lange vor der Pandemie veröffentlicht. Den Virus vergessen wollen andererseits viele LeserInnen mit unterhaltsamen und spannenden Krimis wie „Connaisseur“ von Martin Walker, aber auch preisgekrönter Literatur wie Lutz Seilers „Stern 111“.
ONETZ: Wird der Buchmarkt der Nach-Corona-Zeit insgesamt ein anderer sein?
Ralf Volkert: Die gesellschaftlichen Folgen der Pandemie nehmen natürlich die Buchbranche nicht aus. Die Arbeitslosenquote steigt und in den nächsten Monaten werden mehr Menschen gezwungen sein, den Euro lieber zweimal umzudrehen, bevor sie ihn ausgeben. Nicht alle Buchhandlungen werden die daraus resultierende Konsumzurückhaltung unbeschadet überstehen. In Zeiten der Kontaktbeschränkung wird auch der Online-Handel eine (noch) größere Rolle spielen als bisher. Wir „Kleinen“ sollten daher verstärkt unser Webangebot, aber auch unseren stationären Service bewerben und in den Fokus der Kunden bringen. Und wir dürfen auch nicht vergessen zu erwähnen, dass unser Angebot – und soviel Selbstbewusstsein darf sein – in den allermeisten Fällen besser und schneller ist als das des Gemischtwarenhändlers aus Seattle.
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