Hausmeister und Postbotin geraten sich in die Haare

Tirschenreuth
14.03.2023 - 11:29 Uhr
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Ein Hausmeister und eine Postbotin geraten aneinander und werden handgreiflich. Fast ein Jahr später sitzen sie auf der Anklagebank – nacheinander. Ohne Denkzettel geht es für keinen von beiden ab.

Sie waren in Ausübung ihres jeweiligen Berufs tätig, als sie an einem Frühsommertag 2022 in einer Stadt im Landkreis Tirschenreuth aufeinandertrafen. Die Zustellerin fuhr Post aus, der Hausmeister mähte vor einer Wohnanlage den Rasen und trieb die Reste mit einem Bläser zusammen. Was sich dann zugetragen hat, darüber gingen die Darstellungen vor Gericht stark auseinander. Die beiden Strafverfahren wurden nach über drei Stunden Verhandlung wegen Geringfügigkeit gegen eine Geldauflage eingestellt.

Blessuren sind auf jeder Seite ärztlich dokumentiert: Die Postbotin erlitt Kopfschmerzen nach einer Ohrfeige und wies blaue Flecken an den Beinen auf, weil der Kontrahent sie mit der Autotür verletzt haben soll. Der Hausmeister hatte eine Schürfwunde am Kopf, nachdem ihm die Kappe vom Kopf geschlagen worden war. Außerdem beklagte er einen Kratzer am Knie, weil ihn die Zustellerin mit ihrem E-Auto bedrängt haben soll.

Gleich vorab relativierte Richter Markus Fillinger die Anklagepunkte der gefährlichen Körperverletzung: Wohl keiner von beiden werde den Gerichtssaal mit einer Freiheitsstrafe verlassen. Dann hörte er sich die Darstellungen in zwei getrennten Verfahren ausführlich an. Die Betroffenen traten einmal als Angeklagte, einmal als Geschädigte auf.

Sie habe die Post in einer Häuserzeile zustellen wollen und sei an der Zufahrt mit ihrem Auto auf den Hausmeister gestoßen, der mit dem Laubbläser im Weg stand, sagte die Frau aus. Zur Seite sei er nicht getreten, sondern habe sie der Faulheit bezichtigt, dass sie nicht zu Fuß zu den Häusern gehe. Er habe sie mit üblen Ausdrücken beleidigt und den Laubbläser ins Auto gehalten. Weil das Auto des Mannes mit Anhänger schon in der Zufahrt stand und sie nicht weiter konnte, sei sie mit der Post in der Hand schließlich ausgestiegen.

"Ich war genervt", sagte die Botin und räumte ein, bereits in den Kästen steckende Reklame herausgerissen zu haben. Der Hausmeister seinerseits hob die Prospekte auf und warf sie durchs geöffnete Fenster ins Postauto, wo die Frau wieder ans Einsammeln gehen musste. Mit Wucht habe er die Tür zugeschlagen, in der sie gebückt stand. "Ich habe nur sein Käppi heruntergeworfen", erklärte die Zustellerin. Dann habe der Mann sie im Gesicht getroffen. Wie der Kontrahent zu seiner Schürfwunde kam, konnte sie nicht erklären.

"Sie hat mir eine geballert"

Im Gegenzug behauptete der Mann, die Zustellerin habe schon vor der Begegnung blaue Flecken an den Beinen gehabt. "Sie hat mir eine geballert, ich hab' mich gewehrt", lautete seine Zusammenfassung. Die Autotüre habe er nicht einmal angefasst. Die Beschimpfungen seien von der Zustellerin ausgegangen. Auf Nachfrage des Richters beharrte er darauf, mit Ausdrücken bedacht worden zu sein, mit denen sonst Männer Frauen beleidigen.

Der Hausmeister behauptete auch, dass die Postbotin mit ihrem Auto bedrohlich auf ihn zugerollt sei, bis er einen Kratzer am Knie hatte. Sein eigenes Fahrzeug sei in der Feuerwehrzufahrt gestanden, weil er Grasschnitt aufladen musste. Den richterlichen Einwand, auch die Postbotin sei nur ihrer Arbeit nachgegangen, ließ er nicht gelten.

Die Polizei gerufen haben schließlich beide. Die Beteiligten seien aufgebracht gewesen, schilderte ein Streifenbeamter. Ein Zeuge, der den Streit von einer Wohnung aus gehört hatte, versuchte die Postbotin zu beruhigen, die inzwischen weinend in ihrem Auto saß. "Ich habe gesehen, wie die Tür zuflog und sie getroffen hat", sagte er vor Gericht aus. Eine weitere Zeugin bestätigte den direkten Schlagabtausch zwischen beiden Beteiligten, wobei die Mütze flog: "Mehr habe ich nicht gesehen."

Widerwillig zugestimmt

Mit der Einstellung des Verfahrens war die Postbotin als Angeklagte gleich einverstanden. Sie soll 500 Euro an die Tafel in Mitterteich zahlen. Der Hausmeister brauchte mehr Überzeugungsarbeit. "Ich lasse mir nichts in die Schuhe schieben, was ich nicht getan habe", wurde er laut. Sein Verteidiger brachte sogar die Beantragung eines Sachverständigen bezüglich der körperlichen Verletzungen ins Spiel, doch dann beschritt er mit seinem Mandanten doch noch die "goldene Brücke". Er halte die Darstellung der Frau für schlüssiger, hatte der Richter angedeutet. Wenn der Mann 600 Euro ans Kinderheim Windischeschenbach zahlt, ist der Fall auch für ihn erledigt.

Hintergrund:

Paragraf 153 Strafprozessordnung: Absehen von der Verfolgung bei Geringfügigkeit

  • Kommt bei Vergehen in Frage (in der Regel Taten, die mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bedroht sind).
  • Staatsanwalt kann mit Zustimmung des Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse besteht.
  • Ist bereits Klage erhoben, kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren unter Auflagen und Weisungen vorläufig einstellen.
  • Endgültige Einstellung unter der Bedingung, dass der Beschuldigte innerhalb einer Frist Auflagen wie Geldstrafe oder Arbeitsstunden erfüllt.
 
 

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