Vor einer Woche wurde bekannt, dass US-Präsident Donald Trump die Anwesenheit der US-Truppen in Deutschland in Frage stellt. Nach einer ersten Bündnistreue-Zusicherung aus dem US-Verteidigungsministerium hat die Botschafterin der USA bei der Nato, Kay Baily Hutchinson, im Gespräch mit amerikanischen Medien versichert, die US-Truppen bleiben in Deutschland - und damit auch in Grafenwöhr (Kreis Neustadt/WN), Vilseck (Kreis Amberg-Sulzbach) und Hohenfels (Kreis Neumarkt).
Hutchinson verwies zudem auf das neue Nato-Kommando für Logistik- und Nachschub, das in Ulm aufgestellt werden soll. Den Startschuss dazu sollen die Staats- und Regierungschefs beim Nato-Gipfel am Mittwoch und Donnerstag in Brüssel geben. Das Gespräch von Hutchinson und anderen US-Diplomaten war am Donnerstag vom Weißen Haus organisiert worden, um über die Europa-Reise von Trump zum Nato-Gipfel (11. und 12. Juli) und zum Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am 16. Juli in Helsinki zu sprechen.
So weit wäre aus deutscher und aus europäischer Sicht alles gut. Das, was amerikanische Diplomaten und Militärs sagen, klingt vertraut und bestätigt die transatlantische Partnerschaft. Doch da ist auch Trump, der wiederholt eigene Wege gegangen ist. Ein Vorgeschmack gab der US-Präsident in den vergangenen Wochen. Er verschickte Briefe an Länder, die die Nato-Ziele verfehlen. Und: Bei jeder Rede drohte er den Europäern, insbesondere den Deutschen. Er werde bei der Nato sagen "Ihr müsst anfangen euere Rechnungen zu zahlen", sagte Trump vor einer jubelnden Menge am Donnerstag in Montana. Deutschland als größter Staat der Europäischen Union wende nur ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auf, während es in den USA vier Prozent seien.
Ermahnung an Merkel
Der US-Präsident sagte mit Blick auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): "Ich weiß nicht, wie viel Schutz wir bekommen, indem wir euch beschützen. Und dann gehen sie raus und machen einen Gas-Deal, Öl und Gas von Russland .... Sie wollen vor Russland beschützt werden - und trotzdem zahlen sie Russland Milliarden Dollar. Und wir sind die Deppen." Nicht so drastisch, aber nachdrücklich fordert Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg "dass Deutschland noch mehr tut". Er gehe davon aus, dass Deutschland die zwei Prozent weiter anstrebe, sagte er der "Bild am Sonntag". "Zumal Deutschland allein wegen seiner wirtschaftlichen Größe eine sehr wichtige Rolle hat."
Merkel bekräftigte am Wochenende den Nato-Beschluss, die Verteidigungsausgaben bis 2024 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Deutschland dürfte das aber kaum schaffen - dazu müsste die Verteidigungsetat von 42,9 Milliarden Euro (Entwurf 2019) bis 2024 auf fast 80 Milliarden Euro steigen. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat deshalb im Vorfeld des Brüssler Treffens in Gesprächen mit ausländischen Journalisten darauf verweisen, dass es nicht nur auf die Zahlen, sondern vor allem auf den Beitrag des jeweiligen Landes zur Nato ankomme. Und: Deutschland sei immerhin der zweitgrößte Truppensteller der Nato, zweitgrößter Truppensteller in Afghanistan und zweitgrößter Nettozahler für die Nato-Kommandostrukturen.
Jenseits des Tauziehens um das Zwei-Prozent-Ziel bleibt die Frage nach der Zukunft des transatlantischen Verhältnisses. Der neue US-Außenminister Mike Pompeo habe im Gespräch mit ihm deutlich gemacht, worum es dem US-Präsidenten gehe, schrieb Walter Russel Mead vergangene Woche im "Wall Street Journal". Trump wolle die Regeln der Weltordnung zum Vorteil der USA neu schreiben und dabei stabile Beziehungen zu den geopolitischen Rivalen aufbauen. Bleibt die Frage: Ist die Europäische Union in dieser Weltsicht ein geopolitischer Rivale oder nur ein handelspolitischer? Unter Trump agieren die USA zunehmend unilateral und hegemonial, das regelbasierte, multilaterale Vorgehen der Europäer lehnt er ab. Deshalb verunsichert die Alliierten der Widerspruch zwischen Infragestellen der Nato und tatsächlicher Unterstützung etwa über die "European Deterrence Initiative", mit der die USA die europäische Verteidigung stärken. Dieser Betrag steigt von 4,8 Milliarden Dollar im Jahr 2018 auf 6,5 Milliarden Dollar im Jahr 2019.
Ex-Generäle für Basen
Darin spiegelt sich das jahrzehnte- alte strategische Konzept der USA wider. Das wurde auch in der amerikanischen Debatte über einen Truppenabzug aus Deutschland deutlich. Ex-Nato-Oberbefehlshaber Admiral James Stavridis verwies darauf, dass nur ein Mal der Bündnisfall ausgerufen wurde, zugunsten der USA - nach den Terrorangriffen vom 11. September 2001. Die Vereinigten Staaten seien auf die Möglichkeiten angewiesen, die die Basen in Deutschland bieten, betonte der frühere Kommandeur des US-Heeres in Europa, der pensionierte Generalleutnant Frederick "Ben" Hodges in der US-Armeezeitung "Stars and Stripes".
Generalleutnant Mark Hertling, ebenfalls pensioniert und langjähriger Kommandeur in Grafenwöhr und später des US-Heeres in Europa, unterstrich in einem Beitrag für CNN die strategische Bedeutung der Truppenstationierungen in Europa für die USA. Hertling hatte sich deshalb schon mit Trumps Vorgänger Barack Obama angelegt. Letztlich liegt es an den Republikanern im Kongress. Sie müssen den Willen haben, ihren Präsidenten Trump zu bremsen.
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