ONETZ: Wie ist die Situation bei uns in der Oberpfalz - gibt es auch hier eine Zunahme tödlicher Badeunfälle durch den heißen Sommer?
Max-Ferdinand Kreuzer, Vorsitzender der Kreiswasserwacht Weiden und Neustadt/WN: In diesem Sommer haben wir leider einen tödlichen Unfall im Landkreis Neustadt hinnehmen müssen. Eine Steigerung von Unfällen können wir jedoch nicht direkt ableiten. Was sich für die bayerische Wasserwacht aber schon vor dem Ende der Badesaison abzeichnet ist, dass sich bei den Verunglückten zwei Altersgruppen hervorheben. Die eine sind Kleinkinder und Kinder und die andere sind Senioren ab 70 Jahren. Eine Steigerung zu den letzten Jahren ist nicht erkennbar. Wir hoffen, dass dies auch bis zum Ende der Badesaison so bleibt.
ONETZ: Wie ist es um die Schwimmfähigkeit bei Kindern und auch Erwachsenen bestellt? Woran liegt es, dass viele Menschen laut Pressemeldungen nicht richtig schwimmen können?
Auch ich muss leider diese Meldungen bestätigen. Die Nachfrage an Schwimmkursen ist bei uns so hoch, dass wir sogar teilweise Absagen erteilen oder aufs nächste Jahr vertrösten müssen. Die Hemmschwelle, als Erwachsener richtig schwimmen zu lernen, und das in einem Schwimmkurs, ist deutlich höher als bei Kindern oder Jugendlichen. Deswegen gibt es auch Schwimmkurse nur für Erwachsene als Zielgruppe.
Die Gründe für die fehlende Schwimmfähigkeit sind vielschichtig. Es zeigt sich der Trend, dass immer mehr Schwimmbäder geschlossen werden und gegebenenfalls ein „Erlebnis-Spaß-Bad“ eröffnet wird. In einem solchen „Rutschenparadies“ kann man aber nicht richtig schwimmen lernen oder gar Kurse anbieten. Mehr Schwimmunterricht in den Lehrplänen der Schüler zu verankern und die Lehrkräfte stetig fortzubilden, wäre wünschenswert. Schwimmen sollte in den Bildungs- und Erziehungsplan mit aufgenommen werden.
Aber nicht nur die Schulen sind an dem beginnenden Abwärtstrend schuld, sondern auch die Eltern der Kinder, die nicht regelmäßig mit ihnen üben, weil sie es teilweise selbst nicht richtig beherrschen. Somit befinden sich die Schwimmschüler in einem Teufelskreis – die Grundlagen wurden vermittelt, aber die Bewegungen festigen können sie nicht und die Schwimmfähigkeit fehlt.
ONETZ: Wann ist man ein sicherer Schwimmer?
Ein Schwimmkurs alleine reicht dafür nicht aus, sondern schafft nur die Basis.Wichtig ist, das Gelernte zu üben und stetig zu wiederholen. Routine und Automatismus sind die Erfolgsgaranten, was sich aber leider nicht ohne Ausdauer einstellt. Schwimmhilfen wie Schwimmflügel, -reifen oder Ähnliches können beim Erlernen unterstützend eingesetzt werden, aber nie das Beaufsichtigen der Kinder ersetzen.
Einen sicheren Schwimmer macht zudem aus, dass er weiß, wie er in Gefahrensituationen wie zum Beispiel einem Muskelkrampf oder bei fehlender Kraft agieren kann.
ONETZ: Wie lassen sich Badeunfälle vermeiden? Was sollte man beachten?
Man sollte die Baderegeln kennen und beachten und auch den Kindern vermitteln. Folgendes ist mir besonders wichtig: Nie alleine Schwimmen gehen. Man sollte eher Gewässer aufsuchen, die mit Rettungsstationen ausgestattet sind. Kinder sind immer zu beaufsichtigen, auch im Nichtschwimmerbereich. Und nicht in unbekannte Gewässer springen!
Ertrinken geht schnell und meistens lautlos vonstatten, nicht so wie es in diversen Filmen dargestellt wird mit wildem Aufs-Wasser-Schlagen und lauten „Hilfe“-Rufen. Sollte Rettungspersonal benötigt werden, schnell die 112 wählen oder das Wachpersonal sofort ansprechen und auf die Situation aufmerksam machen. Wir nehmen jede Meldung ernst, denn bei Unfällen im Wasser zählt jede Minute.
In den ersten sieben Monaten des Jahres 2018 sind in deutschen Gewässern 279 Menschen ertrunken. Das sind 37 mehr als im Jahr davor. Diese Zahlen gab die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) bekannt. „Hatten wir im letzten Jahr durch den eigentlich nicht vorhandenen Sommer vergleichsweise geringe Ertrinkungszahlen, beweisen die anhaltenden Temperaturen und das schöne Wetter einmal mehr, dass es leider auch in die andere Richtung gehen kann“, beklagt DLRG-Sprecher Achim Wiese. Allein im bereits sehr warmen April verstarben mit 37 Menschen zwölf mehr als im Vergleich zum Vorjahr, der Mai folgt mit zehn Fällen mehr.
Die meisten Ertrinkungsfälle ereignen sich an den ungesicherten Badestellen vor allem im Binnenland. Dort kamen 250 Menschen ums Leben – das sind fast 90 Prozent der Gesamtzahl. 104 starben in Flüssen, 116 in Seen und Teichen, elf in einem Kanal und 19 in Schwimmbädern.
Deutlich abgenommen haben die tödlichen Unfälle an den Küsten: Acht Opfer (eins an der Nord-, sieben an der Ostsee) sind hier zu beklagen. Im letzten Jahr waren es noch 25. Auch hier ertrinken die Menschen vor allem an unbewachten Stränden, Alkohol und Selbstüberschätzung sind die Hauptgründe. Im Geschlechtervergleich liegt der Anteil der Frauen bei rund 19 Prozent, Männer sind nach wie vor die Risikogruppe. „Leichtsinn, Risikobereitschaft und Selbstüberschätzung sind hier die Hauptursachen“, erläutert der DLRG-Pressesprecher.
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