Werner Friedmann hat ein gutes Argument für "sein" Fest im Dezember: "Unseres dauert acht Tage." Mit "uns" meint Friedmann die jüdische Gemeinde in Weiden oder allgemein das Judentum, das in den Wochen vor oder nach dem Weihnachtsfest Chanukka begeht. Nicht nur deshalb steht Friedmann Weihnachten entspannt gegenüber. "Wir gönnen unseren Mitbürgern das schöne Fest. Für uns hat Weihnachten aber keine Bedeutung, zumindest keine religiöse."
Den Nachsatz fügt Friedmann an, weil auch er natürlich nicht um Weihnachten herumkommt. Das beginnt damit, dass sich der Geschäftsmann natürlich über das Weihnachtsgeschäft freut. Und auch einem Bummel über den Weihnachtsmarkt ist Friedmann nicht abgeneigt. "Solche Märkte haben ja nichts mit Religion zu tun." Die Stimmung mit Glühwein, Lichtern und Musik spreche auch ihn an.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat in einem Gastbeitrag für das Bistum Würzburg berichtet, wie sehr er die Adventszeit genieße: "Die schön geschmückten Schaufenster, die festlich erleuchteten Straßen und glitzernden Weihnachtsmärkte verbreiten eine schöne Stimmung, die ich ebenso genießen kann, wie auch Muslime oder Menschen, die gar nicht religiös sind, sie genießen können", schrieb Schuster. Er kann seiner "Außenseiterrolle" sogar Positives abgewinnen, "weil ich mir weder den Kopf zerbrechen muss, wann wo in welchem Kreis die Familie an den Weihnachtstagen zusammenkommt, ob es dieses Jahr Gans oder Fondue gibt, und Berge von Geschenken muss ich auch nicht besorgen."
Zu Chanukka erinnern Juden an den Makkabäeraufstand, der 164 vor Christus Jerusalem und den Tempel von helenischer Besatzung befreite. Die Juden zündeten im Tempel die Menora, den siebenarmigen Leuchter, wieder an, allerdings war nur koscheres Öl für einen Tag vorhanden. Der Leuchter brannte dennoch acht Tage, bis es neues Öl gab.
Auch das Fest zum „Lichtwunder“ dauert acht Tage, jeden Abend wird ein neues Licht entzündet, bis acht Kerzen am Chanukka-Leuchter brennen. Die neunte Kerze, die man oft sieht, dient als Anzünder. Die Abende gehören der Familie. Am heutigen Montagabend endet das Fest in diesem Jahr.
In Berlin wird Chanukka seit einiger Zeit öffentlich begangen. Dazu steht ein großer Leuchter vor dem Brandenburger Tor. Auch in Weiden hat man über eine Feier auf einem öffentlichen Platz nachgedacht. „Dafür brauchen wir den richtigen Ort und einen großen Leuchter“, nennt Friedmann Schwierigkeiten.
Tatsächlich seien schon heute Feste in der Gemeinde öffentlich. „Wer will, darf dabei sein“, sagt Friedmann. „Für uns ist wichtig, dass jeder weiß, wir tun nichts Geheimnisvolles hinter verschlossener Tür.“ In diesem Jahr war die Feier der Gemeinde zum Chanukka-Auftakt vergangenen Sonntag mit einer jüdischen Band gleichzeitig ein öffentliches Konzert. (wüw)
Werner Friedmann kann das nachvollziehen. Tatsächlich sei die Zeit für ihn weniger stressig als für viele christliche Mitbürger. "Wobei wir auch Geschenke für unsere Kinder kaufen." Dies sei wohl nicht schon immer jüdische Tradition. "Aber es wäre doch ungerecht, wenn nur christliche Kinder etwas bekommen", sagt ein lächelnder Friedmann. Ein wenig habe sich die jüdische Tradition an die Bräuche der Umwelt angepasst. An den Weihnachtstagen selbst genieße man dann die freie Zeit. "Es bleibt ja auch immer etwas zu Hause liegen, das kann man dann erledigen."
Weihnachten als Zeit, in der man besonders merkt, nicht voll dazuzugehören? So hat Friedmann die Tage im Dezember nie erlebt. Er fühle sich als echter, vollwertiger Weidener, schließlich haben schon Vater und Großvater in der Stadt gelebt. "Wir haben unsere eigenen Feste und niemand von uns muss etwas vermissen", sagt Friedmann. Etwas schwieriger sei es da schon, die eigenen Feiertage in den Alltag zu integrieren. Oft bleibe an den Tagen nichts anderes übrig, als frei zu nehmen, um Feste zu begehen, wie der Glaube vorschreibt. Früher habe er sein Geschäft an jüdischen Feiertagen auch mal geschlossen, heute könne man sich das nicht mehr erlauben.
Er müsse sich dann eben mit den Mitarbeitern arrangieren. "Optimal wäre, wenn die Feiertage aller Religionen frei wären, aber dann blieben nicht mehr viele Tage zum Arbeiten übrig", scherzt Friedmann.
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