Weiden in der Oberpfalz
23.10.2019 - 13:54 Uhr

Kind verbrüht: Mutter ficht Urteil an

Eine Mutter soll ihrer Tochter absichtlich heißes Teewasser an den Hals gekippt haben. Das Amtsgericht verurteilte sie zu 3 Jahren und 3 Monaten Haft. Die 28-Jährige ficht das Urteil weiter an. In der Berufung gab es turbulente Szenen.

Corpus delicti: ein Ikea-Hochstuhl, im Hintergrund Teetassen. In erster Instanz war das mögliche Geschehen nachgestellt worden. Bild: ca
Corpus delicti: ein Ikea-Hochstuhl, im Hintergrund Teetassen. In erster Instanz war das mögliche Geschehen nachgestellt worden.

Eine Mutter soll ihrer Tochter einen Tag vor deren 1. Geburtstag absichtlich heißes Teewasser an den Hals gekippt haben. Dafür verurteilte das Amtsgericht die 28-Jährige zu drei Jahren und drei Monaten Haft. Das Urteil blieb in der Berufung am Landgericht Weiden in dieser Höhe bestehen. Auch die Berufungskammer geht von einer "Kurzschlusshandlung beruhend auf spontaner Verärgerung" aus.

Die Angeklagte habe ihr Kind maßregeln wollen und ihm deshalb gezielt eine Tasse kochendes Wasser ins Gesicht geschüttet. Akzeptieren will die Angeklagte das Urteil nicht: Sie hat Revision beantragt, wie Landgerichtssprecher Matthias Bauer bestätigt. Der Fall geht damit ans Bayerische Oberste Landesgericht. Es prüft das Urteil auf Rechtsfehler. Findet sie keine, muss die Verurteilte die Haft antreten.

Weiden in der Oberpfalz18.06.2019

In der Berufungsverhandlung im August war es offenbar recht turbulent zugegangen. Die Angeklagte habe sich nicht unter Kontrolle gehabt, merkt Vorsitzender Reinhold Ströhle in der Urteilsbegründung an. Sie habe ständig dazwischen geplappert und ununterbrochen das Verhalten von Zeugen, Verteidiger und Staatsanwältin kommentiert. Zeugen, wie die Sanitäter oder den Kripobeamten, bezichtigte sie der Lüge. Die Rettungskräfte hätten sich abgesprochen, um ihr zu schaden.

"Eiskönigin" geguckt

Um Folgendes geht es: Die 28-Jährige und ihr Mann hatten im November 2018 den Rettungsdienst zur Wohnung in Weiden gerufen. Ihr gerade einjähriges Töchterchen war mit heißem Wasser an Hals und Gesicht verbrüht. Das Kind wurde in eine Klinik nach Schwabing geflogen.

Vor Gericht ließ die Angeklagte über ihren Verteidiger erklären, das Ganze sei ein Unfall gewesen. Das Kind habe auf dem Teppich gesessen und auf dem Handy "Eiskönigin" geguckt. Im Zimmer stand ein Hochstuhl mit einer Tasse frisch aufgebrühtem Tee auf dem Tablett. Und just als sie zur Toilette war, sei das Kind zum Stuhl gerobbt und habe nach der Tasse gegriffen.

Sanitäter bezeugten, dass ihnen die Mutter andere Versionen erzählt hatte. So habe das Kind während der Verletzung im Hochstuhl gesessen. Auch ein Sozialpädagoge, der die Familie betreute, machte sich eine Aktennotiz, weil ihm Abweichungen in den Schilderungen auffielen.

Das Misstrauen kam nicht von ungefähr. Die 28-Jährige ist einschlägig vorbestraft. Die Frau hat außer den beiden Töchtern (Jahrgang 2017 und 2019) zwei Söhne von einem anderen Mann, die in Pflegefamilien leben. Bereits 2016 war die Mutter verurteilt worden, weil ein Sohn mit heißem Wasser verbrüht worden war. Absicht konnte nicht nachgewiesen werden. Aber die Eltern waren 100 Kilometer nach Regensburg in die Klinik gefahren. Diese Verzögerung wurde als Misshandlung Schutzbefohlener mit Haft bestraft. In der Berufung gab es Bewährung.

Polizeieinsätze

Das Familienleben wurde mit Argusaugen beobachtet: Außer dem Sozialpädagogen war eine Familienhelferin eingesetzt. In deren Beisein kümmerte sich die Eltern liebevoll. Das Bild trübte sich in der Berufungsverhandlung ein: Ein Sozialarbeiter berichtete, dass die Polizei Neustadt mehrfach wegen Gewalttätigkeiten in der Ehe im Einsatz war. Auch nach dem Umzug nach Weiden riefen Nachbarn im Oktober 2018 die Polizei zu einem lautstarken Ehestreit. Der Kindsvater hatte 2,2 Promille. Der Vorbestrafte hat inzwischen das alleinige Sorgerecht für die verbrühte Tochter. Das Paar hatte kurz vor dem Gerichtsprozess geheiratet.

 
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