"Dahinschmelzen" möchte man am Montagmorgen beim Anblick des Neuschnees, der in der Sonne glitzert. Am Sonntag war das noch anders. Die Schneedecke wuchs den ganzen Tag, Folgen nicht absehbar. Am Montag ist dann bei allen verantwortlichen Stellen Erleichterung zu bemerken, weil die Bilanz nicht schlimm ausfällt.
Oberpfalzweit vermeldet die Polizei exakt einen witterungsbedingt Schwerverletzten. Nahe Waldmünchen war am Montagmorgen ein 30-Jähriger von der Straße abgekommen, sein Fahrzeug blieb auf Gleisen an der Straße liegen. Während der Rettung des Mannes und der Bergung des Autos war der Zugverkehr von 6 bis 8 Uhr unterbrochen. Ansonsten bilanziert Polizeisprecher Dietmar Winterberg bis Montagmorgen rund 120 Kleinunfälle mit "wenigen Leichtverletzten". Der Schwerpunkt lag im Südosten des Bezirks, vor allem in den Kreisen Regensburg und Cham.
Zweieinhalb Meter auf dem Großen Arber
Die Wetterlage war lange nicht absehbar. Erst im Laufe des Freitags kristallisierte sich heraus, dass das Sonntagstief deftiger ausfallen könnte. Insgesamt war die Oberpfalz dann das Zentrum des mitteleuropäischen Wettergeschehens, des Schneechaoses, des Unwetters, oder wie man früher mal sagte: des Winters. Dass der Süden "mehr" davon bot, zeigt ein Blick auf die Wetterstationen: Während in Weiden am Montagmorgen "nur" 20 Zentimeter Schnee lagen, waren es in Schwandorf schon 26, in Amberg 32. Mehr fiel entlang der deutsch-tschechischen Grenze: Mähring im Landkreis Tirschenreuth meldete 40 und der Oberpfälzer Spitzenreiter, die Messstation Teunz im Landkreis Schwandorf, 73 Zentimeter Schnee. Allerdings lagen dort am Samstag schon 34. Der Spitzenwert relativiert sich zusätzlich, betrachtet man den Großen Arber: 265 Zentimeter waren es dort.
Das Nord-Süd-Gefälle findet sich auch bei der Bilanz der beiden Integrierten Leitstellen in der nördlichen und mittleren Oberpfalz: Armin Buchwald berichtet für die ILS Amberg von rund 220 Einsätzen zwischen Sonntag- und Montagmorgen. Vor allem im Landkreis Schwandorf gab es viel zu tun. Buchwald sagt aber auch, dass es abgesehen von einem Lkw im Graben kaum Unfälle gab. "Meist ging es um Feuerwehreinsätze wegen umgestürzter Bäume." Noch habe die ILS nicht alle Einsätze erfasst. Buchwalds Leitungs-Kollege Herbert Putzer von der ILS Nordoberpfalz hat dagegen nur rund 15 Alarmierungen "quer durch die Landkreise Neustadt/WN und Tirschenreuth" vermerkt. "In Weiden war praktisch nichts."
Glücklich war wohl der Zeitpunkt des Schneefalls: "An einem Sonntag gibt es kaum Lkw-Verkehr. Das hilft bei solchen Lagen", sagt Armin Buchwald. Das sieht auch die Polizei in Regensburg so: „Viele sind wohl einfach zu Hause geblieben“, sagt Dietmar Winterberg. Herbert Putzer fügt an: "Die Autofahrer waren vorbereitet und sie haben sich sehr angemessen verhalten."
In dieser Woche dürfte sich der Winter ganz gut halten, weil saftige Nachtfröste bis minus 15 Grad den Schnee konservieren, tagsüber steigen die Temperaturen aber spätestens in der zweiten Wochenhälfte schon leicht ins Plus. Dazu bekommen wir einen trockenen Mix aus Sonne und Hochnebel. Ungemütlicher wird’s am Wochenende, wenn Wind und gelegentlich Regen dem Schnee zusetzen dürften. Kommende Woche sieht es dann gar nach sonnigen Abschnitten bei vorfrühlingshaften 7 bis 12 Grad aus. Wintersportler und Romantiker sollten diese Tage nutzen, nach einem weiteren Wintereinbruch, sobald diese Episode jetzt endet, sieht nicht aus.
Lob für den Winterdienst
Lob gibt es auch für den Winterdienst - vom Leiter des Tirschenreuther Schulamts, Rudi Kunz. Weil sich am Sonntagabend abgezeichnet habe, dass am Montag alle Straßen im Kreis frei sein würden, habe er mit der "lokalen Koordinierungsgruppe Schulausfall" entschieden, den Unterricht stattfinden zu lassen. "Auch weil weder Glatteis noch Schneewehen zu erwarten waren." Am Montag fühlt Kunz sich bestätigt: "Es gab keine Elternbeschwerden, die Busse waren pünktlich an den Schulen." Ganz ähnlich sieht die Begründung im Landkreis Amberg aus. Auch hier sagt Schulamtsleiterin Beatrix Hilburger, dass die Rückmeldungen am Sonntagabend so ausfielen, dass normalem Unterricht am Montagmorgen nichts entgegenstand. Dafür entfiel am Montag in Amberg die Müllabfuhr, die Leerung wird nachgeholt.
In Neustadt/Weiden und Schwandorf war schulfrei. Schulrätin Elisabeth Junkawitsch verweist für Neustadt/Weiden auf die Alarmmeldung der Katastrophen-App "Nina". Diese habe letztlich den Ausschlag für den Schulausfall gegeben. Anfang Dezember hatte sich das Weidener Schulamt an einem Blitzeis-Tag gegen einen Schulausfall entschieden - und musste sich dafür Kritik von Eltern, aber auch Lehrern anhören.
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Menschenverstand für Waldspaziergang
Keine ausdrückliche Warnung vor Waldspaziergängen gibt es von den Bayerischen Staatsforsten – anders als nach den starken Schneefällen Mitte Januar in Südbayern. Pressesprecher Philipp Bahnmüller weist darauf hin, dass beide Situationen nicht miteinander zu vergleichen seien, die Lage in Südbayern sei wesentlich schwerwiegender gewesen. In der Oberpfalz rät Bahnmüller, „seinen gesunden Menschenverstand“ zu nutzen. „Wenn ich sehe, dass sich Bäume extrem unter der Schneelast biegen, dann sollte ich eben nicht darunter spazieren gehen.“ Bahnmüller geht zudem davon aus, dass sich das Problem schnell von selbst löst: Weil der Wind die Bäume frei weht und die Temperaturen steigen.
Vom harten Los der Zeitungsboten an Schneetagen
Was in der Oberpfalz los gewesen wäre, hätte es den Schneefall vom Sonntag an einem Wochentag gegeben, viele Abonnenten unserer Zeitung konnten es am Montagmorgen zumindest erahnen. Für die Oberpfalz-Medien-Vertriebsmitarbeiter ist der Sonntag ein normaler Arbeitstag – doch bei diesem Wetter war an normale Arbeit nicht zu denken, der enge Vetriebs-Zeitplan nicht einzuhalten.
Rund 6700 Auto-Kilometer legen die Vertriebsfahrer der Oberpfalz-Medien zurück – täglich. Diese Strecke ist nötig, um die Zeitungen in die Orte der nördlichen und mittleren Oberpfalz zu liefern. Erst dann machen sich die Austräger zu Fuß oder per Rad auf den Weg. In der Nacht zum Montag war dieser Ablauf auf teils völlig verschneiten Straßen nicht zu halten, die Zeitung kam häufig mit Verspätung.
Dass das Vertriebsteam der Oberpfalz-Medien an die Leistungsgrenze und darüber gegangen ist, um den Kunden die Zeitung zum Frühstück zu bieten, zeigt die Tatsache, dass am Wochenende vier Austräger nach Unfällen und Stürzen ins Krankenhaus gebracht werden mussten. Dazu kamen weitere Stürze. Die Austräger haben ihre Runden übrigens beendet, bevor sie sich in medizinische Behandlung begaben.
Ein ganz normaler Wintertag?
Früher sollen solche Wintertage normal gewesen sein. Muss dann eine Zeitung mehrere Seiten darauf verwenden, um über den Schnee zu berichten? Ja, findet unsere Redaktion. Man sollte nämlich vorsichtig sein, wenn aus Erinnerungen Argumente werden. Zu oft spielt das Gedächtnis Streiche. Und wenn 20 bis 30 Zentimeter Schnee in Weiden und Amberg tatsächlich einmal Alltag waren – heute sind sie es nicht mehr.
Das wichtigste Argument ist aber die Antwort auf die Frage, worüber die Menschen in der Oberpfalz sprechen. Genau diese Themen sollen in unserer Zeitung Hauptrollen spielen. Hier bei Oberpfalz-Medien war das Wetter das erste Gesprächsthema unter Kollegen in der neuen Arbeitswoche. War es an ihrem Arbeitsplatz anders?
Wolfgang Würth