Weiden in der Oberpfalz
03.10.2024 - 17:30 Uhr

Michael Lerchenberg bringt Ludwig Thoma mit zum Max-Reger-Wochenende in Weiden

Was verbindet Max Reger und Ludwig Thoma über die bayerische Heimat hinaus? Allen, die jetzt mit den Schultern zucken, hat Schauspieler Michael Lerchenberg viel zu erzählen. Und aus den Filser-Briefen liest er in Weiden natürlich auch.

Michael Lerchenberg bringt Ludwig Thoma und Max Reger zusammen. Bild: Hagen Schnauss/exb
Michael Lerchenberg bringt Ludwig Thoma und Max Reger zusammen.

Bevor das Angebot zur Lesung am Samstag, 5. Oktober im Rahmen des Max-Reger-Wochenendes in Weiden kam, habe er überhaupt nichts über die Verbindung Max Reger-Ludwig Thoma gewusst, bekennt Schauspieler Michael Lerchenberg am Telefon. Weil er aber seinem Publikum natürlich nicht blank gegenübersitzen wollte, grub er sich mit Hilfe von Internet, Büchern und der ehemaligen Leiterin des Max-Reger-Instituts, Professorin Susanne Popp, vorsichtig hinein ins Thema.

Dieses habe ihn dann aber „schnell mit dem Ärmel hineingezogen“, die Neugier und Entdeckerfreude des studierten Historikers und Germanisten waren geweckt. Zu Tage förderte die ihn auch persönlich bereichernde Recherche „unglaubliche Parallelen der beiden Zeitgenossen“: Reger wie Thoma kämpften sich aus einfachen Verhältnissen hoch, lebten exzessiv, waren Workaholics, starben früh und waren beide mit Humor gesegnet. Letzterer fiel beim Satiriker Thoma allerdings galliger und professioneller aus, so Lerchenberg.

Regers Witzkästlein

Aber auch Reger sei ein leidenschaftlicher Witze-Erzähler gewesen, der in einem „Witzkästlein“ Passendes für alle Gelegenheiten und alle Tonlagen parat hielt. Und aufs Maul gefallen war der Komponist wahrlich auch nicht, wie die überlieferten Anekdoten beweisen.

Der Titel des Abends „Reger trifft Filser“ lehnt sich an Zeitgenossen-Berichte an, denen zufolge der Komponist Ludwig Thomas Werk kannte und auch die Zeitschrift „Simplizissimus“ gelesen habe: Die Filser-Briefe spornten ihn sogar dazu an, selbst – wie so viele andere – Briefe in diesem unverwechselbaren Stil zu schreiben, weiß Lerchenberg, der Regers Faszination daran auf die bayerische Sprache und den ganz speziellen Humor zurückführt. Er selbst sieht das nicht anders: Der „Briefwexel“ des bayerischen Landtagsabgeordneten Jozef Filser sei „einfach saukomisch – ein Genuss, das zu erleben“.

30 Briefe täglich: Sein eigener Agent

Thoma wiederum sei wohl kein großer Musikfreund gewesen: „Er hat gedruckt einen halben Meter Literatur hinterlassen, seinem barocken Lebensstil, jagdliche und amouröse Abenteuer inklusive, gefrönt, ist mit dem Radl bis nach Afrika gefahren – wann hätte der sich auch noch für Musik interessieren sollen?“, liefert der ausgewiesene Thoma-Experte als Erklärung.

Seine eigenen Erfahrungen mit der Reger'schen Tonkunst rangieren unter „viel zu selten gehört“. Interessant findet er aber die Tatsache, dass es keine Opern oder Symphonien des im Sinne der Psychologie manischen Vielkomponierers gibt. Über die Abstürze des Komponisten wundert sich Lerchenberg angesichts 120 bis nach Russland führender Konzerte pro Jahr und 30 Briefen am Tag – "er war sein eigener Agent“ – auch nicht.

Belegter Antisemitismus: Thoma, der "schwierige Bayer"

Den entscheidenden Brief Regers an Thoma bezüglich einer Zusammenarbeit schrieb allerdings Regers Frau. Wohl schon allein aufgrund dieser Tatsache habe der Schriftsteller nicht geantwortet, mutmaßt Lerchenberg. Mehr zu Thomas bemerkenswertem Frauenbild enthüllt er übrigens im zweiten Teil der Lesung in Weiden. Der erste widmet sich den politisch geprägten Filser-Briefen. Allerdings auch hier nicht ohne die eine oder andere Erklärung seitens des Schauspielers: „Aufgeklärte Menschen lachen dann befreiter.“

Thomas belegten Antisemitismus wird Lerchenberg in Weiden nur streifen: „Das würde den Rahmen sprengen.“ Dem „schwierigen Bayern“ hat er ein anderes abendfüllendes Programm gewidmet, in dem er der Tragödie nachspürt, wie Thoma einerseits mit einer Jüdin liiert sein konnte und andererseits Urheber antisemitischer Hetzschriften im Miesbacher Anzeiger war: „Er hat sich seinen Magenkrebs nicht nur erfressen und erraucht, er starb auch an Verbitterung.“

Der Abend „Reger trifft Filser“ ist übrigens eine echte Premiere und das nicht nur, was das Ausleuchten der Beziehung zwischen Komponist und Schriftsteller angeht. Auch die musikalische Umrahmung mit Ib Hausmann (Klarinette) und Frank-Immo Zichner (Klavier) ist für Michael Lerchenberg neu: „Das ist das erste Mal, dass ich das mit Musikern so mache. Beide haben freie Hand. Es wird eine sehr spannende Begegnung – das finde ich gut so.“

HINTERGRUND:

Zu Person und Lesung

  • Michael Lerchenberg, Schauspieler, Regisseur, Autor und Intendant, 71, geboren in Dachau, Studium Theaterwissenschaft, Germanistik und Gechichte an der LMU München, Schausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule, einem breiten Publikum bekannt aus den TV-Serien "Löwengrube" und "Der Bulle von Tölz" sowie als Fastenprediger Bruder Barnabas und Edmund Stoiber-Darsteller im Singspiel beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg, von 2004 bis 2017 Intendant der Luisenburg-Festspiele in Wunsiedel. Michael Lerchenberg lebt in München.
  • Reger trifft Filser, "Jozef Filsers Briefwexel" gelesen von Michael Lerchenberg, musikalisch begleitet mit Reger-Humoresken und Reger-Lied-Bearbeitungen durch Ib Hausmann (Klarinette) und Frank-Immo Zichner (Klavier), am Samstag, 5. Oktober um 19.30 Uhr in der Max-Reger-Halle Weiden, Tickets an der Abendkasse
 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.