Weiden in der Oberpfalz
15.11.2018 - 09:16 Uhr

Tattoos bei der Polizei: Was ist erlaubt und was nicht?

"Aloha" will sich ein fränkischer Polizist auf den Unterarm tätowieren. Er scheitert am Mittwoch vor dem Verwaltungsgerichtshof. Doch was ist, wenn ein Polizist schon ein Tattoo hat? Und wie schaut es mit dem Polizei-Nachwuchs aus?

Der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden: Bayerische Polizisten dürfen Tattoos im Dienst nicht sichtbar tragen. Polizeihauptmeister Uwe Schmidt zeigt, was erlaubt ist – und zieht dann das Hemd wieder drüber. Bild: Gabi Schönberger
Der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden: Bayerische Polizisten dürfen Tattoos im Dienst nicht sichtbar tragen. Polizeihauptmeister Uwe Schmidt zeigt, was erlaubt ist – und zieht dann das Hemd wieder drüber.

ONETZ: In Ihrer Inspektion sehe ich etliche junge Beamte. Wie ist das: Haben Ihre Polizisten Tätowierungen?

Klaus Müller: Ja, wir haben Beamte mit Tätowierungen. Das sind aber nicht unbedingt die Jüngsten.

ONETZ: Wie viel „Farbe“ ist erlaubt?

Klaus Müller: Tätowierungen dürfen getragen werden, soweit sie in der täglichen Uniform nicht sichtbar sind.

ONETZ: Aktueller Streitpunkt ist eine Tätowierung am Unterarm. Das geht schon nicht mehr?

Klaus Müller: Doch, das geht. Wir haben einen Kollegen mit Tätowierungen an den Unterarmen. Der trägt ein Langarmhemd.

ONETZ: Warum machen das die Franken nicht einfach auch so?

Klaus Müller: Das kommt auf den Aufgabenbereich an. Unser betreffender Kollege ist nicht im Streifendienst. Soweit ich aus den Medien weiß, handelt es sich in Franken um einen Streifenpolizisten. Der muss immer mit einem Partner rausfahren. Beide müssen dabei eine einheitliche Oberbekleidung tragen. Im Sommer können die Kollegen in kurzen Ärmeln ausrücken. Wenn ein Kollege ein Langarmhemd trägt, muss der andere automatisch auch eines ausziehen.

Klaus Müller, Inspektionsleiter in Weiden. Bild: Petra Hartl
Klaus Müller, Inspektionsleiter in Weiden.

ONETZ: Wäre es wirklich so schlimm, wenn da „Aloha“ auf dem Unterarm stünde? Glauben Sie, dass darunter das Vertrauen in die Polizei leidet?

Klaus Müller: Irgendwo muss man eine Grenze ziehen: was wird genehmigt, was nicht. Ich bin ein Freund von klaren Regelungen. Derzeit wäre es aus meiner Sicht für den durchschnittlichen Bürger auch nicht vermittelbar, dass tätowierte Kollegen im Streifendienst draußen auftreten.

ONETZ: Wie ist es denn persönlich: Ist eine Tätowierung denkbar?

Klaus Müller: Nein.

ONETZ: Und bei Ihren Kindern?

Klaus Müller: Keines von meinen Kindern hat eine. Aber das muss jeder mit sich selbst ausmachen. Ich persönlich finde nichts Ästhetisches an einer Tätowierung. Der Körper ist schön, so wie Gott ihn geschaffen hat.

ONETZ: Verprellt man mit dem Tattoo-Verbot den Polizeinachwuchs?

Klaus Müller: Die Bewerberlage ist nach wie vor sehr gut. Und wir stellen sehr, sehr viel ein: im nächsten Jahr 1700 neue Kollegen. Sollten sich Leute bewerben, die schon Tätowierungen haben, könnten die im Einzelfall genehmigt werden. Die meisten ernst gemeinten Bewerber lassen sich sichtbare Tätowierungen entfernen.

ONETZ: Tatsächlich?

Klaus Müller: Mit großem Aufwand. Mit Haut-OP und so weiter.

ONETZ: Wie sieht es denn generell mit dem Respekt vor der Polizei aus?

Klaus Müller: Ein großes Thema. 2017 hatten wir die höchste Zahl an Gewalt gegen Polizeibeamte: 83 Fälle im Bereich Weiden mit 26 verletzten Kollegen.

ONETZ: Was sind die Auslöser?

Klaus Müller: Die meisten Täter befinden sich in einem psychischen Ausnahmezustand, teils stehen sie unter Drogen-, oft unter Alkoholeinfluss. Freitagnacht, Gruppen, Alkohol.

ONETZ: Im Klartext können Sie jeder Streife im Wochenenddienst mit auf den Weg geben, dass Sie Gefahr läuft, Opfer von Gewalt zu werden?

Klaus Müller: Gewalt beginnt bei Beleidigung, das sind etwa ein Drittel der Fälle. Die weiteren zwei Drittel betreffen alles andere: Körperverletzung, Bedrohung, Treten. Unsere Beamten werden bespuckt, es wird auf sie zugefahren, nach ihnen wird geworfen. Gerade im häuslichen Bereich, wo Gegenstände bereit liegen.

ONETZ: Ich hoffe doch, dass das nicht der Durchschnitt der Bevölkerung ist?

Klaus Müller: Ist es auch nicht. Von „normalen“ Bürgern spüren wir starken Rückhalt.

Polizeioberkommissar Jürgen Prichta hält bei der Verhandlung am Bayerischen Verwaltungsgerichthof die Entwürfe für sein geplantes Tattoo in den Händen. Der Beamte zog vor Gericht, weil er sich den Schriftzug "Aloha" auf den Unterarm tätowieren lassen wollte, was laut Bayerischem Beamtengesetz verboten ist. Bild:  Britta Schultejans
Polizeioberkommissar Jürgen Prichta hält bei der Verhandlung am Bayerischen Verwaltungsgerichthof die Entwürfe für sein geplantes Tattoo in den Händen. Der Beamte zog vor Gericht, weil er sich den Schriftzug "Aloha" auf den Unterarm tätowieren lassen wollte, was laut Bayerischem Beamtengesetz verboten ist.
„Aloha“-Urteil:

Bayerische Polizisten dürfen sich nicht sichtbar tätowieren lassen. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof am Mittwoch entschieden. Der 42 Jahre alte Polizeioberkommissar Jürgen Prichta hatte geklagt, weil das Polizeipräsidium Mittelfranken ihm verboten hatte, sich den hawaiianischen Schriftzug „Aloha“ auf den Unterarm tätowieren zu lassen. Prichta hatte 2008 seine Flitterwochen auf Hawaii verbracht und wollte mit dem Tattoo eine bleibende Erinnerung auf seinem Körper verewigen. Das Urteil ist rechtskräftig und hat grundsätzliche Bedeutung für alle Polizisten in Bayern. „Ich denke, es gibt einige Kollegen, die jetzt enttäuscht sind“, sagte Rainer Nachtigall, Landesvorsitzender der Polizeigewerkschaft. In Berlin sind die Regelungen gelockert. (dpa)

 
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