"Ich war fünf Minuten im Bahnhof, um zu schauen, ob unser Gast schon da ist", erzählt Ingrid S. aus Amberg. "Danach hatte ich einen Strafzettel mit 30 Euro an der Scheibe." Verwarnung eines privaten Parküberwachers. Ingrid hat Glück, dass sie einen resoluten Ehemann hat: "Ich habe dort angerufen und denen gesagt, dass ich nicht weiß, wer gefahren ist, und dass sie das erst mal nachweisen sollen", freut sich Lorenz S. über die fallengelassene Forderung.
Weniger Glück hatte Doris W. am Weidener Bahnhof. "Ich hab mir kurz eine Zeitschrift geholt, danach hatte ich einen Strafzettel." Kostenpunkt für die Lektüre samt drei Minuten Parken: 30 Euro.
Noch ärger erging es Franz W. in Schwandorf: "Ich parke wie immer am Supermarkt, komme vom Einkaufen zurück und habe einen Zettel am Scheibenwischer hängen", erzählt der Rentner. "Erst dachte ich, das muss ein Versehen sein, als Kunde wird man doch wohl noch kostenlos eine halbe Stunde parken dürfen." Weit gefehlt. Auch der Schwandorfer Einzelhändler hat sein Gelände an eine private Firma verpachtet, die Strafmandate verteilt, sobald der Kunde im Markt verschwunden ist.
Dieser Artikel enthielt ursprünglich auch das Bild eines Fitnessstudios. Da dieses Bild jedoch irreführend war, wurde es von der Redaktion wieder entfernt.
Korrekte Parksitten?
Auf seiner Internetseite stellt sich das Unternehmen "Fair Parken" als Wahrer korrekter Parksitten dar. Angeblich würden die privaten Blaujacken Kaufleute und Kunden vor Pendlern bewahren, die stundenlang Parkplätze blockierten. Die Wirklichkeit sieht anders aus:
- Unscheinbare Hinweisschilder weisen entgegen bereits gefällter Gerichtsurteile dezent darauf hin, dass Parkscheiben benutzt werden müssen.
- Auch der Nachweis eines Einkaufs oder der Mitgliedschaft eines dortigen ansässigen Clubs führt nicht zur Rücknahme der Strafe.
- Alleiniger Daseinszweck des Unternehmens: Strafmaximierung zum eigenen und dem - vermeintlichen - Nutzen der Ladeninhaber.
Chronik eines Strafzettels
Von wegen „Fair Parken“: Die Selbstbeschreibung des bundesweit agierenden Unternehmens hat mit dessen Praxis wenig gemein. Ginge es dem Unternehmen darum, Pendler zu verbannen, müsste das Vorlegen eines Kassenzettels oder des Mitgliedsausweises eines Fitnessclubs, für den man Beiträge überweist auch um auf dessen ausgewiesenen Parkplätzen zu parken, zur Rücknahme der Zahlungsaufforderung führen. Tatsächlich interessiert sich „Fair Parken“ weder für den Parkanspruch der Kunden noch für Standards beim Verteilen der Knöllchen:
◘ Das Aufstellen oft sehr dezenter Hinweisschilder erweckt den Eindruck, als wollte sich „Fair Parken“ von überraschten Kunden eine Anschubfinanzierung gönnen.
◘ Wer kein Knöllchen an der Scheibe findet, bekommt anders als von Stadt oder Polizei nicht erst ein Schreiben mit Beleg des Vorwurfs und Fahrerermittlung, sondern ein Mahnschreiben mit Gebühr.
◘ Für eine Stunde Parken vor dem eigenen Fitnessstudio veranschlagt das Unternehmen nicht ortsüblichen Gebühren von 10 bis 15 Euro, sondern 30 Euro.
◘ Noch während der Recherche, worum es sich bei der Forderung handelt, und ohne auf den Widerspruch mittels Formular auf der Website zu reagieren, folgt die Rechnung des Inkassounternehmens über 90 Euro.
◘ Nach erneutem Widerspruch bei Inkasso Königs samt Dokumentation wie Screenshot vom Beschwerdeformular, flattert die nächste Zahlungsaufforderung ins Haus mit der Behauptung, man habe kein Formular ausgefüllt – mit zusätzlicher Bearbeitungsgebühr. Inzwischen beläuft sich die Forderung auf 108 Euro.
◘ Nach einer weiteren Bekräftigung, den Anspruch des Unternehmens nicht anzuerkennen, folgt ein Anwaltsschreiben, das ebenfalls nicht auf den Widerspruch eingeht.
◘ Dann die Überraschung: Ein erneuter Widerspruch mit Fotos von der Parkscheibe bringt die Wende. Plötzlich rudert die Anwältin zurück und stellt gegen Zahlung der ursprünglichen 30 Euro plus Mahngebühren die Rücknahme der Forderung in Aussicht. Die Begründung: Die Parkscheibe sei nicht ordnungsgemäß gut sichtbar.
◘ Die Verkehrspolizei Weiden stellt richtig: „Die Begrifflichkeit „von außen gut lesbar“ ist nicht näher definiert. Die Parkscheibe kann also vorne oder hinten, auf der dem Gehweg oder der Fahrbahn zugewandten Fahrzeugseite aufgelegt oder angebracht werden“, stellt Dienststellenleiter Werner Ochantel richtig.















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