(wüw) Wenn es nach der Internet-Reiseplattform "Travelcircus" geht, ist Windischeschenbach der komplizierteste Städtename Deutschlands. Die Redaktion des Anbieters hat das Jubiläum "20 Jahre neue Rechtschreibung" zum Anlass genommen, sich auf die Suche nach schwer auszusprechenden Namen zu machen. Aus den laut "Travelcircus" 2058 Orten mit mehr als 2000 Einwohnern entstand eine Top-100-Liste. Außerdem kürte die Redaktion je fünf Erstplatzierte in fünf Kategorien. Gleich mehrere Orte aus der Region tauchen auf.
So dubios der Sieg des vertrauten Zoigl-Stadt-Namens erscheint, die Macher des Rankings haben sich durchaus Gedanken gemacht. Tatsächlich werden Wörter im Deutschen als ungewöhnlich oder kompliziert empfunden, wenn die Kombination aus Vokalen und Konsonanten vom üblichen Schema abweicht. Daran macht "Travelcircus" vier ihrer fünf Kategorien fest. Als Kriterium gelten die höchste Buchstabenzahl pro Silbe, die Zahl aufeinanderfolgender Konsonanten, das Verhältnis von Konsonanten zu Vokal und die Zahl "stummer" Buchstaben. Dazu wählte die vierköpfige Redaktion ihren persönlichen Favoriten.
Während Oberviechtach, Schnaittenbach, Tirschenreuth und Thannhausen in der Top-100-Liste auftauchen, erreichen Marktredwitz, Pfreimd und eben Windischeschenbach Spitzenplätze in diesen Kategorien, Marktredwitz etwa beim Verhältnis von Konsonanten zu Vokalen. Drei Selbstlaute bei neun Mitlauten reichen hier zu Platz fünf - hinter Orten mit Namen wie Kyllburg, Lommatzsch, Wilsdruff und Elsfleth.
Noch "besser" schneidet Pfreimd ab. Nur eine Stadt in Deutschland bringt mehr Buchstaben in einer einzelnen Silbe unter. Bei Groitzsch sind es neun, Pfreimd schafft immerhin sieben. Bürgermeister Richard Tischler lebt schon lange im Städtchen am gleichnamigen Fluss. Doch diese Besonderheit sei ihm niemals aufgefallen - bis er von der "Travelcircus"-Redaktion darauf hingewiesen wurde. "Was man schon immer kennt, findet man wohl nicht mehr ungewöhnlich", sagt Tischler dazu. Interessant findet er die Buchstaben-Spielerei aber allemal. Das mag damit zu tun haben, dass er einst Anglistik studierte und als Assistent in diesem sprachwissenschaftlichen Fach an einem Lehrstuhl gearbeitet hat. Wohl auch deshalb hat er die Information bereits auf der Internetseite der Stadt veröffentlicht. "So kommt Pfreimd ins Gespräch. Das kann uns sicher nicht schaden."
So bleibt zum Schluss noch zu klären, weshalb die "Travelcircus"-Redakteure mit dem Namen Windischeschenbach solche Schwierigkeiten haben, das Wort noch unaussprechlicher als Katzenelnbogen und Bad Gottleuba-Bergießhübel finden, die auf den Plätzen dahinter folgen. Für Oberpfälzer, die den Namen schon immer kennen, ist dies schwer nachzuvollziehen. Der Chef der Altneihauser Feierwehrkapell'n Norbert Neugirg kennt noch einen Grund, weshalb der Name in der Region kaum auffällt: "Im Dialekt sagt man 'Eschawo'. Das ist einfacher, man kann es halb vor sich hinbrummen." Wer Hochdeutsch spricht und den Namen nicht kennt, braucht länger: "Wenn man den Dreh einmal raus hat, wirkt der Stadtname gar nicht mehr schwer", heißt es bei "Travelcircus". Offensichtlich hat es in der Berliner Redaktion aber einige Zeit gedauert, bis die Jury über Windi-schesch.....Win-dische-scheschen..... endlich zu Windisch-Eschen-Bach vorgedrungen war.
Hier geht es zum Reiseportal Travelcircus und den komplizierten Ortsnamen.
Platz eins auf einer überflüssigen Liste
Von Alexander Unger
Es liegt wohl in der Natur des Menschen, das Leben in Kategorien einzuteilen. Die Wissenschaft nennt das Taxonomie. Sie soll Übersichtlichkeit schaffen.Bestenlisten ordnen in gut und schlecht, hübsch und hässlich, nützlich und überflüssig. Platz Eins gilt als Nonplusultra - im sportlichen und unsportlichen Belangen.
Manchmal dienen diese Listicles keinem "höherem Zweck" sondern ganz einfach der Unterhaltung - manchmal sogar unfreiwillig. Was als gut gemeinte Auflistung deutscher Städtenamen gestartet war, landet zumindest beim Nordoberpfälzer auf Platz 1 der überflüssigen Aufzählungen. Das Reiseportal Travelcircus hat sich deutsche Städtenamen angeschaut. Nicht ungewöhnlich für einen Reiseanbieter, will man doch wissen, wo die Reiseziele - oder Destinationen im Denglisch der Marketingspezialisten - liegen. So weit, so gut.
Die Betrachtung von Städtenamen im Zusammenhang mit der Rechtschreibreform hat dann schon einen skurilleren Aspekt. Eigentlich ist es ja egal, wie das Mengenverhältnis von Vokalen und Konsonanten in einem (W)Ort ist, solange es dort Kost und Logis gibt. Auch die höchste Zahl an aufeinanderfolgenden Konsonanten oder versteckten Buchstaben ist dem Reisenden wohl egal, solange er Bahnhof oder Parkplätze findet. Einzig wichtig könnte sein: Wie spricht man das eigentlich aus? Schließlich will man nicht aufgrund eines Sprach- oder Hörfehlers mitten im Nirgendwo landen.
Und hier schlägt die Oberpfalz zu: Der schwierigste Ortsname ist laut Jury Windischeschenbach. Kein Wunder also, dass es in Wind-ischesch -enbach oder Windi-sche-schenbach noch eher ruhig zugeht, kein Massentourismus Stadt und Natur niederwalzt. Offensichtlich kann keiner den Namen fehlerfrei und auf Anhieb aussprechen. Auf den Plätzen zwei und drei der unaussprechlichen Orte finden sich Oberriexingen und Bad Gottleuba-Berggießhübel. Würdige Verlierer im Klang der Namen.
Das Reiseportal sitzt übrigens in Berlin. Das entschuldigt nicht das Unverständnis für Oberpfälzer Städtenamen, erklärt es aber - zumindest ein bisschen und mit guten Willen. Vielleicht ginge Tschitscherlboch leichter über Berliner Zungen - aber das ist auf einer anderen Liste.
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