(gfr) Auf Unfallgefahren in der Landwirtschaft wies Jörg von Krieglstein, der Sicherheitsberater der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) bei der BBV-Ortsbäuerinnen-Tagung hin. Er machte aber auch auf ein oft verkanntes Phänomen aufmerksam: Gefährlich Staub, der mehr oder weniger sichtbar in landwirtschaftlichen Betrieben vorhanden sei.
Von den 65 tödlichen Unfällen in der Landwirtschaft in Bayern 2017 passierte laut Krieglstein etwa die Hälfte im Wald. Gravierende Folgen könne auch der Umgang mit Großtieren oder schweren landwirtschaftlichen Fahrzeugen haben. Heuer habe es bei Arbeiten im Wald bereits drei Todesfälle gegeben. Vielfach seien die Opfer alleine im Wald, für Forstarbeiten nicht ausreichend ausgebildet oder es mangele an der Schutzausrüstung. Holzfäller müssen laut Krieglstein unbedingt rechtzeitig und vor allem weit genug zurückweichen, wenn der Baum fällt. Und wer sich beim Rückeschlepper die übliche fünf Meter Sicherungsleine spare, spare an der falschen Stelle.
Staub macht krank
Auch der überall in der Landwirtschaft vorhandene Staub macht krank: Darauf wies der SVLFG-Sicherheitsberater hin. Atme man diese Partikel über einen längeren Zeitraum ein, führe das zwangsläufig zu Erkrankungen der Atemwege. Staub sei aber unvermeidbarer Bestandteil der Futtermittel. In ihm kommen pflanzliche Allergene vor, aber auch Milben und deren Ausscheidungen, Pilzsporen wie Schimmelpilze, Tierhaare oder Hautschuppen, aber auch Ammoniak oder Rückstände von Reinigungs- oder Desinfektionsmitteln. Durchschnittlich atmet der Mensch täglich 12 000 Liter Luft ein, informierte der Referent. Aber diese Menge könne sich bei schwerer körperlicher Arbeit, eben zum Beispiel in der Landwirtschaft, deutlich erhöhen.
Neues AOVE-Projekt
Die Tagung der BBV-Ortsbäuerinnen nutzte AOVE-Geschäftsführerin Waltraud Lobenhofer, um das vom Bayerischen Landwirtschaftsministerium geförderte Forschungsprojekt "Resilienz im ländlichen Raum der AOVE" vorzustellen. Damit sollen Strategien erarbeitet werden, um die Widerstands- und Anpassungsfähigkeit der AOVE-Kommunen für die Herausforderungen Klimawandel, Globalisierung, Überalterung und strukturelle Änderungen in der Land- und Forstwirtschaft zu stärken.
Ein Teilprojekt ist der Aufbau einer solidarischen Landwirtschaft. Diese soll am Montag, 2. Juli, bei einer Exkursion nach Vorderhaslach bei Habburg vorgestellt werden. Laut Lobenhofer können sich dort Verbraucher, Landwirte und auch Politiker dort über informieren (Infos auch unter www.aove.de, 09664/95 24 87).
Gefährlicher Feinstaub im Stall: Vorbeugen und schon bei ersten Anzeichen handeln
Stallluft ist angereichert mit Viren, Pollen, Tierhaaren, Schimmelpilzen, Milben sowie Bakterien und deren Zerfallsprodukten: Darauf machte Jörg von Krieglstein, der Sicherheitsberater der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), aufmerksam. Größere Staubteichen könnten durch den Selbstreinigungsmechanismus der Bronchien aufgehalten werden – aber kleinster „alveolengängiger Staub“ dringe bis in die Lungenbläschen vor und behindere den Sauerstoffaustausch. Mit Feinstaub durchsetzter Stallstaub sei reizend, toxisch, allergieauslösend und infektiös, führe zu Atemwegserkrankungen, die sich zu chronischer Bronchitis, Asthma, zur „Farmerlunge“ und zu Inhalationsfieber entwickeln können. Gerade Feinstaub dringe bis in die kleinsten Lungenbläschen vor – und was als lästiger Husten beginnen, ende vielfach in einer schweren Lungenerkrankung.
Grundsätzlich steige das Risiko, je länger und intensiver jemand der Staubbelastung ausgesetzt sei. Der Krankheitsverlauf sei ein mehrjähriger Prozess, aber nur im Anfangsstadium gut in den Griff zu bekommen. Sollten erste Anzeichen auftreten (häufiger Husten, Schleimauswurf, Atemnot, grippeähnliche Beschwerden oder gar Schüttelfrost) dann sollte unbedingt ärztlicher Rat eingeholt werden, empfahl Krieglstein. Er rät zur arbeitsmedizinischen Vorsorge, und zwar nicht nur für den Betriebsinhaber sondern auch für dessen Familie.
Das Risiko, zu erkranken, könne verringert werden. Krieglstein empfiehlt geschlossene Systeme beim Befüllen von Futtermittelbehältern, zu mechanisierter Fütterung, Verringerung der Abwurfhöhen an Füll- oder Schüttstellen und vor allem zum Einsatz glatter Oberflächen im Stall, die auch leicht zu reinigen sind. Auslaufflächen für Tiere oder Offenstallhaltung führe zu weniger Staub, ebenso wie eine optimierte Lüftung. Der Stall sollte möglichst mit einer Schmutzschleuse mit Waschgelegenheit oder Dusche ausgestattet und deutlich vom Wohngebäude abgetrennt sein. Mann könne noch mehr tun: Die Aufenthaltszeit im Stall begrenzen, stauaufwirbelnde Unruhe unter den Tieren vermeiden, staubarme Futtermittel verwenden, Restfutter aus den Trögen entfernen. Der Stall sollte zudem täglich gereinigt und regelmäßig entmistet werden. Der Landwirt müsse auf Hygiene achten, den Wohnbereich nicht mit Stallkleidung betreten und nach Arbeitsende die Haare waschen.
Krieglstein wies auf Staubschutzmasken hin. Noch effektiver seien gebläseunterstützte Atemschutzsysteme – und unumgänglich Arbeitskleidung, die Arme und Beine, auch den Kopf bedecke: Damit könne man gefahrlos im Stall arbeiten.
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