Für Martin Lehmann, den Künstlerischen Leiter des Windsbacher Knabenchores, stehen die Zeichen auf Veränderung: Nach zehn Jahren in Franken wechselt er im Herbst als Kreuzkantor nach Dresden. Allerdings denke er darüber momentan so gut wie nie nach, sagt er im schriftlich geführten Interview mit Oberpfalz-Medien. Stattdessen "setze ich mich unverändert und mit ganzer Kraft und Energie für diesen großartigen Chor ein".
Seine Programmauswahl zum Abschluss der laufenden Konzertsaison im Stadttheater Amberg wird denn auch alles erstrahlen lassen, was die Windsbacher seit nunmehr 75 Jahren auszeichnet. Allen voran der "authentische, klare und warme Chorklang", der Lehmann wichtig ist. Aber auch die enorme Bandbreite des Repertoires wird sich widerspiegeln.
Den barocken Motetten von Heinrich Schütz zeitgenössische Klänge gegenüberzustellen, ist der erklärte Plan des Künstlerischen Leiters. Letztere hat der Chor anlässlich des Jubiläums eigens beim litauischen Komponisten Vytautas Miskinis und seinem schwedischen Kollegen Jan Sandström in Auftrag gegeben. Insgesamt waren es sogar vier Künstler, die das vorgegebene Thema "Spuren ins Licht" in musikalische Maßanfertigungen für den Chor verwandelten, erzählt Lehmann.
Kein reiner A-capella-Abend
Glänzen werden die jungen Sopran-, Alt-, Tenor- und Bassstimmen zudem mit Werken von Mendelssohn-Bartholdy und Max Reger sowie Klangschönem von Johannes Brahms. Dessen "Waldesnacht" - auch Teil des Programms - habe er sehr gern, verrät Lehmann. Zudem bestätigt er, was im Bereich Kunst- und Volkslied immer schon zu vermuten stand: "Es ist mit das Schwerste, den Sprachgehalt leicht, sprühend und entspannt zu transportieren." Ein reiner A-cappella-Abend wird es diesmal aber nicht werden. Als besonderen Gast haben sich die Windsbacher den polnischen Akkordeon-Solisten Maciej Frąckiewicz eingeladen: "Ein phantastischer junger Musiker", schwärmt der Künstlerische Leiter. Man sei aufeinander gespannt, vor allem auch weil man noch nicht gemeinsam konzertiert habe.
Genuss, Lebensfreude und Können
Dem ausgegebenen Themenbogen Barock-Modern passt sich Maciej Frąckiewicz an. So finden sich in seiner Auswahl zwei Interpretationen aus Johann Sebastian Bachs "Wohltemperiertem Klavier", die der Akkordeonist mit "Die zertrümmerte Kathedrale" des 1983 verstorbenen, tschechischen Komponisten Václav Trojan kontrastiert. Zum anderen hat er sich für "And the sailors enjoying the view of the earth" des 1976 geborenen Ukrainers Bohdan Sehin entschieden.
Vor die Aufgabe gestellt, einen solchen Abend in drei Sätzen zusammenzufassen, hebt Lehmann die Faszination des Gestaltungskönnens von Kindern und Jugendlichen ebenso hervor wie die spannende Atmosphäre der Kombination Akkordeon und Chor. "Uneingeschränkt nach Corona wieder Kultur aufzusaugen, ist Genuss und schafft Lebensfreude".
Seine persönliche Bilanz der letzten zehn Jahre prägt übrigens die Freude über "sehr viele aufrichtige und reife Männerstimmenpersönlichkeiten, die in meiner Phase dem Chor entwachsen sind". Für die starke Verbindung der Chorsänger mit ihm sei er dankbar. Als musikalische Höhepunkte seiner Ära kommen ihm h-moll-Messe-Aufführungen von Johann Sebastian Bach ebenso in den Sinn wie geglückte A-cappella-Konzerte "mit Gänsehautmomenten". Die gelungene Regelung seiner Nachfolge stimmt ihn ebenfalls froh: Ab September 2022 übernimmt der ehemalige Leipziger Thomaner, Dirigent und Sänger Ludwig Böhme.
Zu den Personen und zum Konzert
- Windsbacher Knabenchor, gegründet 1946 von Hans Thamm, einem ehemaligen Mitglied des Dresdner Kreuzchores, 1978 übernahm Karl-Friedrich Behringer die Leitung, seit 2012 ist Martin Lehmann für die bis zu 130 Choristen zwischen 9 und 19 Jahren verantwortlich, die vor der Pandemie jährlich bis zu 70 Auftritteim In- und Ausland absolvierten.
- Martin Lehmann geboren 1973 in Malchin (Mecklenburg-Vorpommern),Chordirigent und künstlerischer Leiter, war Mitglied des Dresdner Kreuzchores und während des Studiums an der Musikhochschule „Carl Maria von Weber“ in Dresden unter anderem künstlerischer Assistent des Dresdner Kammerchores.
- Akkordeonist Maciej Frąckiewicz geboren 1988 in Polen, gewann 2012 den 1. Preis beim 20. Internationalen Wettbewerb „Arrasate Hiria“ in Spanien, 2018 wurde er beim Deutschen Musikpreis mit dem Hauptpreis und dem Publikumspreis ausgezeichnet.
- Konzert am Freitag, 24. Juni um 19.30 Uhr im Stadttheater Amberg, Tickets bei der Tourist-Information Amberg unter Tel. 09621/101233 oder an der Abendkasse
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