Von Dieter Dörner
Alle Hammerherren waren eine Schicksalsgemeinschaft - soweit sie der 1387 geschlossenen Hammereinung angehörten. Die Statuten der Hammereinung ermöglichten ihnen unter anderem den Bezug des hochwertigen Erzes aus Sulzbach und Amberg, sie legten Qualitätsstandards fest, die auch kontrolliert wurden.
Den Hammerherren war verboten neue Techniken einzuführen, da dies zu einer Verzerrung des Wettbewerbs geführt hätte. Und schließlich gab es auch eine Quotenregelung, mit der man Angebot und Nachfrage in ausgewogenem Verhältnis halten und damit gut verdienen konnte.
Doch der Reihe nach: Urkundlich erwähnt werden Erzabbau und Eisenverarbeitung erst um 1300. Archäologische Grabungen bestätigen uns jedoch, dass hier bereits im 8. Jahrhundert Erz verhüttet und zu Fertigprodukten weiterverarbeitet wurde. So zum Beispiel in Kümmersbruck, wo vor einigen Jahren 36 Waffenschmieden mit den zugehörigen Rennöfen ausgegraben wurden. Durch die C-14-Datierung der vorgefundenen Holzkohle war die zeitliche Einordnung möglich.
Eisen war überall gefragt
Vor allem der Qualität wegen war das in Oberpfälzer Hammerwerken gewonnene Eisen weit über Deutschlands Grenzen gefragt. Aus dem im Rennofen gewonnenen Eisenklumpen, der Luppe, entstanden nach Zerkleinerung und erneuter Erhitzung im Wellherd meist Schien- und Zaineisen. In nur wenigen Hämmern entstanden Fertigprodukte wie Waffen, Werkzeuge, Draht und ähnliches. Schieneisen waren etwa 60 Zentimeter lange und 5 Kilo schwere Eisenknüppel, aus denen "schwerere" Endprodukte wie etwa Pflugscharen, Kugeln geschmiedet wurden. Aus dünner geschmiedeten Zaineisen entstanden dagegen Nägel, Schlösser oder Drähte.
Abnehmer von Schien- und Zaineisen waren zum Beispiel die Messerer in Passau. Die schmiedeten daraus die sogenannten Wolfsklingen, Messer und Schwerter höchster Qualität. Das meiste Eisen ging wohl nach Nürnberg zu den dortigen eisenverarbeitenden Handwerkern.
Altersheime für Handwerker
Die "Hausbücher der Nürnberger Zwölfbrüderstiftungen", Totenbücher der einst in den als Stiftungen für Handwerker betriebenen Altersheimen, beschreiben deren berufliche Aktivität. Hunderte eisenverarbeitende Handwerker sind darin mit Bild und kurzer Beschreibung ihrer Tätigkeit aufgeführt. Sie alle werden Abnehmer von Amberger und Sulzbacher Eisen gewesen sein.
Machen wir einen kurzen Streifzug durch diese Handwerke: Eines der häufigsten war, wie auch in Passau, der Messerer, der Messerschmied. Hinzu kamen die Werkzeugschmiede, die Feilenhauer, Nadler, Ring-, Büchsen-, Kettenhemden- und Laternenmacher, dazu Schlosser, Sporer, Huf-, Ketten-, Kreuz-, Pfannen-, Zirkel- und Sensenschmiede. Bis zum beginnenden 17. Jahrhundert und dem sukzessiven Niedergang unserer Hammerwerke zählen die Stiftungen 120 eisenverarbeitende Handwerker auf.
In Nürnberg waren Zünfte verboten, und für einige, vor allem mit technischem Vorsprung ausgeübte Handwerke, war das Abwandern verboten. Wissen sollte nicht nach draußen getragen werden, Lehrlinge mussten in Nürnberg wohnhaft sein.
Eine Sonderstellung der Qualität wegen hatten die Nürnberger Plattner oder Harnischmacher. Bis zum Gebrauch des Schießpulvers ab Anfang des 15. Jahrhunderts konnte kein Ritter ohne Körperschutz aus oft kunstvoll ausgearbeiteten Platten (Harnischen) in den Krieg ziehen. Die Harnische lösten die zuvor gebräuchlichen Kettenhemden ab. Im 15. und 16. Jahrhundert war der Harnisch eigentlich nur noch Mittel zur Selbstdarstellung bei Turnieren oder bei repräsentativen Aufgaben. Ergänzt wurde die Arbeit des Plattners durch den Schlosser, den Ziselierer, den Harnischpolierer.
Eisen bringt Wohlstand
Michael Schweiger zählt in seiner 1564 erschienenen Chronik der Stadt Amberg über 20 eisenverarbeitende Handwerke in 50 Meisterbetrieben auf - bei damals etwa 4000 Einwohnern ein erheblicher Beitrag zum wirtschaftlichen Wohlstand der Stadt. Selten waren unter den oberpfälzischen Hammerwerken die Drahthämmer. Dünn geschmiedetes Zain- eisen zog der auf einer Schaukel sitzende Drahtzieher durch immer enger werdende Löcher einer Stahlplatte. Der Draht wurde mit jedem Durchgang feiner und länger. In Nürnberg war auch den Drahtziehern die Wanderschaft verboten. Vermutlich bedienten sich diese jedoch nicht des oberpfälzischen Eisens - dieses war zu spröde, steiermärkisches war geschmeidiger. Trotzdem gab es auch bei uns, etwa in Amberg, Drahthämmer.
Ein Verkaufsschlager wurden im 16. Jahrhundert die Bleche der Amberger Zinn- oder Weißblechhandelsgesellschaft. Beim Erhitzen der Luppe im Wellherd entstand aus deren Rinde ein zähflüssige Masse, der Deuchel. Dieses "zwiegeschmolzene Eisen" wurde in Stabform geschmiedet, woraus in den Blechhämmern Bleche unterschiedlicher Stärke entstanden. Weißbleche hießen sie, weil man diese mit Zinn aus dem Böhmerwald oder dem Fichtelgebirge gegen Korrosion schützte und optisch aufbesserte. In genormten Abmessungen, in Fässern, in Schock (je 60 Stück) verpackt, wurden diese gehandelt. Sogar der Kurfürst beteiligte sich neben etwa 150 Gesellschaftern an diesem gewinnträchtigen Unternehmen. Die einzige Konkurrenz, eine in Wunsiedel geschaffene Zinnblechhandelsgesellschaft, musste bald dem Druck der Amberger weichen. Amberg belieferte Abnehmer in ganz Europa.
Oberpfalz deckt Eisenbedarf
Hauptabsatzgebiete Amberger Eisens war neben Regensburg, Passau, Ulm vor allem Nürnberg. Doch wissen wir auch von Lieferungen nach Böhmen und andere Länder. Es heißt, dass im Mittelalter etwa 20 Prozent des europäischen Eisenbedarfs aus Sulzbach und Amberg gedeckt wurden. Hauptkonkurrenten waren die bereits erwähnte Steiermark und das Siegerland.
Der bereits in der OWZ beschriebene Niedergang von Bergbau und Eisenverarbeitung begann Ende des 16. Jahrhunderts. 1616 wurde die Hammereinung nochmals erneuert, 1631 kam das Aus für die Zinnblechhandelsgesellschaft.
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