Zuletzt war es um seine Gesundheit nicht mehr allzu gut bestellt. Helmut Wilhelm, der ehemalige Bundestagsabgeordnete, der seit 1984 abgesehen von einer Unterbrechung (2002 bis 2008) für die Grünen im Stadtrat saß, war kaum noch in der Öffentlichkeit zu sehen und zog sich immer mehr aus dem Tagesgeschäft zurück. Auch aus der Politik, die er in Amberg über Jahrzehnte maßgeblich mitgestaltet hat. In dieser Woche wurde nun bekannt, dass Helmut Wilhelm im Alter von 76 Jahren gestorben ist.
Im Oktober vergangenen Jahres fuhr der Grünen-Politiker nach Mirow (Mecklenburg-Vorpommern), wo seine Frau Elke Winkel ein Haus besitzt. Schon in der Vergangenheit diente dieses Anwesen als Rückzugsort, zum Beispiel dann, wenn Helmut Wilhelm wie im April 2021 an seinem 75. Geburtstag einfach nur seine Ruhe haben wollte.
In Erinnerung bleibt er älteren Ambergern aber hauptsächlich wegen dieser Geschichte: Es war ein Tag im Dezember 1985, an dem Wilhelm für bundesweite Schlagzeilen sorgte. Als Richter sollte er an einer Kammersitzung am Amberger Landgericht teilnehmen. Doch die Kollegen warteten vergeblich auf ihn. Er war zuvor bei einer Demo im Wackersdorfer Hüttendorf von der Polizei festgenommen worden.
Acht Jahre im Bundestag
Was damals als Affront oder gar mutwillige Auflehnung gegen Ministerpräsident Franz Josef Strauß und die geplante Wiederaufbereitungsanlage bewertet wurde, brachte Helmut Wilhelm in der Bevölkerung einen gewaltigen Sympathiebonus ein. „Wenn das nicht gewesen wäre, wäre ich vermutlich nicht in den Bundestag gekommen. Ich hätte die Bekanntheit gar nicht gehabt“, sagte er einmal nach seiner Berliner Zeit (1994 bis 2002).
Dabei war der gebürtige Regensburger, der in Amberg aufgewachsen ist und 1965 am Erasmus-Gymnasium die Abiturprüfungen bestand, schon vor Beginn der WAA-Zeiten ein Kämpfer für regionale Interessen und den Umweltschutz. Bereits während seiner Studienzeit gründete er 1971 die Initiative Forum Regensburg, der es zu verdanken ist, dass die dortige historische Altstadt in der heutigen Form erhalten blieb. Für seine Aktivitäten erhielt der Verein 1975 den Theodor-Heuss-Preis und 1977 die bayerische Denkmalschutz-Medaille.
Außerdem setzte sich Wilhelm in der Energie- und Umweltpolitik ein. 1980 entstand unter seinem Vorsitz die Amberger Bürgerinitiative für eine Zukunft ohne Atomkraft. Der unermüdliche Einsatz von Helmut Wilhelm drückte sich schließlich 1985 in der verpassten Sitzung und in der Tatsache aus, dass der Amberger zum geschäftsführenden Vorstandsvorsitzenden des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz gewählt wurde. Parallel dazu forcierte Wilhelm, dessen Vater Georg einst Landgerichtspräsident war, seine Karriere.
Richter am Landgericht
Nach Stationen in Regensburg, Weiden und Tirschenreuth kam Wilhelm als Richter an das Amberger Landgericht. Für die Grünen zog er 1984 in den Stadtrat ein, in dem er bis 2002 vertreten war. Nach einer Pause kehrte er 2008 in das Gremium zurück. Dazwischen lagen acht Jahre im Bundestag: von 1994 bis 1998 in der Opposition gegen Bundeskanzler Helmut Kohl und von 1998 bis 2002 als Teil der rot-grünen Regierung von Gerhard Schröder. 2003 ließ sich Wilhelm für den Landtag aufstellen, erhielt aber nicht genügend Stimmen.
Stattdessen übernahm der leidenschaftliche Bahnfahrer 2003 den Vorsitz der Freunde des Mariahilfbergs. Später übergab er diese Funktion an seinen Stadtratskollegen Hans-Jürgen Bumes. Für seinen Einsatz um das Gemeinwohl erhielt Helmut Wilhelm 2004 das Bundesverdienstkreuz. Zehn Jahre später sorgte er mit seiner Frau Elke Winkel für ein Novum in der Amberger Stadtgeschichte. Zum ersten Mal hatte es ein Ehepaar gemeinsam in den Stadtrat geschafft. Das gleiche Kunststück gelang ihnen bei der Kommunalwahl 2020. Vor elf Jahren verabschiedete sich der Richter Helmut Wilhelm in den Ruhestand.
Gegen Ende 2021 und zu Beginn dieses Jahres verschlechterte sich Wilhelms Gesundheitszustand immer mehr. Klinikaufenthalte in Neustrelitz und der Berliner Charité häuften sich und dauerten immer länger. Noch in diesem Sommer war seine Frau Elke Winkel aber guter Dinge, dass sich der 76-Jährige auf dem Weg der Besserung befindet, da er Reisen antreten wollte. Zunächst zurück nach Amberg, 2023 sollte es nach Südtirol gehen.
Aber nur rund zwei Wochen nach einer Rückkehr an die Vils verstarb Helmut Wilhelm am 24. September im Klinikum St. Marien Amberg. Sein Herz hatte aufgehört, zu schlagen. Seine Frau erinnert sich im Gespräch mit Oberpfalz-Medien: „Er hat gekämpft. Wie immer.“ Aber diesen einen letzten Kampf konnte Helmut Wilhelm nicht gewinnen.
In Erinnerung bleiben auch diese Worte, die er anlässlich seines 75. Geburtstags im April 2021 gefunden hatte: „Ich bin wunschlos glücklich.“ Und: "Ich würde alles genau so noch mal machen.“ Die Trauerfeier beginnt am Dienstag, 4. Oktober, um 13.30 Uhr in der Halle am Waldfriedhof in Raigering.
Schleicher erste Nachrückerin
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Stadt Amberg Wilhelms Platz im Stadtrat neu besetzen muss. Erste Nachrückerin auf der Liste der Grünen ist die aktuelle Schriftführerin des Kreisverbandes, Christina Schleicher. Wilhelms Frau Elke Winkel will der Lokalpolitik treu bleiben: „Ich werde meine Stadtratstätigkeit fortführen.“ Das wäre ganz im Sinne von Helmut Wilhelm, dem Richter, der immer auch ein Anwalt der Umwelt war.
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