Wenn in der Region an einem Tag 123 neue Coronafälle in der Statistik auftauchen, hätte man dafür gerne eine plausible Erklärung, die einen vielleicht sogar die Angst nimmt, dass sich das Infektionsgeschehen hier hin zu einer unkontrollierbaren Dynamik entwickelt. Etwa in der Art, dass nur ein einzelner Ausbruch in einer großen Einrichtung die Zahlen so in die Höhe trieb.
Allein, Dr. Roland Brey, der Leiter des Gesundheitsamtes, kann in dieser Beziehung keine Zuversicht verbreiten. „Das Infektionsgeschehen verschlechtert sich weiter infolge der Mutationsverbreitung, die auch an den gestiegenen Inzidenzwerten in anderen Landkreisen sichtbar wird“, sagt der Medizinaldirektor.
Ein weiterer Todesfall
Vor allem die britische Virusvariante, die deutlich ansteckender sei als das bisherige Virus, sorge für hohe Fallzahlen und führe verstärkt auch zu Krankenhauseinweisungen und Todesfällen – hier wurde am Donnerstag ein weiterer in Amberg gemeldet.
Und das Impfen hilft nichts dagegen? „Der Impffortschritt ist leider aus bekannten Gründen nicht schnell genug, um die Pandemie einzudämmen“, sagt Brey. Eine Besserung nimmt er immerhin in den Pflegeheimen wahr, „wo aufgrund der Impfungen die Ausbrüche weitgehend gestoppt werden konnten“.
Von den Infektionen sei jetzt vor allem die berufstätige Bevölkerung betroffen. „Da Schulen und Kindergärten im Notbetrieb laufen, spielen Kinder bei uns momentan noch nicht eine größere Rolle.“ Bundesweit verzeichne das RKI aber auch bei Kindern und Jugendlichen bereits mehr Infektionen.
Es gibt laut Brey also keinen einzelnen, alles erklärenden Ausbruch, sondern viele Cluster/Infektions- oder „Brandherde“. Auch die Tatsache, dass jetzt vermehrt getestet werde, führe in Verbindung mit der steigenden Positivrate zu höheren Fallzahlen.
Jetzt viel mehr Tests
Dabei spielen sowohl die seit kurzem verfügbaren Schnelltests eine Rolle als auch die von Ministerpräsident Markus Söder veranlassten Jedermann-Tests. Konkrete Zahlen zur Menge an Tests kann Christine Hollederer liefern, die Pressesprecherin des Landratsamtes. So gab es in der Kalenderwoche 8 im Testzentrum in Amberg 599 Tests, eine Woche später waren es 738 und in der KW 10 dann sogar 949. Unabhängig davon sind die vom Gesundheitsamt veranlassten Coronatests zu sehen, die bisher eine Größenordnung von etwa 115 pro Woche erreichten.
Auch mit Blick auf die künftigen 7-Tage-Inzidenz-Werte kann Roland Brey keine guten Nachrichten verbreiten: Am Freitag werden sie nach den aktuellen Meldungen sowohl in Amberg als auch in Amberg-Sulzbach über 200 liegen. Am Donnerstag waren die Werte hier 239 bzw. 193.„Es ist möglich, dass die Inzidenzwerte bis Ostern wie von Professor Drosten befürchtet auf 300 und darüber steigen werden“, so Brey. „Leider keine guten Aussichten.“
Viele Fälle in Rieden und Vilseck
Das kräftige Anwachsen der Infektionszahlen in den vergangenen Wochen spiegelt sich auch in den Coronafällen pro Kommune wider, die das Landratsamt am Donnerstag per Pressemitteilung veröffentlichte. Demnach wurden seit dem 2. März im Landkreis 425 neue Covid-19-Fälle registriert. Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl besonders hohe Werte weisen für diesen Zeitraum Rieden und Vilseck auf.
„Diese Entwicklung verheißt nichts Gutes und ist ein deutliches Warnsignal“, kommentiert Landrat Richard Reisinger in der Pressemitteilung das dynamische Infektionsgeschehen im Landkreis. Besorgnis ruft vor allem der Umstand hervor, dass die meisten Infektionen in der jüngsten Vergangenheit laut Gesundheitsamt auf die hochansteckende (britische) Corona-Mutante B.1.1.7 zurückzuführen sind. „Zu jedem Infektionsfall gibt es weitere wegen der hohen Ansteckungsgefahr der britischen Virusvariante“, erklärt Roland Brey dazu.
Laut der Statistik traten seit Anfang März lediglich in Gebenbach keine neuen Covid-19-Fälle auf. Dies dürfe aber nicht zu dem Ergebnis führen, dass hier das Risiko geringer sei, sagt der Gesundheitsamtsleiter. „Das Virus ist flächenhaft verbreitet“.
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