Jörg Fischer passt in keine Schublade. Beim Betrachten dieses großen Mannes wäre die Tätigkeit Archivar im Stadtarchiv wohl kaum eine Option. Und, dass einem Autor das Wort „Inspiration“ derart missfällt, verwundert. „Das ist die Ausrede, erst gar nicht mit dem Arbeiten anzufangen“, begründet Fischer seine Abneigung. Was er außerdem nicht leiden kann, ist ein gewisser Kontrollverlust. Wenn das Leben passiert während man andere Pläne schmiedete. Tatsächlich ist der Mann mit angeschlagener Brille und Schiebermütze ein ganz gutmütiger und bodenständiger. Denn er habe eine Art Höhenangst und könne nie als Dachdecker arbeiten.
Das freut seine Leserschaft – wäre der Verlust an diesem Autor doch hoch. Nach „Paul, der Vilsgeist“ entstand also Mörderisches und Grusel im Kriminalroman „Am gelben Fluss“. Zwar hat Fischer einen Hang zur Verschachtelung von Sätzen, weiß aber dennoch wie man diese in den Lesefluss einfügt. Oft trocken mit dem nötigen Humor zwischen den Zeilen, die dann den Intellekt des Lesers fordern. Langweilig wird es „Am gelben Fluss“ nicht. Seine Protagonisten sind authentisch aus diversen Schichten, mal verkorkst und mit Ticks, die den Charakter unterstreichen.
Er strebt nach Kontinuität: „Ja, wenn es schon einen Arsch gibt, dann brauche ich mir keinen mehr auszudenken.“ Keine Sorge, Amberger, seine Figuren sind frei erfunden. Oder sind sie das wirklich? Als Archivar bekommt Fischer schließlich Einblick in das Dunkle der Stadt-Geschichte und vermischt diese gekonnt und auf sehr außergewöhnliche Weise mit Geschehnissen von heute. Fischer nutzt Klischees zu seinen Gunsten, um dann zu überraschen. Stichwort: ménage à trois und viele Todesfälle.
Auch Feministinnen dürfen sich freuen – mehr Frauen bekommen in diesem Buch ihre gerechten Rollen. Stark sind sie, mit Rückgrat. Obwohl Fischer Zweifel hatte, der Frauenwelt gerecht zu werden, kann diese Kritikerin behaupten, er brachte sie alle wunderbar in Form. Fischer kennt das Alpha und Omega seines Buches. Was aber zwischendurch passiert, das wächst – der Weg ist das Ziel, oder so ähnlich. Verlustängste kennt der Autor nicht. „Jeder Todesfall war folgerichtig.“ Das Ende kommt anders als man denkt und ist definitiv der Grund, diesen Horror für alle Fälle im Bücherregal aufzubewahren. Ein kleiner schmackhafter Schatz, sozusagen. "Am gelben Fluß" ist erschienen im Eckhard-Bodner-Verlag (ISBN-Nummer: 978-3-947247-38-7).
Aus dem Inhalt: Juni 1909 - keiner weiß es, doch "die gute alte Zeit" neigt sich ihrem Ende zu: Für die Männer der Amberger Stadtpolizei, allen voran für ihren Wachtmeister Johann Baptist Dirnhofer, gehören Selbstmorde zum Tagesgeschäft - ebenso wie offensiv demonstrierte Gelassenheit und ein wenig Laissez-faire zur rechten Zeit. Doch dieser Fall ändert alles.
Dirnhofer von Eheproblemen und Rückenschmerzen zermürbt, erreicht ein seltsames Gerücht: Die neugegründete Kriminalabteilung sucht nach Beweisen für ein Kapitalverbrechen und hat bereits einen Verdächtigen im Visier. Innerhalb von drei Tagen wird das gewohnte Leben um Sergeanten Hauenstein durch die Ermittlungen der Kriminalpolizei auf den Kopf gestellt. Nichts wird mehr so sein, wie vorher.
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