Corona brachte nicht nur Verlierer, sondern auch Gewinner hervor: Die eingeschränkte Bewegungsfreiheit während des Lockdowns sorgte dafür, dass viele Urlauber die Berge wieder oder neu entdeckten, ob im Winter mit Tourenski oder im Sommer mit Wanderstöcken. Der Run auf die Berge ist groß. Einziges Manko: Die Berghütten mussten während des Lockdowns geschlossen bleiben. Das traf auch die Amberger Hütte, die in 2135 m über dem Ötztal thront. Doch inzwischen dürfen aber Lydia und Serafin Gstrein, die beiden Wirtsleute der Amberger Hütte, ihre Gäste wieder bewirten.
Die Anfahrt
Gut 370 km sind es mit dem Auto von Amberg bis ins Ötztal. Auf der A 93 geht es zunächst nach München, dann nach Garmisch-Partenkirchen, von dort über Seefeld oder den Fernpass nach Längenfeld im Ötztal, schließlich weiter bis zu dem kleinen Örtchen Gries. Vom großen Parkplatz aus muss man noch einen rund zweistündigen Fußmarsch, bis man auf 2135 m über dem Meeresspiegel angekommen. „Es ist aber ein gemütlicher Almweg hinauf zur Hütte, der auch mit dem Kinderwagen oder dem Fahrrad zu bewältigen ist“, sagt Günter Boesen, der für die Amberger Hütte zuständige Hüttenwart des Alpenvereins.
Noch einfacher, dazu umweltfreundlicher, kommt man mit der Bahn ins Ötztal. Etwas mehr als 6 Stunden dauert die Fahrt mit dem Zug bis zum Bahnhof Ötztal. Weiter geht es mit dem ÖPNV-Bus nach Längenfeld. Von dort fährt zweimal täglich ein Bus nach Gries.
Die Amberger Hütte
Schon von weitem grüßt die Alpenvereinshütte der Sektion Amberg den Bergwanderer oder Tourengeher im Sulztal, einem kleinen Seitental in den Ötztaler Alpen. „Herzlich Willkommen – Amberger Hütte – erbaut 1888“ steht groß über dem Eingang. Initiator des Baus vor mehr als 130 Jahren war ein Salzburger Gymnasiallehrer namens Ludwig Purtscheller. Er galt damals als Pionier des führerlosen Bergsteigens.
Bestand in den ersten Jahren die Hütte lediglich aus einem Schlafraum mit Kochecke, finden heute 84 Gäste in dem Gebäude Platz. „Trotzdem gibt es immer wieder Wochenenden, wo die Hütte bis auf den letzten Platz voll ist“, sagt Hüttenwart Günter Boesen. Auf einer Matratze im Flur liegen, wie des Öfteren in der Vergangenheit passiert, müsse aber jetzt dank der Möglichkeit einer digitalen Vorabbuchung kein Gast mehr, erklärt Boesen.
Insgesamt vier Umbauten hat die Hütte hinter sich, der letzte erfolgte im Jahr 2014. Da nahm man einen mittleren sechsstelligen Betrag in die Hand, stockte – neben einer thermischen Sanierung – ein Gebäude auf, gewann vier Mehrbett-Zimmer und ein weiteres Bettenlager hinzu. Die wichtigste Neuerung aber ist der Umbau zu einer familienfreundlichen Hütte. „Wir haben in den letzten Jahren allein drei Klettergärten mit verschiedenen Schwierigkeitsstufen installiert“, erzählt Boesen. Die Hütte bietet für Familien mit Kindern ein einwöchiges Programm an, das die Kinder systematisch an das Klettern heranführt. „Unser Markenzeichen ist die Familienfreundlichkeit, das hat nicht jeder“, schwärmt Boesen. Dank dieser Strategie sei man auch, so Boesen, relativ gut über den Corona-Sommer 2020 gekommen. (www.ambergerhuette.at)
Touren
Im Sommer zählen für Günter Boesen die Touren zum 3496 m hohen Schrankogel, dem höchsten Berg in der Region, und zum 2796 m hohen Sulzkogel, dem „Hausberg“ der Amberger Hütte, zu den beliebtesten Touren., auch wenn sie oder gerade weil sie relativ anspruchsvoll sind. Sein absoluter Geheimtipp ist aber die Tour zur „Kuhscheibe“ (3189 m). „Der Blick über das gesamte Ötztal, vor sich die Wildspitze, ist einfach wunderschön“, schwärmt Boesen.
Die „Kuhscheibe“ ist auch im Winter für Skitourengeher ein beliebtes Ziel. Als sehr abwechslungsreich und geeignet für die Anreise über das Stubaital gilt der Daunkopf (3225 m) mit seinen meist hervorragenden Schneeverhältnissen. Profis empfiehlt Boesen den „Schrandele“ (3393 m), eine Skitour, die mit einer Kletterei endet.
D´Wirtsleit
Seit 2008 bereits betreiben Lydia und Serafin Gstrein die Amberger Hütte. Ihre gute Küche ist bei den Tourengehern bekannt. Das „Knödel-Trio“, eine Kombination aus Kaspress-, Speck- und Spinatknödel, ist fast schon ein Muss für die Gäste der Amberger Hütte. Aber auch die selbst gebackenen Kuchen sind nicht zu verachten. Serafin Gstrein hebt aber aus einer eigenen Speiskarte besonders das Rindsgulasch hervor, denn es ist Fleisch aus der dortigen Region, von der Landwirtschaft seines Schwagers. Die Corona-Pandemie habe den Betrieb vor große wirtschaftliche und persönliche Herausforderungen gestellt, sagt Serafin Gstrein. In diesem Jahr hoffte er, wenigstens bis Mitte September ohne weitere Corona-Einschränkungen über die Runden kommen zu können.
Der Alpenverein Sektion Amberg
Im Jahre 1883, nur 14 Jahre nach Gründung des Deutschen Alpenvereins, gründeten engagierte Amberger Bürger die Sektion Amberg, heute eine von 356 Sektionen in ganz Deutschland. Rund 2900 Mitglieder, darunter viele aus ganz Deutschland, zählt die Sektion heute, die seit 1994 von Dr. Rolf Pfeiffer als Vorsitzender geführt wird. Durch die Mitgliedschaft erwirbt man vergünstigte Preise bei der Übernachtung auf allen Hütten des deutschen, österreichischen und des Südtiroler Alpenvereins. Zudem erhält man einen Versicherungsschutz z. B. bei Unfällen im Gebirge. Angesichts des gegenwärtigen Booms an Bergwanderern legt der Verein großen Wert auf Mitglieder, die sich für eine Ausbildung als Fachübungsleiter interessieren, z. B. als Tourenführer für Skitouren oder Hochtouren. Die Kosten für die Ausbildung, die DAV-intern durchgeführt wird, übernimmt die Sektion. Seit dem Jahr 2000 ist die Geschäftsstelle und die Kletterwand, eine besondere Attraktion in der Stadt Amberg, in der Alten Kaserne in der Dekan-Hirtreiter-Straße untergebracht. (www.dav-amberg.de)
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