Statt Kennenlern-Tour steht jetzt Krisenmanagement auf der Agenda des promovierten Theaterwissenschaftlers mit Zusatzausbildung Kulturmanagement. Den Herausforderungen dieser schwierigen Zeit stellt er sich mit kreativen Ideen, schwarzsehen ist seine Sache ohnehin nicht. Ein Gespräch über Theater, Orchester und Silberstreife am Horizont.
ONETZ: Herr Kern, Sie sind gerade mal ein halbes Jahr als Kultur-, Sport- und Schulreferent im Amt und stehen nun vor der wohl schlimmsten Krise, die für Ihren Tätigkeitsbereich denkbar ist. Die Einarbeitungsphase haben Sie sich sicher anders vorgestellt, oder?
Fabian Kern: Absolut, damit konnte keiner rechnen. Die Einarbeitung wurde dadurch jäh unterbrochen. Eigentlich braucht man schon ein komplettes Jahr, um alles mitgemacht zu haben, um zu begreifen, wie die Menschen, die Kultur und alle hier ticken. Aber es ist jetzt trotzdem keine „stade Zeit“, wir haben jetzt sehr viel Arbeit, zum Beispiel mit Umplanen.
ONETZ: Wenn wir mal die letzten Pandemie-Wochen ausblenden, was hätte dann um diese Zeit auf Ihrer Agenda gestanden?
Fabian Kern: Die Ochsentour. Alle Akteure kennenlernen, Gespräche führen. Kultur und Schulen sind, bis auf zwei, zum Glück schon durch, jetzt im Frühling wären die Sportvereine an der Reihe gewesen.
ONETZ: Nun ist es anders gekommen. Welche Aufgaben und Herausforderungen füllen jetzt tatsächlich Ihren Arbeitstag? Gibt es Prioritäten?
Fabian Kern: Die Frage war: Was ist systemrelevant? Im Moment sind die Schulen ein großes Thema, wir warten auf ministerielle Vorgaben und sind dabei, den Schulbetrieb zu organisieren und auch die Beförderung.
ONETZ: Während sich für Schulen und Sport immerhin ein Silberstreif am Horizont abzeichnet, sieht es im Kulturbereich nach wie vor zappenduster aus. Womit rechnen Sie bis Sommer, was halten Sie für ausgeschlossen?
Fabian Kern: Zappenduster, ja, aber das muss man relativieren. Wenn sich die aktuellen Öffnungen bewähren sollten, gibt es Hinweise, dass auch Museen wieder öffnen können, wenn wir die Sicherheit gewährleisten können, auch die Stadtbibliothek. Unter bestimmten Auflagen könnte auch die VHS im Herbst mit einem angepassten Programm starten. Die Feste sind alle abgesagt. Beim Theater wissen wir schlicht und einfach nicht, wie es weitergeht, es gibt da so viele Imponderabilien. Ein Sinfoniekonzert ist unter der gegebenen räumlichen Situation zum heutigen Zeitpunkt im Stadttheater nicht vorstellbar, mit Orchestern überhaupt ist aktuell nichts absehbar.
ONETZ: Wie viele andere Häuser hat sich auch das Stadttheater Amberg mit dem Konzertmitschnitt des letzten Beethoven-Sonaten-Abends mit Pianist Herbert Schuch auf ungewohntes Terrain begeben. Wer hatte die Idee dazu und sind noch mehr solcher „Ersatzaktionen“ in Planung?
Fabian Kern: Die Idee kam von mir. Es war mir ein Grundbedürfnis das, was machbar ist, umzusetzen. Damit haben wir ein Zeichen gesetzt, dass die Kultur noch da ist. Es ist auch ein Signal für die direkt betroffenen, freischaffenden Künstler wie auch Herbert Schuch einer ist, dass sie nicht vergessen sind. Daher auch der Spendenaufruf für den Hilfsfonds der Deutschen Orchestervereinigung. Vielleicht kann man auch Lesungen oder Kammermusik streamen und damit signalisieren, dass das Theater noch da ist.
ONETZ: Nichtsdestotrotz bringt der komplette Kultur-Lockdown gewaltige wirtschaftliche Einbußen gerade auch für das Stadttheater mit sich. Können Sie diese schon ungefähr beziffern?
Fabian Kern: Das ist noch gar nicht abschätzbar. Da müssen wir den Kassensturz zum Jahresende abwarten.
ONETZ: Wird das die Institution Stadttheater als solche ins Wanken bringen?
Fabian Kern: Nein! Wir haben ein tolles, kreatives Team mit tollen Ideen. Es braucht aber Zeit, aus den beschränkten Ressourcen kreative Ideen zu entwickeln. Ich betrachte das jetzt als Konsolidierungsphase.
ONETZ: Im Frühling richtet sich der Blick ja traditionell auch schon auf die kommende Spielzeit 2020/2021. Werden Sie den neuen Spielplan wie gewohnt demnächst veröffentlichen?
Fabian Kern: Nein, zum Glück ist er noch nicht gedruckt. Die Theater-Gastspiele stehen schon fest, aber bei den Konzerten wissen wir nicht, was möglich ist. Wir müssen auch die Verträge überarbeiten.
ONETZ: Werden auch einige der abgesagten Veranstaltungen Platz finden oder kommt so eine Verschiebung, wenn überhaupt, erst in der Spielzeit 2021/2022 in Frage?
Fabian Kern: Wir versuchen zu verschieben, was zu verschieben ist. Zum Beispiel das Walther-Jubiläum vom Mai in den Herbst. Zwei Theatergastspiele sind aber definitiv gestrichen, weil sich die Tourneen nicht verschieben lassen.
ONETZ: Und wenn Sie sich jetzt zum Abschluss des Gesprächs etwas wünschen könnten, was wäre das?
Fabian Kern: Ich wünsche mir, dass wir alle gesund bleiben. Und Kraft, Kreativität und neue Impulse in dieser unvorstellbaren Zeit.
Fabian Kern
Dr. Fabian Kern wurde 1969 in Berlin geboren, hat Theater- und Medienwissenschaft sowie ergänzend Kulturmanagement studiert und promovierte in Theaterwissenschaft. Vor seinem Amtsantritt am 1. November war er unter anderem als Leiter des Kultur- und Tourismusreferats in Bayreuth tätig. (aks)
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