Das Schlimmste, was ein Anwalt tun kann, ist die Veruntreuung von Geldsummen, die eigentlich seinen Mandanten gehören. Zwei Tage lang verhandelte die Erste Strafkammer des Landgerichts gegen einen 49-Jährigen, der einst eine Kanzlei in Amberg betrieb und heute vor den Trümmern seiner Existenz steht.
Der Jurist, von Verhandlungsbeginn an umfassend geständig, hatte vornehmlich mit Insolvenzabwicklungen zu tun. Irgendwann vor Jahren kam es dabei zu finanziellen Unregelmäßigkeiten. Als die Polizei ermittelte, schrieb sie in ihre Anzeige zur Staatsanwaltschaft, dass der Anwalt bei einer Reihe von einzelnen Fällen knapp 80 000 Euro in seine Tasche wirtschaftete.
Psychisch erkrankt
Geschah das vorsätzlich? Im Prozess wurden mehrere Komponenten deutlich, die dem Ablauf der Unregelmäßigkeiten ihren Stempel aufdrückten. Der Mann litt an einer psychischen Erkrankung, er hatte als Folge daraus seine tägliche Arbeit nicht mehr im Griff und zweigte Mandantengelder ab, um andere Verbindlichkeiten zu begleichen. "In einem Teufelskreis", wie es nun der Kammervorsitzende Christian Frey in der Urteilsbegründung beschrieb. Die Veruntreuungen und Betrügereien mussten zwangsläufig ans Tageslicht kommen. Der Rechtsanwalt tauchte über viele Monate ab, als Ermittlungen der Kriminalpolizei gegen ihn liefen, und wurde erst im Sommer 2018 per Haftbefehl festgenommen. Im weiteren Fortgang des Verfahrens entzog ihm die Rechtsanwaltskammer seine Zulassung.
Vertreten von Rechtsanwältin Selina Riemer hatte der Jurist bereits zu Prozessbeginn seine Verfehlungen gestanden. Unmittelbar darauf ließ der Gerichtsvorsitzende Christian Frey anklingen, eine Haftstrafe "im bewährungsfähigen Bereich" sei für die Kammer vorstellbar. Eine solche Einordnung der einzelnen Straftaten erfolgte dann auch: Der 49-Jährige bekam eineinhalb Jahre Gefängnis mit Bewährung. Den angerichteten Finanzschaden hat er zwischenzeitlich zumindest teilweise beglichen. Das Urteil lag in der Mitte der zuvor beantragten Ahndungen. Rechtsanwältin Riemer hielt 15 Monate mit Bewährung für ausreichend. Staatsanwalt Oliver Wagners Forderung lautete auf 22 Monate mit Bewährung. Wagner hatte der Kammer auch empfohlen, ein fünfjähriges Berufsverbot auszusprechen. Davon sahen die Richter ab.
Bewährungshelfer an der Seite
In seiner Begründung sagte der Vorsitzende, dem Mann sei durch die Anwaltskammer in Nürnberg seine Zulassung entzogen. Dass er längerfristig den Beruf nicht ausüben könne, stehe aus Krankheitsgründen fraglos fest. Im Urteil wurde dem 49-Jährigen aufgegeben, eine nervenärztliche und psychotherapeutische Behandlung fortzusetzen. Dem Juristen, unterdessen nicht mehr in Amberg wohnhaft, wurde außerdem ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt.
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