Betrugsversuch an TV 1861 Amberg: Urteil nach fünf Verhandlungstagen

Amberg
09.05.2023 - 11:12 Uhr
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Der Angeklagte hoffte auf Freispruch. Doch zum Schluss kam es dick für ihn: Weil er mit dabei war, als der TV 1861 Amberg per Betrug um viel Geld gebracht werden sollte, muss ein 38-Jähriger nun vier Jahre ins Gefängnis.

Thomas Bärthlein, Vorsitzender des TV 1861 Amberg, erstattete 2019 Anzeige. Seine Unterschrift war auf Überweisungsträgern imitiert worden.

Vier Verhandlungstage und zunächst kein Ende in Sicht. Doch in der fünften Prozessrunde ging alles sehr rasch vonstatten. Die 2. Strafkammer des Amberger Landgerichts unter Vorsitz von Jutta Schmiedel vernahm noch einen Zeugen und beendete dann eine bis dahin in kleinste Details reichende Beweisaufnahme. Dabei war, um nur ein Beispiel zu nennen, tatsächlich geklärt worden, ob der des gewerbsmäßigen Betrugs beschuldigte Afrikaner seine vor zwei Jahren bei Magdeburg absolvierte Führerscheinprüfung in deutscher oder französischer Sprache ablegte. "In Deutsch", erklärte ein Prüfer. Damit stand fest: Der Mann spricht bestens Deutsch, obwohl er im Verfahren jedes Wort auf Französisch übersetzen ließ.

Das passte zu dem, was später Oberstaatsanwalt Tobias Kinzler mit folgenden Worten brandmarkte: "Lug und Trug, was der Angeklagte hier zum Besten gegeben hat." Kinzler erinnerte an fünf betrügerische Vorgänge, bei denen zwischen März 2020 und März 2021 Vereine aus dem Bundesgebiet um Geld gebracht werden sollten. Wie das ging, war einfach erklärbar: Bei Banken trafen ausgefüllte Überweisungsträger der Clubs ein, wobei die Formulare mit den gefälschten Unterschriften der Vereinsvorsitzenden versehen waren.

Amberger Bank verhindert Schaden

Allein der TV 1861 Amberg wäre dabei in drei Fällen um jeweils sehr hohe vierstellige Summen gekommen. Doch ein Amberger Geldinstitut, bei der das TV-Konto verwaltet wird, stoppte die Falsifikate. Ähnlich ging es bei zwei weiteren Organisationen in Süddeutschland. Deshalb wurde, wie es später im Urteil hieß, "der angestrebte enorme Schaden vermieden".

Welche Rolle spielte der in Amberg vor Gericht sitzende Afrikaner in dem hochkriminellen Gefüge? Ob er Handlanger oder Triebfeder war, ließ sich letztlich nicht exakt klären. Vieles deutete darauf hin, dass hinter der Abzocke die weltweit operierende Verbrecherorganisation "Nigeria Connection" steckte. Gleichwohl wurde dies von Wahlverteidiger Jan Bockemühl in Frage gestellt. Der Regensburger Strafrechtsprofessor lenkte in seinem Schlussvortrag die Blicke auf den Umstand, dass nichts, "aber auch gar nichts", bewiesen sei. Von staatsanwaltschaftlicher Seite aus war kurz zuvor die Frage gekommen, wie es denn wohl sein könne, "dass sich der Beschuldigte gleich zwei Anwälte seiner Wahl" leisten könne. Der zweite Verteidiger, Sven Tamoschus aus Dessau, war am letzten Prozesstag verhindert.

Kein Amberger Einzelfall

Dreh- und Angelpunkt der betrügerischen Angriffe auf Kontos deutscher Vereine war eine Wohnung im Raum Magdeburg. Dort lebte der Angeklagte, dort gab es auch andere, die offenbar an dem kriminellen Winkelzügen beteiligt waren. Sie will der 38-Jährige nur beim Vornamen gekannt haben: Paul und Patrick. "Schutzbehauptungen wie vieles andere", wie es in der Urteilsbegründung hieß. Angeblich gingen dort Menschen ein und aus. Ein Kommen und Gehen.

Am Ende des fünften Prozesstages standen zwei völlig konträre Anträge. Oberstaatsanwalt Kinzler ("Er ist in größerem Stil in diese Betrugsmaschinerie involviert") verlangte vier Jahre Gefängnis. Verteidiger Bockemühl, nach der ersten Gerichtsinstanz zusätzlich vom Angeklagten ins Boot geholt, sah ein "Häufchen unschuldiges Elend" auf der Anklagebank und forderte Freispruch. Auch eine DNA-Spur, gesichert auf einem der Überweisungsträger, hielt ihn nicht von dieser Einordnung ab. "Eine sogenannte Mischspur. Sie könnte jedem hier im Saal gehören".

Anwalt wollte Freispruch

Was eine Stunde später im Urteil folgte, war ein Hammer für den 38-Jährigen. Der bereits seit 2021 in U-Haft sitzende Mann aus dem Benin wurde zu vier Jahren Freiheitsentzug verurteilt und damit zu sechs Monaten mehr als in erster Instanz vor dem Amberger Amtsgericht. "Sie haben sich hier mit Ihren Angaben der jeweiligen Beweislage angepasst", stellte Richterin Schmiedel in der Gesamtschau fest. In einem Nebensatz klang an, dass man keineswegs einen "naiven und unschuldigen Menschen" vor sich habe.

Bei den Angriffen auf sein Konto hätte der TV Amberg insgesamt um fast 30.000 Euro gebracht werden sollen. Bankbedienstete verhinderten das und stoppten die Überweisungen auf ein Konto in Frankreich. Was jetzt nicht zur Debatte stand, war: Der Turnverein und sein Vorsitzender Thomas Bärthlein waren zuvor schon einmal auf gleiche Weise um einen hohen vierstelligen Betrag gebracht worden. Erfolgreich damals für die Täter. Nur: Wer waren die? Diese Frage bleibt offen.

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