Es ist nicht allein die Bronchitis, die Martin Seibert durchschüttelt. Auch das Ergebnis seiner Partei bei der Wahl am Sonntag hat dem SPD-Stadtverbandsvorsitzenden zugesetzt. Deshalb wird es nichts mit dem Vorsatz, sich über so etwas nicht mehr zu ärgern.
Und so richtig kann er sich aufregen, wenn er hört, die Verluste müsse man jetzt erst einmal analysieren. Hier eine Untersuchung, dort ein Gutachten - "alles Geschwätz. Das erzählen wir seit 20 Jahren", sagt Seibert. "Wir brauchen wieder bessere Kontakte mit den Menschen. Wenn wir unsere Politik nicht verkaufen können an die Menschen, für die wir sie machen, dann stimmt doch was nicht mehr."
Das große Patentrezept, wie die SPD dabei vorgehen muss, hat auch Seibert nicht parat, aber einige Symptome kann er benennen. Etwa den Verlust der Macher in der SPD. Früher hatte man die in Gestalt des Kümmersbrucker Bürgermeisters Rudolf Scheuerer oder des Landtagsabgeordneten Georg Weich, sagt der 65-jährige Seibert. "Zu denen konnte man mit seinen Anliegen hingehen, und die haben sich gekümmert." Heute dagegen lebe man in einer Welt der Call Center, auch bei den Parteien. "Man ruft dort an und bekommt keine Antwort." Die SPD müsse aber wieder dahin kommen, dass die Leute sagten: "Zu dem gehe ich, der hilft mir."
Als Anzeichen, dass die SPD den Kontakt zur Basis verloren hat, wertet Seibert, von Beruf Lokführer, auch die vielen jungen Leute, die direkt nach dem Studium eine Parteikarriere starteten. Die seien eben nicht nahe bei den Menschen, was aber beileibe nicht nur für die Sozialdemokratie zutreffe. Also braucht es in der Bayern-SPD personelle Konsequenzen? Seibert ist da skeptisch: "Wenn wir Leute absägen, das ändert doch nichts an unserem Bild."
Lässt sich dann wenigstens der Großen Koalition in Berlin der Schwarze Peter für den SPD-Einbruch zuschieben? "Das ist zu einfach gedacht", findet Seibert, selbst wenn er schätzt, dass eine Mehrheit der Amberger SPD-Mitglieder dieser Ansicht zuneigt. Opposition sei kein Allheilmittel: "Wir waren jetzt in Bayern in der Opposition, auch lange im Amberger Stadtrat. Und, haben wir da Stimmen dazugewonnen?"
Aber natürlich sei das Geschehen in der Groko ein Faktor für den Zustand der SPD. "Komischerweise ist man in Deutschland immer der Böse, wen man regiert." Wichtig sei es, in der Regierung jetzt "mal gescheite Politik" zu machen. Zum Beispiel mit einem anderen Modell für die Rente, einem, in das alle einzahlen. "Und da muss man den Leuten dann auch die Wahrheit sagen, nicht bloß: 'Das geht nicht.' Es geht alles, wenn man will."
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.