Amberg
19.03.2020 - 16:39 Uhr

Von Bologna nach Amberg – ein Appell

Knapp 750 Kilometer trennen Heike Mincolelli von ihrer Heimatstadt. Ihre aufrüttelnde Mahnung aus Bologna gilt nicht nur Ambergern. „Geht nur noch für das Nötigste raus!“

Die Piazza Maggiore in Bologna ist angesichts der Coronavirus-Welle fast menschenleer. Die italienische Regierung hat wegen der rasanten Ausbreitung des Coronavirus die Sperrungen und die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit auf das ganze Land ausgeweitet. Bild: Massimo Paolone/dpa
Die Piazza Maggiore in Bologna ist angesichts der Coronavirus-Welle fast menschenleer. Die italienische Regierung hat wegen der rasanten Ausbreitung des Coronavirus die Sperrungen und die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit auf das ganze Land ausgeweitet.

Knapp 750 Kilometer trennen Heike Mincolelli von ihrer Heimatstadt. Ihre aufrüttelnde Mahnung aus Bologna gilt nicht nur Ambergern: "Geht nur noch für das Nötigste raus!"

Heike Mincolelli, eine geborene Höpfel, war im Januar zuletzt in Amberg. Da habe sie sich noch überlegt, den Heimtrainer nach Italien mitzunehmen, aber sie entschied sich dann für die nächste Gelegenheit. Wann diese kommen wird, weiß niemand. Grenzschließung und Ausgangssperre auf unbestimmte Zeit sind die bekannten Folgen seit Ausbruchs von Covid-19.

Heike Mincolelli appelliert im Telefon-Interview mit Oberpfalz-Medien: "Seid vernünftig - bleibt daheim!" Damit dieser weltweite Katastrophenfall schnellstmöglich ein Ende haben kann. Bild: privat
Heike Mincolelli appelliert im Telefon-Interview mit Oberpfalz-Medien: "Seid vernünftig - bleibt daheim!" Damit dieser weltweite Katastrophenfall schnellstmöglich ein Ende haben kann.

Sie will keine Panik verbreiten, aber möchte aus erster Hand den Ernst der Lage beschreiben. Es ist ihr unverständlich, wie Menschen so fahrlässig handeln können und täglich in der Gegend flanieren. "Es sind nicht mehr nur die Alten oder Risikogruppen, die sterben", sagt sie. Weil nicht genügend Behandlungsmöglichkeiten und Betten in Krankenhäusern vorhanden sind, können nicht alle Infizierten aufgenommen werden. "Särge mit Leichen werden in einer Kirche in Bergamo laut der Italienischen The Post Internazionale gehortet, da nicht genügend Zeit für alle Beerdigungen ist", berichtet sie weiter.

"Jetzt lebe ich in einer Wolke", erklärt sie. Um ihre Wohnung verlassen zu können, muss sie einen Grund haben. Mit einer unterschriebenen Erklärung dürfe man Lebensmittel einkaufen, zur Arbeit oder zum Arzt gehen. Neu zu dieser Erklärung kommt jetzt das negative Attest. Wer positiv auf Covid-19 getestet wurde und das Zuhause verlässt, wird mit Bußgeld bis zur Gefängnisstrafe geahndet. "Noch können Deutsche ihre Chance für Spaziergänge nutzen, aber wenn sie sich weiterhin so verhalten wie bisher, wird es auch zur gezwungenen Isolation führen", vermutet Mincolelli. Ihr Ehemann ist einem anderen Risiko ausgesetzt. Er arbeitet in einem Altenheim als Pfleger.

Amberg18.03.2020

Besuche der Angehörigen sind seit zwei Wochen tabu. Zwar gelten die üblichen Maßnahmen wie obligatorische Masken und Handschuhe, aber dennoch ist jeder für den Selbstschutz und den der Bewohner eigenverantwortlich. Arbeitskleidung und private Garderobe sollte nicht gemischt werden. Mincolelli rät nicht nur zum regelmäßigen Händewaschen, sondern auch zur Desinfektion von Smartphones, Tastaturen, Türklinken und Lichtschaltern. "Vor allem muss sich jeder darüber im Klaren sein, dass man die Viren übertragen kann, auch wenn man völlig gesund ist."

Das Coronavirus war auch Mittel zum Zweck von Aufständen in Gefängnissen in ganz Italien. "Wenn wir diese Ausbreitung nicht bald unter Kontrolle haben, und da muss jeder individuell mitmachen, dann schließe ich kriminelle Aktivitäten auf Dauer nicht aus - vor allem aufgrund von Verlust von Arbeit und der daraus resultierenden finanziellen Existenzängste."

Gesellschaftlich sieht sie diese Herausforderung allerdings als Chance für ein besseres Miteinander. Weil sie jetzt nicht mehr ins Fitness-Studio gehen kann und den Heimtrainer in Amberg zurückgelassen hat, baute sie sich einen Stepper, um in Bewegung zu bleiben. Not macht eben erfinderisch.

 
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