Crystal-Schmuggel: Tschechische Spezialeinheit beobachtet Schwandorfer Dealer im Wochenendhaus

Amberg
06.10.2021 - 16:41 Uhr
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Premiere am Amberger Landgericht: Erstmals haben dort Beamte einer tschechischen Spezialeinheit zur Drogenbekämpfung ausgesagt. Sie schildern detailliert, wie sie angeklagte Schwandorfer beim Crystal-Handel beobachteten und zugriffen.

Das Strafgesetzbuch

Was sich momentan vor der Ersten Strafkammer des Landgerichts Amberg abspielt, lässt den Schluss zu, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Ermittlungsbehörden sehr eng geworden ist. Vor den Richtern sitzen drei Mitglieder einer Familie aus dem östlichen Kreis Schwandorf, die im dringenden Verdacht stehen, bei fünf einzelnen Touren aus einem Wochenendhaus nahe der tschechischen Stadt Cheb (Eger) insgesamt 1350 Gramm Crystal Speed abgeholt zu haben. Ein vierter Angeklagter, von Staatsanwalt Holger Bluhm ebenfalls vor die Justiz zitiert, stellte offenbar die Kontakte zu einem Drogenhändler im Nachbarland her.

Nach Tschechien fuhren eine 55-Jährige, deren 33 Jahre alter Sohn und dessen Ehefrau (26). Die drei Beschuldigten haben ihre Beteiligung unterdessen weitgehend eingeräumt. "Ich muss Verantwortung übernehmen", hat der 33-Jährige am zweiten Verhandlungstag über seinen Anwalt Christian Barthelmes (Bamberg) erklären lassen.

31 Euro pro Gramm

In der vom Verteidiger verlesenen Mitteilung an die Richter wurden Einzelheiten geschildert. Man erfuhr, dass ein 57-Jähriger aus Schwandorf die Kontakte nach Tschechien herstellte. Wörtlich: "Er hatte eine Superadresse in Tschechien, die Crystal Speed anbieten konnte." Bei einem ersten Treffen wurden Konditionen ausgehandelt. Auch sie waren für die deutschen Partner schlichtweg super: 31 Euro pro Gramm bei, wie sich später herausstellte, exzellenter Qualität des Rauschgifts. Dazu muss man wissen: Crystal Speed wird auf dem deutschen Schwarzmarkt mit bis zu 100 Euro im Grammpreis verhökert. Für die 1,35 Kilogramm wurden angeblich 44 800 Euro bezahlt.

Der 33-Jährige, Ehemann der neben ihm sitzenden 26-Jährigen, gab sich in seiner vom Anwalt vorgetragenen Erklärung als drogenabhängig zu erkennen. Einen eher geringen Teil der geschickt in Verstecken wie vorher präparierten Feuerlöschern und Metallrohren nach Deutschland gebrachten Crystal-Fracht will er selbst konsumiert haben. Fest steht aber auch: Es gab Abnehmer. Gegen diesen Personenkreis wurden unter Federführung des Staatsanwalts Bluhm polizeiliche Aktionen gestartet. Daraus resultierten weitere Haftbefehle.

Im Verlauf des zweiten Prozesstages traten erstmals tschechische Sonderermittler vor dem Amberger Landgericht auf. Was sie berichteten, sorgte für Spannung und ließ erkennen, dass der Kampf gegen Hersteller und Händler von Crystal Speed jenseits der Grenze unterdessen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln geführt wird. Die Fahnder von der in Prag ansässigen Sondereinheit "Nationale Rauschgiftbekämpfungszentrale" hatten sich auf die Spur eines Mannes gesetzt, der zwischen Cheb (Eger) und Sokolov (Falkenau) ein Wochenendhaus an einem Stausee besaß. Dort stand auch ein Wohnanhänger. Beide Objekte wurden von den Beamten über Wochen hinweg beobachtet.

Gespräche abgehört

Den Ermittlern blieb nicht verborgen, dass wiederholt zwei Frauen und ein Mann in einem "Daimler"-Pkw mit deutscher Zulassung vorfuhren. "Am Anfang", so hörten die Amberger Richter von einem der Zivilfahnder, "wussten wir nicht, was in dem Haus und im Wohnwagen vor sich ging." Dann kamen Weisungen der Kreisstaatsanwaltschaft Sokolov, die dazu ermächtigten, in geheimer Aktion Überwachungstechnik zu installieren. Von diesem Augenblick an taten sich die operativ arbeitenden Kriminalbeamten leichter. "Wir hatten Bilder, konnten Gespräche aufzeichnen", hörte die Strafkammer.

In einem den Richtern vorliegenden Aktenordner ist nun lückenlos niedergelegt, was die Nachforschungen auf tschechischer Seite ergaben. Ihren Landsmann, der als Jan B. in den Unterlagen eine dominierende Rolle spielt, haben die Prager Sonderermittler festgenommen. Auf deutscher Seite kümmerte sich Staatsanwalt Bluhm um alle weiteren Schritte. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.

OnetzPlus
Schwandorf04.10.2021

Er hatte eine super Adresse in Tschechien, die Crystal Speed anbieten konnte.

Einer der Angeklagten über seinen Komlizen.

 
 

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