Warum auch heute nach über 100 Jahren noch die Piaf? Es ist diese Stimme, die sich von Anfang an behaupten musste. Aus dem Bauch heraus, schonungslos und echt. Sie transponiert etwas, das weit über den Intellekt hinausgeht. Ihre Stimme trifft einen ganz unmittelbar. Ihr Gesang kommt tief aus der Seele. Damit berührt sie Menschen, ob man ihre Texte verstand oder nicht. Heleen Joor ist eine großartige Sängerin: Liebes-Leid und Welt-Schmerz der Chansons sind bei ihr bestens aufgehoben.
Tod, Prostitution, Liebe
Die Piaf-Chansons handeln vom Tod, von Prostitution, von der Liebe, von den Geschichten der kleinen Leute und der Sehnsucht nach dem besseren Leben. Da hört man den Schmerz heraus – da geht’s ans Eingemachte. Je ne regrette rien, L’accordéoniste, La vie en Rose… sind die unvergessenen Chansons der einzigartigen Edith Piaf. Heleen Joor scheut den Schmerz, die leidenschaftlichen Gefühle nicht. Aus ihrem Gesang hört man das Echte, das Rohe, das Existenzielle. Im schwarzen Kleid steht sie am Mikrophon. Die Stimme berührt, weil sie offen, verletzlich und authentisch ist. Ihr Ausdruck ist von einer kraftvollen Schönheit und packenden Intensität, die unter die Haut geht und kein Herz unbewegt lässt. Wenn man die Augen schließt, dann meint man die Piaf live zu erleben.
Kaum zu glauben, wie einfühlsam das große Orchester die Geschichten kompromisslos, authentisch und mit viel Gefühl interpretiert und mit sensiblem Spiel die passenden Gefühls- und Stimmungswelten schafft. Valery Lapko am Dirigentenpult liefert ein herausragendes Meisterstück. Mit beinahe sportlichem Elan treibt er seine Musiker zu spannenden Momenten, die mit sicht- und hörbarer Freude dem flotten Dirigat folgen. Mit Flöte, Klarinette, Trompete und sämtlichen Blas- und Schlaginstrumenten, ergänzt durch Akkordeon und Klavier werden vielschichtige Musikerlebnisse gebaut - von zart- und zärtlich zu tiefbewegend und heroisch laut.
Sogar die Techniker zaubern
Maestro Lapko und seine feschen Musiker*innen begeistern das Publikum auch mit den schwierigen Orchesterwerken wie „An American in Paris“ oder „Paris Montmartre“. Los geht’s mit der Marsailles-Melodie. Dazu zaubern die Techniker ein Blau-Weiß-Rot-Tricolore-Farbenlichtspiel an die Bühnenrückwand. Auch für die folgenden Chansons passt das Lichtkonzept wie angegossen. Liebevoll und engagiert wurde bei diesem Konzert an alles gedacht. Auch die Moderation gefiel. Bestens verständlich und charmant berichtet die Sprecherin aus dem Leben der Chanteuse und übersetzt die Inhalte der Balladen. Der Abend ist außergewöhnlich. Dafür gibt es donnernden Applaus.













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