Amberg
17.02.2025 - 12:02 Uhr

Fraunhofer und OTH sehen in Kreislaufwirtschaft große Chancen für Amberg-Sulzbacher Unternehmen

Eine Welt ohne Müll, Produkte, die komplett recycelbar sind? Das ist möglich, und die Unternehmer im Landkreis Amberg-Sulzbach wissen nun, wer ihnen bei Problemen hilft: Fraunhofer Umsicht und OTH Amberg-Weiden sind bereit zur Kooperation.

Der Unternehmerabend zum Thema „Kreislaufwirtschaft – Wege zur nachhaltigen Energie- und Rohstoffversorgung“, den das Landratsamt in Schloss Theuern einberufen hatte, brachte über 160 regionale Unternehmer und Interessierte zusammen. Landkreis-Wirtschaftsförderin Angela Seidel und ihre Mitarbeiterin Martina Bösl hatten die Veranstaltung organisiert. Impulsvorträge öffneten neue Perspektiven, das anschließende zwanglose Gespräch brachte viele erste Verknüpfungen.

Energie und Rohstoffversorgung für die industriereiche Region Amberg-Sulzbach stellte Landrat Richard Reisinger in den Mittelpunkt. „Die Ostbayerische Technische Hochschule Amberg-Weiden und das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik Umsicht in Sulzbach-Rosenberg haben sich als wahrer Segen für die Region erwiesen“, betonte er.

Unternehmer, Bürgermeister, Politiker und viele andere Interessenten warteten gespannt auf den Vortrag von IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Helmes, der die ostbayerische Wirtschaft im Vergleich besser dastehen sah als den Rest: „Wir haben die meiste Industrien und die höchste Exportquote.“ Und doch schrumpfe das Bruttoinlandsprodukt nun schon zum dritten Mal – das habe es nach dem Krieg noch nie gegeben. Die Investitionen der Industrie beschränkten sich auf reine Erhaltung und Ersatz, Millionen würden demnächst anderswo investiert, sagte Helmes: „Das ist echte Deindustrialisierung.“ Die Exporte, bisher stets Motor das Wachstums, brächen um 28 Prozent ein. „Es muss dringend etwas passieren bei den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen“, forderte Helmes unter dem Beifall der Zuhörer, „unsere Unternehmer sind wettbewerbsfähig, die Bedingungen sind es nicht.“

Den bayerischen Wissenschaftsminister Markus Blume zitierte Hochschul-Präsident Professor Clemens Bullita: „Mutig miteinander machen.“ Die Kreislaufwirtschaft schone Energie und Rohstoffe und sei weitgehend CO2-neutral. Er sah darin großes Wachstumspotenzial und erinnerte daran, dass die OTH bekannt sei als Partner für Energiethemen. IHK, Landkreis, Technologie-Transfer-Zentren und die OTH arbeiteten hier gut zusammen.

Professor Matthias Franke, Leiter von Fraunhofer Umsicht in Sulzbach-Rosenberg, und Professor Mario Mocker aus der Fakultät Maschinenbau/Umwelttechnik der OTH, wechselten sich ab mit ihrem Vortrag zum Thema Kreislaufwirtschaft. Franke stellte das Fraunhofer-Institut mit seinen rund 30.000 Mitarbeitern an 76 Standorten kurz vor: 6200 Kunden aus der Wirtschaft und die öffentliche Hand bestritten 70 Prozent der Aufträge mit einem Gesamtjahresumsatz von etwa drei Milliarden Euro.

In Sulzbach-Rosenberg reicht laut Franke die Geschichte von der Klöckner-Stahlforschung über das ATZ-Evus bis hin zu Fraunhofer Umsicht. Heute arbeiteten dort rund 120 Menschen auf 2100 Quadratmeter Technikumsfläche und erwirtschafteten etwa zehn Millionen Euro Umsatz. Die Themen seien thermochemische Konversionsprozesse und Energiespeicherung, emissionsarme Verbrennungsprozesse und Prozesswärme-Lösungen sowie der Aufbau und Betrieb von industriellen Demonstrationsanlagen. In den Anlagen würden zum Beispiel Abfall- und Reststoffe in grünes Rohöl und Wasserstoff umgewandelt.

Franke forderte, in der angestrebten Kreislaufwirtschaft, Energie- und Rohstoffversorgung zusammenzudenken. Die globalen Rohstoffentnahmen, die CO2-Konzentration in der Atmosphäre und der Primärenergieverbrauch wiesen allesamt ein steiles, exponentielles Wachstum auf: Pro Jahr gebe es zum Beispiel 100 Milliarden Tonnen Rohstoffentnahme auf der Erde. Aufgabe sei, nachhaltige Rohstoffquellen zu erschließen: Biomasse, Abfälle und Kohlendioxid sollten Kohle, Erdgas und Erdöl komplett ersetzen können. Interessierte Unternehmen fänden jederzeit offene Türen für eine partnerschaftliche Entwicklung und Problemlösung.

Die OTH Amberg-Weiden stellte Professor Mario Mocker vor: 4274 Studierende, vier Fakultäten, 56 Studienprogramme und 474 Beschäftigte. Es gebe die Business-School in Weiden, die Fakultäten Wirtschaftsingenieurwesen und Gesundheit sowie Elektrotechnik, Medien, Information und Maschinenbau/Umwelttechnik in Amberg. Bei letzterer lägen die Kernkompetenzen in Kunststofftechnik, Erneuerbaren Energien und Umwelttechnik sowie Innovationsmanagement und Patentbereich. Ein Hauptziel, das erfolgreich angestrebt werde, sei die Vernetzung zwischen Hochschule und regionaler Wirtschaft.

Besonders die energetische und stoffliche Nutzung von Abfällen wie Rest- und Sperrmüll, Bioabfall und Verpackungen stehe im Mittelpunkt, erklärte Mocker. Es gehe auch um Abfälle zur Energieerzeugung aus Gewerbe, Abwasser- und Abfallbehandlung wie Klärschlamm, aber auch Altreifen, Bauabfälle, Lösemittel und Sondermüll. Von den rund 400 Millionen Tonnen Abfall jährlich würden nur sehr wenig, etwa 2,9 Prozent, energetisch genutzt.

Mocker wies darauf hin, dass allein das Müllkraftwerk Schwandorf durch seine Technologie jährlich 123.000 Tonnen CO2 einspare, bisher insgesamt schon rund neun Millionen Tonnen. Aus Klärschlamm könne nachhaltiger Flugkraftstoff gewonnen werden, aus geschreddertem leichten Material aus Altfahrzeugen hole man Grundchemikalien zurück. Für interessierte Unternehmen ergäben sich immer wieder Möglichkeiten, Energiekonzepte zu entwickeln. Dafür gebe es in Bayern viele Programme und Angebote staatlicherseits, lautete das Angebot. Die Unternehmer machten gerne vom Angebot Gebrauch, Fragen zu stellen: Franke und Mocker wurden regelrecht umlagert, viele Probleme wurden an sie herangetragen.

 
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