Amberg
01.10.2023 - 16:47 Uhr

"Auch für Preußen geeignet": Bayerische Opernversionen im Stadttheater Amberg

Tränen soll es bei mancher Oper geben. Lachtränen fließen aber nur, wenn sich Conny Glogger, Gerd Anthoff und Michael Lerchenberg den großen Stoffen "Carmen", "Rigoletto" und " Der Barbier von Sevilla" mit bayerischem Charme annehmen.

Gerd Anthoff, Conny Glogger und Michael Lerchenberg (von links) bringen "Opern auf Bayrisch" nach Amberg. Bild: Matthias Reithmeier
Gerd Anthoff, Conny Glogger und Michael Lerchenberg (von links) bringen "Opern auf Bayrisch" nach Amberg.

Georges Bizets Carmen-Verehrer Don José zum bayerischen Sepp zu machen, Giuseppe Verdis „Rigoletto“ in die Geschichte vom Grafen von Dachau umzumodeln und Gioachino Rossinis berühmtesten aller Barbiere von Sevilla nach Ruhpolding zu verpflanzen – das muss man sich trauen und vor allem können. Der Schriftsteller Paul Schallweg konnte es wie kein anderer und liefert damit dem hochkarätig besetzten Ensemble von „Opern auf Bayrisch“ auch noch Jahre nach seinem Tod 1998 besten Unterhaltungsstoff.

„Sein schräger Blick Wesentliches und Unwesentliches gereimt ins Absurde und Komische zu transponieren“, macht Schallwegs Verse für Conny Glogger so einzigartig. Gerd Anthoff mag den trockenen Humor, Michael Lerchenberg begeistert sich für das Überraschende: „Schier unglaublich, wie er den Dialekt beherrscht und auf was für Wendungen, Reimformen und Ideen er kommt.“

Dialektkundige im Vorteil

Aus seiner Sicht erzählen die einzigartigen Opernbearbeitungen das Wesentliche der Geschichte – und seien vor allem viel komischer. Sein Kollege Anthoff schätzt ebenfalls „das heitere Vergnügen, auch bei hochdramatischen und tragischen Opern“. Perfekte Kenntnisse des Bayerischen sind dabei keine Grundvoraussetzung oder wie er es auf den Punkt bringt: „Auch für Preußen geeignet, selbst wenn die nicht alles verstehen.“ Dialektkundige seien jedoch beim Genuss der bayerischen Feinheiten im Vorteil, ergänzt Lerchenberg im Rahmen der mit allen drei Künstlern schriftlich geführten Interviews.

An der seinen Angaben zufolge durchaus parodistisch durchsetzten Musik können sich ohnehin alle erfreuen. Trotz des auch hier gültigen Grundsatzes „Ohne Musik keine Oper“ gelte es allerdings zu beachten, dass Schauspieler keine Sänger sind, erinnert Conny Glogger: „Und wenn wir trotzdem hin und wieder singen, tragen wir ausschließlich dazu bei, dass sich das Publikum amüsiert!“ Wären, frei nach Mark Twain, Opern ohne Gesang überhaupt vielleicht ein größerer Genuss? „Auf keinen Fall“, findet sie. Gerd Anthoff schreibt dazu: „Wenn wir selber mal singen, dann schon.“ Michael Lerchenberg differenziert: „Da würde ich sagen, das hängt von den Sängern ab. Heute sind eher die Regisseure das Problem. Ich würde gerne wissen, wie Mark Twain das formuliert hätte.“

Ping-Pong auf der Bühne

Conny Glogger stieß vor mehr als 20 Jahren „als Nachfolgerin der großartigen Ruth Kappelsberger“ zur Kult-Produktion und empfindet es nach wie vor als großes Vergnügen, mit den Kollegen Lerchenberg und Anthoff zu arbeiten. Ersterer beerbte vor rund 25 Jahren den legendären Gustl Bayrhammer, war aber schon zuvor Mitglied des Ensembles. Dass das aktuelle Trio sehr offen sei im Spiel miteinander, weiß Lerchenberg zu schätzen: „Da entsteht spontan oft viel Neues und auch für uns Überraschendes – auch nach über 30 Jahren! Da macht es Spaß, quasi Ping-Pong zu spielen. Vor allem, wenn es gilt, mal eine Panne auszubügeln, dann kann es sein, dass wir zur Hochform auflaufen." Die Frage nach eventuell Gewöhnungsbedürftigem in der Zusammenarbeit findet Gerd Anthoff übrigens "seltsam". Er würde doch niemals irgendeine Kritik in der Öffentlichkeit gegen seine Kollegen äußern: „Ist abgesehen davon auch nicht nötig.“

Große Oper ist den Schauspielern über die eigenen Aufführungen hinaus nicht fremd: Gerd Anthoff, für den alle Opern von Claudio Monteverdi in der Kategorie "Liebling" rangieren, erlebte zuletzt „Peter Grimes“ in München. Conny Gloggers besuchte im Juli eine Vorstellung von „Figaros Hochzeit“ im Staatstheater am Gärtnerplatz und erzählt, dass sie im Repertoire der "Opern auf Bayrisch" Wolfgang Amadeus Mozarts "Die Zauberflöte" am liebsten hat. Michael Lerchenberg schwärmt immer noch von Italien: „Ich war mit meiner Frau 2021 in der Arena von Verona. Das war ein alter Traum von mir und ja, es war ein phantastischer Abend! Hervorragende Musik eine gute, ansprechende Inszenierung, ein warmer Sommerabend, anschließend ein gutes Essen auf der Piazza vor der Arena. Was will man mehr!“ Sein Favorit: „Vielleicht Rigoletto?“

Dass an solchen Abenden mit originalem Stoff die Gedanken Richtung bayerischer Umdichtung abschweifen, kann Conny Glogger so nicht bestätigen: „Aber ich freue mich, wenn ich das musikalische Original höre, über die wunderbaren kurzen Musikzitate, die es bei uns, bei den „Opern auf Bayrisch“ von unserem großartigen Orchester gibt“. Wenn Michael Lerchenberg dagegen eine Oper sieht, die auch das Ensemble im Programm hat, denke er immer an die Parodie: „Das hat dann noch mal einen ganz anderen Reiz!“

Noch gibt es übrigens Texte, die man noch nicht aufgeführt hat, weiß Conny Glogger. Aber was, wenn der Schallweg'sche Fundus doch mal leer ist? Gerd Anthoff kann sich keinen Nachfolger vorstellen. Conny Glogger hofft in Richtung Michael Lerchenberg. Und der winkt bei aller Hochachtung vor Schallwegs Leistung und dichterischer Fantasie nicht kategorisch ab, schränkt aber ein: „Nachdem ich mich selbst manchmal für Ensemble-interne Feste an diesen Reimen und Opern versuche, aber im sehr kleinen Rahmen, weiß ich, wie verdammt schwer das ist.“

Hintergrund:

Zu Personen und Veranstaltung

  • Conny Glogger, Schauspielerin, Moderatorin, künstlerische Sprecherin beim BR, geboren in Günzburg, aufgewachsen in Garmisch-Partenkirchen, Schauspielausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule, Studium der Theaterwissenschaft an der LMU, u.a. Hauptrollen in den Serien "Glückliche Reise", "Tierarzt Dr. Engel" und "Geschichten aus dem Nachbarhaus"
  • Gerd Anthoff, Theater-, Film- und Fernsehschauspieler, geboren und aufgewachsen in München, Engagements u.a. an den Münchener Kammerspielen, am Volkstheater München, am Staatstheater am Gärtnerplatz, bei den Salzburger Festspielen, Rollen in den Serien "Löwengrube", "Die Hausmeisterin", "Café Meineid", "Der Bulle von Tölz" und "Unter Verdacht", ausgezeichnet u.a. mit dem Adolf-Grimme-Preis 2003 und dem Bayerischen Verdienstorden 2010 .
  • Michael Lerchenberg, Schauspieler, Regisseur, Autor, Intendant und Dozent, geboren in Dachau, Studium Theaterwissenschaft, Germanistik und Geschichte, 1977-1979 Otto-Falckenberg-Schule, u.a. Rollen in den Serien "Löwengrube", "Der Bulle von Tölz", war Edmund-Stoiber-Darsteller und Bruder Barnabas beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg, von 2004 bis 2017 Intendant der Luisenburg-Festspiele in Wunsiedel
  • Opern auf Bayrisch am Freitag, 6. Oktober um 19.30 Uhr im Stadttheater Amberg mit "Carmen-oder: Wia d'Liab an Sepp zum Mörder gmacht hat", "Rigoletto- oder: Der Graf von Dachau" und "Der Barbier von Sevilla- oder: Der Bader von Ruahpolding", musikalische Leitung Andreas Kowalewitz, Philipp Jungk (Percussion), Musikensensemble Opern auf Bayrisch, Tickets bei der Tourist-Information Amberg unter Tel. 09621/101233.
 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.