Das Jubiläum der Pfarrei St. Georg, die vor 100 Jahren wiedergegründet wurde, bietet für die Provinzialbibliothek Amberg den Anlass, eine begleitende Ausstellung mit den Handschriften und Drucken aus dem Bestand der Amberger Jesuiten zu zeigen. Im ehemaligen Jesuitenkolleg am Malteserplatz sind sowohl die Pfarrei als auch die Provinzialbibliothek untergebracht.
"Die Pfarrkirche St. Georg ist mit ihrer Barock-Ausstattung stark jesuitisch geprägt, das schönste Buchmagazin der Provinzialbibliothek geht ebenfalls auf den Orden der Gesellschaft Jesu zurück", heißt es in einer Mitteilung der Bibliothek. Im historischen Lesesaal, der mit seinen Deckengemälden und der Stuckdecke zugleich das größte Exponat der Ausstellung sei, sind demnach noch immer die Bücher der Jesuiten mit einheitlich grau gekalktem Rücken in den reich verzierten Eichenholzregalen aufgestellt.
1621 als Feldgeistliche
Kurz nachdem der bayerische Herzog Maximilian zum Dank für seinen militärischen Einsatz und Sieg gegen die protestantische Union in der Schlacht am Weißen Berg bei Prag die oberpfälzischen Gebiete erhalten hatte, kamen 1621 die ersten Jesuiten als Feldgeistliche nach Amberg. Sie spielten eine wichtige Rolle bei der Verbreitung des katholischen Glaubens in der Oberpfalz, deren Bevölkerung bis dahin überwiegend lutherisch war oder – nach dem Willen der Kurfürsten von der Pfalz – dem reformierten Bekenntnis anhing. Zur Erfüllung ihrer vorrangigen Aufgaben, der Bildungs- und Missionsarbeit, hatten die Priester der Societas Jesu von Anfang an Zugriff auf die Bibliothek im kurfürstlichen Pädagogium, die den wertvollen Buchbestand aus den um 1556 säkularisierten Klöstern der Oberpfalz enthielt und auch Bücher aus der Bibliothek bei St. Martin wurden ihnen überlassen.
Der bis zur Auflösung des Ordens 1773 geführte Katalog der Jesuitenbibliothek umfasst etwa 7100 Titel mit 9100 Bänden. 3400 Bände können noch heute eindeutig der Provenienz Jesuitenkolleg Amberg zugeordnet werden. Dublettenverkäufe und ein Brand führten zu größeren Verlusten. Aus diesem geschriebenen oder gedruckten Erbe der Jesuiten ist nun eine repräsentative Auswahl von Büchern zu sehen. Das Ausgabenbuch des Jesuitenordens, Berichte an den Ordensprovinzial in München oder das Tagebuch der Marianischen Kongregation entstanden im Jesuitenkolleg Amberg.
Auch in Asien tätig
Schon bevor der „neue Orden“ nach Amberg kam, wirkten die Jesuitenpriester in Asien, Süd- und Nordamerika. Frühe Atlanten mit Weltkarten, Reisebeschreibungen, ihre Missionsberichte und wohl auch der Erd- und Himmelsglobus von Mercator stammen aus der Jesuitenbibliothek. Der Orden übernahm die Bildung der künftigen Eliten und leitete Gymnasium und Lyceum in Amberg. Die für den Unterricht notwendige Literatur sowie die für ihre Aufgaben in Predigt und Seelsorge benötigten Bücher haben sich teilweise noch aus dem 15. Jahrhundert erhalten. Zu den heute noch bekannten Barockschriftstellern gehören mit ihren exotischen Romanen und berührender Lyrik in Amberg wirkende Jesuiten.
Marienheiligtum auf dem Berg
Bei der Verbreitung des katholischen Glaubens setzte der Orden auf die sinnliche Glaubensvermittlung mit Wallfahrten, Bildern und Theater. Auf Anregung des ersten Rektors des Jesuitenkollegs, Caspar Hell, sollte zur Abwendung der Pest ein Marienheiligtum auf dem Berg errichtet werden, der Beginn der Wallfahrt auf den Mariahilfberg.
Mehr als 500 Periochen, also Programmhefte von Dramen, die an Jesuitengymnasien in Amberg und andernorts aufgeführt wurden, stehen in den Regalen der Provinzialbibliothek Amberg. Im Rahmen der jesuitischen Pädagogik waren die öffentlichen Inszenierungen spektakulär und inhaltlich ein gegenreformatorisches Programm auf der Bühne. Gleichzeitig dienten sie dazu, Latein in Wort und Schrift zu üben.
Luther und Melanchthon
Einen besonderen Bestand stellen die sogenannten „Libri haeretici“ dar, circa 800 Bände mit etwa 2000 Titeln. Es handelt sich laut der Mitteilung der Provinzialbibliothek um reformatorische „Ketzerliteratur“. Autoren wie Luther, Melanchthon oder Zwingli sind darunter zu finden. Beim Übergang der Oberpfalz an Bayern wurden diese unkatholischen Bücher beschlagnahmt und sollten schließlich öffentlich verbrannt werden. Nicht wenige dieser Schriften fanden jedoch vorher das Interesse der Jesuiten und haben so in ihrer Bibliothek überlebt.
Das Gedächtnis der Amberger Jesuiten
- Die Ausstellung ist noch bis 14. Juli im barocken Saal der Provinzialbibliothek zu sehen.
- Die Öffnungszeiten sind montags bis donnerstags von 10 bis 12.30 und 13.30 bis 16 Uhr sowie freitags von 10 bis 13 Uhr. Führungen für Gruppen sind nach Vereinbarung auch außerhalb dieser Zeiten möglich.
- Donnerstag, 29. Juni, 19.30 Uhr, im Barocksaal Begleitvortrag vor Dr. Werner Schrüfer: Wie Amberg wieder katholisch (gemacht) wurde.
Der Eintritt ist ebenfalls frei.
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