Zum Titel des Programms haben ihn Bautafeln wie "Arge U-Bahnbau" inspiriert, erklärt Georg Ringsgwandl beim Interview mit Oberpfalz-Medien. Darüber hinaus changiere die Zusammenarbeit mit der Band manchmal auch zwischen "Arbeitsgemeinschaft" und "arg" im engeren Sinne. Letzteres relativiert sich aber schnell, wenn Ringsgwandl um ein paar Vorschusslorbeeren für seine "repräsentativ zusammengestellte, genderfluide" Begleitung gebeten wird: "Das sind unglaublich gute Musiker, Gitarrist Daniel Stelter zählt zu den drei Besten Deutschlands". Weil dieser wie Bassist Stefan Kahn und Schlagzeuger Tommy Baldu aus Rheinland-Pfalz stammt, sprudelt auch gleich ein Überschriften-Vorschlag fürs Gastspiel in der Oberpfalz: "Pfälzer wie du und ich".
Auch Georg Ringsgwandl ist vertraut mit der Region. In Amberg sei er schon öfter gewesen, konkret benennen kann er seinen Auftritt mit Nick Woodland 1994 im Stadttheater. Schöne, wenn auch ziemlich vernebelte Erinnerungen hat er zudem an den Auftritt seinerzeit im Kulturzelt Sulzbach-Rosenberg: "Eine Wahnsinnsgaudi, wild ist es zugegangen, das Zelt rammelvoll". Details wie der anschließende Diskobesuch und der darauf folgende, spätnächtliche Polizeieinsatz vor dem Hotel wegen des vergessenen Schlüssels wabern dagegen in alkoholbedingtem Dunkel. Diese Zeiten sind natürlich lange vorbei. Wenn er heute Drogen braucht, sagt er, setzt er auf auf kleine Eingriffe mit legalen Vollnarkosen: "So ein Wimmerl hat man ja immer. Oder man lässt sich den Magen spiegeln."
Ein Leben ohne Auftritte? Denkbar!
Ein Leben ohne Auftritte wäre für ihn übrigens denkbar: "Wenn ich nicht muss, gehe ich nicht weg." Arbeiten, was Spaß macht und gelingt, sei andererseits das schönste Leben, das er sich vorstellen könne. Klar ist ihm dabei auch, dass er nur so lange auf der Bühne steht, so lange das Publikum das möchte.
Andernfalls könnte er sich ja dem Garten widmen, zum Beispiel einen Zen-Garten anlegen, oder als Seiteneinsteiger und Hilfslehrer Kindern die Grundrechenarten vermitteln. Oder aber weiter an der Karriere als Schriftsteller feilen. Der erste Roman über eine junge Frau, die lange mit auf Tour war, bevor sie spurlos verschwand, hat schon die erste Straffung von 1100 auf 400 Seiten hinter sich und soll Mitte Juni erscheinen, so Ringsgwandl.
Der berufliche Kreis schließt sich
Die Heilkunde dagegen ist wohl keine Option mehr. "Vor genau 30 Jahren, Anfang Februar 1993, bin ich aus der Medizin ausgeschieden", erinnert sich der ehemalige Oberarzt. "Manche Patienten waren froh, dass der Verrückte weg ist, manche waren traurig und die Schwerkranken haben es eh nicht gemerkt." Sein eigenes Bedauern bleibt auf die Tatsache beschränkt, dass das Kreiskrankenhaus Garmisch – anders als gedacht – durch seinen Weggang nicht zusammengebrochen ist.
Mit "Arge Disko" schließt sich der berufliche Kreis aber doch ein bisschen, befürchtet Georg Ringsgwandl, dem der Doktortitel nicht wichtig ist für sein Befinden. Den Begriff "Disko" legt er weit aus, über Lebensphasen wandernd und vor allem als Schmelztiegel prallen menschlichen Lebens – von der Disko der Jugend über die Drama-prädestinierte Kita- und Golfplatz-Disko bis zur Arzt-Disko, mit der er sich ja wie kein anderer auskennt.
Das Publikum ermahnen oder politisch belehren wird er aber in keinem Fall. Er halte es vielmehr für eine Unverschämtheit, wenn nicht gar Beleidigung, wenn ein einzelner Kabarettist heutzutage glaube, einem ganzen Saal voller Menschen sagen zu müssen, was Sache ist: "Die Leute können lesen, hören Radio, haben Fernsehen, Internet und besitzen in ihrer Gesamtheit mehr Intelligenz als der oder die Einzelne auf der Bühne."
Daraus zu folgern, Georg Ringsgwandl sei ein unpolitischer Künstler, wäre allerdings ein kapitaler Fehler. Die autokratischen Tendenzen in vielen Nachbar-Regierungen treiben ihn durchaus um. Das sei der Gang der Geschichte – kein Grund zur Nervosität, aber ein Punkt, über den man sich klar sein müsse in der komplizierten Gesellschaft, in der wir leben.
Gejammer und Panikmache
Angesprochen auf seinen "Garten-Nazi" aus dem Jahr 2001 und die diesbezüglichen Entwicklungen seither, konstatiert Ringsgwandl: "Rechtsradikale sind auf der ganzen Welt ein Problem. Ich bin aber nicht sicher, ob es tatsächlich mehr werden oder ob sie nur mehr und ungefiltert in der Öffentlichkeit sind". Bei uns gebe es in dieser Hinsicht aber völlig zu Recht eine große Sensibilität: "Das Problem wird uns begleiten und erfordert ein waches Auge der Gesellschaft."
Im Übrigen hält er jedwedes Gejammer ob der schweren aktuellen Zeiten und die damit verbundene Panikmache für unzulässig: "Grausam und furchtbar war es zu allen Zeiten, Krieg hat es immer und zu allen Zeiten gegeben". Aber das sei eben oft weit genug weg gewesen, da habe man nicht so genau hinschauen müssen. Das Erschreckende und Furchtbare jetzt sei insbesondere die Tatsache, dass der Krieg nur ein paar Autostunden entfernt sei.
Wenn er aber die Wahl hätte zwischen 1953 und 2023, fiele seine Wahl ohne Zögern auf die Gegenwart: "Ich sage nur Zahnarzt." Dass er am Rosenmontag als unbescholtener Künstler in Amberg auftreten könne, liege einzig und allein daran, dass der Zahnarzt seiner Kindertage verstorben sei, bevor er die Möglichkeit hatte, ihn umzubringen. Er lacht.
Zu Person und Veranstaltung
- Georg Ringsgwandl, geboren 1948 in Bad Reichenhall, promovierter Arzt, Kabarettist und Liedermacher, Programmdebüt 1978 "Gurkenkönigs Hausfrauenshow", Album-Debüt 1986 "Das Letzte", ausgezeichnet u.a. mit dem Salzburger Stier (1987), dem Deutschen Kleinkunstpreis (Chanson/Musik/Lied 1988), dem Bayerischer Kabarettpreis (Musik 2006) und dem Bayerischen Kulturpreis (2017)
- Arge Disko mit Georg Ringsgwandl und Band am Rosenmontag, 20. Februar um 19.30 Uhr im Stadttheater Amberg, Tickets bei der Tourist Information Amberg unter Tel. 09621/101233
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