Den Australienhut von damals hat er immer noch: Wolfgang Dersch, damals Posaunist des bayerischen Landesjugendorchesters (BLJO), wird ihn auch immer in Ehren halten, denn so etwas wie eine Tournee durch den fünften Kontinent ist und bleibt unvergesslich. Jetzt machte sich der heutige Amberger Kulturreferent gemeinsam mit dem damaligen Orchesterwart Georg Huber aus Nürnberg daran, ein Treffen der Ensemblemitglieder von 1988 zu organisieren, genau 30 Jahre nach diesem Großereignis.
Der Einladung sind viele der damaligen Jungmusiker gefolgt. Auf der Bühne des Stadttheaters sahen sie einige zum ersten Mal seit 30 Jahren. Mit im Gepäck: bunte Erinnerungen, tolle Geschichten, Accessoires wie Derschs Australienhut und ein aufwendig digitalisierter Diafilm mit Privataufnahmen der damaligen Konzertreise, der den ersten Teil des Abends einleitete. Anschließend erhielten die Musiker, die nicht nur aus Bayern, sondern auch aus Hamburg, Berlin, Dresden, Wien und sogar Oslo angereist waren, bei lockerem Programm die Möglichkeit, alte Kontakte wieder zu intensivieren und auch Amberg kennenzulernen.
So stand am nächsten Tag auch eine Stadtführung auf dem Programm. Am Schluss waren sich alle einig, dass dies nicht das letzte Treffen gewesen sein wird. Zum 33-jährigen Jubiläum könnte es erneut in Amberg ein Wiedersehen geben, eventuell sogar mit einem kleinen Konzert, verrät Wolfgang Dersch.
Für viele der damaligen Jugendlichen war die Zeit beim BLJO ein Sprungbrett, auch als Berufsmusiker Fuß zu fassen. Zwei noch aktive Instrumentalisten berichten von ihrem musikalischen Werdegang. Beispielsweise Astrid Kirschner, die heute die zweite Geige beim Norwegischen Oper- und Ballett-Orchester spielt:
ONETZ:
Interview mit Astrid Kirschner, zweite Geige beim Norwegischen Oper- und Ballett-Orchester:
ONETZ: Wie kamen Sie nach Oslo?
Astrid Kirschner: Nach dem Abitur habe ich in Freiburg studiert und habe dort meinen aus Norwegen stammenden Mann kennengelernt. Ich bin nach dem Studium mit ihm mitgegangen. Mein Mann hat recht schnell eine Anstellung im Orchester bekommen und ich kurze Zeit danach. Wir spielen also im gleichen Orchester, er Bratsche, ich Geige.
ONETZ: Was hat Ihnen das BLJO bedeutet?
Astrid Kirschner: Auf dem Land gab es wenige Jugendliche, die auch klassische Musik mochten, von daher war das BLJO schon einschneidend. Mit 16 habe ich zum ersten Mal mitgespielt. Das hat mir unheimlich viel bedeutet und daraus entstanden viele Freundschaften, die bis heute halten.
Ich bin auch der Meinung, dass man in der Politik keine Abstriche bei der Kultur machen darf. Ich habe im Landesjugendorchester das Orchesterspielen gelernt, das Zusammenspiel, nicht nur, dass man sein Instrument beherrscht. Mitten in diesem Klangrausch einer Brahms-Sinfonie zu sitzen, was ich als erstes gespielt habe, das war eines dieser Gänsehauterlebnisse, denen man sein ganzes Leben lang nachjagt.
ONETZ:
Interview Fabian Dirr, Solo-Klarinettist in der Dresdner Philharmonie:
ONETZ: Wie war die Australienreise für Sie?
Fabian Dirr: Das war eine sehr einschneidende Arbeitsphase, weil sie so lange gedauert hat und weil es so wahnsinnig interessant war. Ich war 22 und eigentlich schon mitten im Studium, musste mich auch von der Bundeswehr freistellen lassen, aber ich wollte unbedingt mit. So eine Reise war damals etwas ganz besonderes, das ist nicht so wie heute, dass jeder da nach dem Abi mal eben ein Jahr hinfliegen kann.
ONETZ: Wie sind Sie zur Klarinette und dann zum BLJO gekommen?
Fabian Dirr: Ich hab vorher schon ganz klassisch Blocḱflöte gespielt und dann mit 10 habe ich mit Klarinette angefangen, war immer wieder bei kleineren Wettbewerben dabei und bin mit 15 einfach mal zu einem Vorspielen beim BLJO gegangen. Ich bin tatsächlich reingekommen, hätte damit aber nie gerechnet. Und ohne das BLJO wäre ich nie Musiker geworden, das hat viele Türen geöffnet, auch in mir drin. Wenn man Musiker werden will, ist es sehr schlau, in solche Jugendorchester zu gehen. Das ist das beste Networking überhaupt.
Im Jahr 1988 feierte Australien die 200 Jahre zurückliegende europäische Besiedlung. Durch besondere Beziehungen des damaligen Dirigenten des Landesjugendorchesters, Werner Andreas Albert, vertrat das bayrische Jugend-Ensemble die Bundesrepublik Deutschland bei den Festlichkeiten in den großen Städten des fünften Kontinents. Einer der Höhepunkte für die rund 100 jungen Musiker: das Konzert im weltberühmten Opernhaus in Sydney. (tat)
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