Amberg
25.07.2024 - 11:08 Uhr

OTon: Beklaut auf dem Friedhof

Wer klaut schon am helllichten Tag? Unsere Volontärin Stefanie Swann ist ein eher gutgläubiger Mensch. Manche würden sagen, naiv. Zumindest war sie das. Denn nachdem ihr Rucksack abhandengekommen ist, ist das Grundvertrauen erstmal weg.

"Bitte nicht klauen" – Das würde ich dem Dieb gerne sagen. Symbolbild: Hendrik Schmidt
"Bitte nicht klauen" – Das würde ich dem Dieb gerne sagen.

Schluss mit der Naivität und dem Glauben an das Gute in jedem Menschen. Denn ich wurde beklaut. Und das nicht im Menschengetümmel einer Großstadt, sondern in Amberg – auf dem Friedhof. Ich startete gut gelaunt in den Tag. An diesem Mittwochmorgen sollte ich mit Menschen auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof sprechen. Ich machte mich zu Fuß auf den Weg dorthin.

Angekommen, machte ich meine Interviewpartnerin ausfindig. Eine Frau, die das Grab ihrer Familie pflegte. Ich legte meinen Rucksack auf eine Bank. Nahm meinen Notizblock und einen Stift raus. Mein Handy steckte ich in meine Hosentasche – zum Glück. Für eine Millisekunde dachte ich mir, wie dumm es ist, seine Wertsachen unbeaufsichtigt liegenzulassen. Doch der Gedanke war schnell wieder weg. Den schweren Rucksack wollte ich so schnell wie möglich ablegen. Ich ging zu der Frau. Das nette Gespräch dauerte höchstens fünf Minuten. Zurück zur Bank: Da war nichts. Kurz zweifelte ich an mir: War das die richtige Bank? Ich lief kopflos herum, ob mein Rucksack irgendwo in den Busch geworfen wurde. Nichts. Ich wusste, dass er weg war und setzte mich. Nach der Fassungslosigkeit kam der Ärger. Am meisten über mich. Weg waren Bargeld, Ausweispapiere und Schlüssel: nicht nur meiner, auch der zum Büro und zur Wohnung meines Partners. Bin ich wütend und überfordert, kommen mir oft die Tränen. Ein absurder Gedanke war: Wenigstens ist es nicht "komisch" auf dem Friedhof zu weinen. Der Ort hatte wohl schon mehrere Tränen gesehen.

Normalerweise gehe ich mit einem Grundvertrauen durchs Leben. Ich denke, Menschen sind generell gut. Wenn ich darüber nachdenke, hat das schon einmal dazu geführt, dass mein Handy geklaut wurde. Gleichzeitig gibt mir diese Einstellung Mut, alleine Länder zu bereisen, die andere eher meiden. Dass das ganze aber auf dem Friedhof passierte, scheint besonders dreist. Vielleicht hat eine der Seelen dort das gebraucht, was ich in meinem Rucksack hatte. Aber weg ist nun mal weg. So schnell mir die Tränen kommen, so schnell bin ich darin, mit Sachen abzuschließen, die nicht mehr zu ändern sind. Ich habe keine Zeit, Dingen lange nachzutrauern. Ich muss los. Wo war noch mal mein Autoschlüssel? Ach ja, den hab ich stecken lassen. Bin ja gleich wieder zurück.

 
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