Plastikplanen schützen jetzt 2600 Jahre Amberger Stadtgeschichte

Amberg
09.01.2023 - 13:43 Uhr
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Zwischen 2016 und 2018 rang Archäologe Mathias Hensch mit seinem Team dem Bürgerspital-Areal in Amberg gut 2600 Jahre Stadtgeschichte ab. Die Überreste sind seither Wind und Wetter ausgesetzt. Das ändert sich aber jetzt.

Aufmerksamen Bürgern sind die Plastikplanen unter Sandhaufen schon aufgefallen, die seit einigen Tagen die Reste der archäologischen Ausgrabungen auf dem Bürgerspital-Areal entlang des Spitalgrabens bedecken. Und ja, die Vermutung ist richtig, dass diese Maßnahme unmittelbare Folge der Empfehlungen des ersten Amberger Bürgerrats ist. Dieses Gremium aus 40 Frauen und Männern hat dem Stadtrat Ende 2022 eine Reihe von "Vorschlägen" für die Zukunft des Areals vorgelegt.

Darunter den "Wunsch", die noch vorhandenen archäologischen Zeugnisse Amberger Stadtgeschichte zu bewahren und zugänglich zu machen. "Auch darf die historische Vergangenheit nicht vergessen werden und Mauerreste und Keltengrab müssen bei der Planung der Freiflächen einbezogen werden sowie sichtbar bleiben; ein Anspruch, der auch für Gebäude, die über historischen Mauerresten errichtet werden, gelten soll", heißt es dazu wörtlich in Punkt 6 der vom Bürgerrat vorgelegten Empfehlungen.

Reste werden jetzt geschützt

"Nachdem der Bürgerrat die Ausgrabungen erlebbar machen will, hat das städtische Baureferat dafür Sorge getragen, dass sie geschützt werden", begründet Thomas Graml aus der städtischen Pressestelle die konkrete Maßnahme auf Anfrage von Oberpfalz-Medien. "Damit sie nicht weiter verwittern oder verloren gehen." Bei den Mauerresten handelt es sich hauptsächlich um die Fundamente des ersten Amberger Bürgerspitals aus dem Jahr 1317 sowie ein großes Keltengrab aus vorchristlicher Zeitrechnung.

Archäologe Mathias Hensch hat zwischen 2016 und 2018 auf dem Bürgerspital-Areal eine Reihe zum Teil großes aufsehenerregende historische Funde gemacht. Dabei sollte er ursprünglich nach dem Motto "drei Leute, drei Wochen" nur die offiziellen Vermutungen bestätigen: Dass auf dem Bürgerspital-Areal keinerlei Zeugnisse der Amberger Stadtgeschichte mehr zu finden sein würden, da das Gelände immer wieder neu bebaut und umgegraben worden war.

Tatsächlich gruben sich Hensch und sein Team an insgesamt 226 Arbeitstagen über beinahe zwei Jahre hinweg durch 2600 Jahre hochspannende Amberger Stadtgeschichte. Angefangen von den Hinterlassenschaften der Kelten, die sich in der Hallstattzeit (800 bis 450 v. Chr.) hier angesiedelt haben, um erstmals Eisen aus dem Erz zu schmelzen, das sie an den Vilsufern fanden. Große Hügelgräber tauchten auf, später dann eine frühmittelalterliche Straße samt Drainage, die bewies, dass Amberg wohl schon weit vor der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 1034 besiedelt gewesen ist.

Amberg bereits vor 1034 besiedelt

Mathias Hensch konnte aufzeigen, dass diese frühmittelalterlichen Menschen bereits systematisch Gärten bestellten und wohl in Pfahlbauten wohnten, die sie in den weichen Ufermatsch trieben. Später entstand an dieser Stelle ein erster Königshof, der wohl Anfang des 14. Jahrhunderts abgebrannt ist und 1317 als Schenkung König Ludwigs des Bayern der Ursprung des Amberger Bürgerspitals war.

Sensationell waren dann auch die Funde, die das Team aus dem Boden direkt neben der Spitalkirche ans Tageslicht förderte. Hier waren auf dem ehemaligen Friedhof Hunderte Opfer der Pestepidemie der Jahre 1349/1350 verscharrt worden. Zum Teil waren sie noch ordentlich bestattet, viele der Pestopfer wurden dann aber nur noch übereinandergestapelt oder in zum Teil grotesken Verrenkungen in die Pestgruben geworden. Knochen für Knochen sammelten die Archäologen ein und schickten sie zur weiteren Untersuchung in die archäologische Staatssammlung nach München zur Auswertung.

Reste lagern in Plastikkisten

Mathias Hensch sollte noch eine Dauerausstellung zu den historischen Funden auf dem Bürgerspital-Areal konzipieren. Doch inzwischen hat er die Stadt Amberg verlassen und ist über die Zwischenstation Tübingen in seine norddeutsche Heimat zurückgekehrt, wo er als fest angestellter Stadt- und Kreisarchäologe der Hansestadt Uelzen arbeitet. Die Reste der Amberger Stadtgeschichte, die noch immer in unzähligen Plastikkisten lagern, aber warten weiter auf ihre systematische historische Aufarbeitung. Mathias Hensch wäre eigener Aussage nach übrigens immer noch grundsätzlich bereit, an einem archäologischen Konzept für die Funde mitzuarbeiten. "Denn letztlich sind die ganze Grabung und deren Ergebnisse so komplex, dass momentan eigentlich nur ich die Dinge komprimierend und exakt darstellen kann", schreibt Mathias Hensch in einer Nachricht an Oberpfalz-Medien.

 
 

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