Amberg
13.02.2023 - 09:37 Uhr

Schmerzvoller und urkomischer Blick auf den Beginn einer Theaterkarriere

Von einem, der auszog, Schauspieler zu werden – und bei den Großeltern einzieht. Darum ging es im Stadttheater Amberg im Stück "Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke" nach dem Roman von Joachim Meyerhoff. Es begann unheimlich.

Es fängt düster an diesem Abend im Stadttheater Amberg: Nur wenig Licht ist auf der Bühne, ein junger Mann sitzt an der Rampe und deutet seinen Selbstmord an. Totenstille, ein paar Klavier-Tupfer, der Vorhang öffnet sich und gibt den Blick frei auf ein überdimensioniertes, altmodisches Sitzmöbel vor Spitzendeckchentapete und neben Konzertflügel.

Ab sofort gehen Marc Laade als Joachim mit seinen Großeltern – Oma Jessica Kosmalla und Opa Jaques Ullrich – mit dem Amberger Publikum eine ungetrübte Liebesbeziehung ein. Das Altonaer Theater bringt den Bestseller von Joachim Meyerhoff auf die Bühne „Ach diese Lücke, diese entsetzlichen Lücke“. Es ist ein zugleich liebevoller, aber auch schmerzvoller und stellenweise urkomischer Rückblick auf den Beginn der Theaterkarriere des Autors an der Otto-Falckenberg-Schule in München. Den Scheinwerfer hält er aber ganz besonders auf das Leben seiner mondänen, etwas spleenigen und Alkohol liebenden Großeltern, in deren herrschaftliche Villa am Schloss Nymphenburg der junge Mann aus Schleswig vorübergehend einzieht.

Die Oma, einst selbst Schauspielerin und eine Grand Dame, die mit Trippelschritten und in rosafarbener Eleganz je nach Lage der Dinge freudiges Erstaunen, blankes Entsetzen oder Bewunderung, auf jeden Fall die ganz großen Gefühle auszudrücken vermag. Der Opa, ein emeritierter Philosoph und Gentleman der alten Schule, klärt seinen Enkel über den Sinn des Lebens auf, dass er nicht nur beobachten, sondern an den Abläufen der Welt und des Lebens teilhaben müsse. Das Leben der Großeltern spielt sich in Ritualen ab: zwischen dem Genießen von Weiß- und Rotwein, Whiskey und Cointreau, klassische Musik hören, gemeinsam auf das altmodische Sofa legen, alte Texte aufsagen und Erinnerungen auffrischen. Marc Laade, alias Joachim, übersteht diese Rituale meist ziemlich angeschickert. Köstlich, wie er seine irrwitzigen Erlebnisse zwischen den Welten von Theater und Familie, zwischen Komik und Tragik erzählt. Er nimmt sich selbst zurück, übertreibt nicht, lässt die Situation wirken.

Und da gibt es reichlich zu Lachen. Über die Ausbildung an der Schauspielschule, über Mitschüler und Lehrer (in unterschiedlichen Rollen: Antje Otterson, Kai Hufnagel, Franziska Schulze, Tobias Schaller) und über unterschiedlichste Aufgaben. Da muss er sich beweisen im Glitzerkleid und als Nilpferd, einmal bei der wilden Walpurgisnacht und dann wieder ist der brave Osterspaziergang gefragt. Eine Episode reiht sich an die andere, ein Schauplatz switcht zum nächsten. Konstante bleibt das Spiel am Klavier von Matti Winnitzki, der mit lockeren Melodien und klaren Akkorden den Spielfluss mitbestimmt. Regisseur Henning Bock greift die Gedanken und Motive auf und setzt sie zu einem unterhaltsamen, witzigen und melancholischen Assoziationsfluss mit der richtigen Dosis von Tränen der Heiterkeit und Trauer zusammen. Mit großem, zugeneigtem Applaus wurde das Ensemble für diesen gelungenen Abend belohnt.

 
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