"Söder" und "Stoiber" beim Abschied von Alois Karl

Amberg
13.08.2021 - 19:01 Uhr

Die Größten der bayerischen Landespolitik waren als Laudatoren zum Abschied des Bundestagsabgeordneten Alois Karl von der großen Bühne gerade gut genug. Auch wenn die Wahlkreis-CSU dafür zu einem kleinen Trick greifen musste.

Nach 16 Jahren im Bundestag tritt Alois Karl (70) dieses Mal nicht mehr zur Wahl an. Seine Partei würdigte die Verdienste des Neumarkters am Donnerstag mit einem Ehrenabend in dessen Heimatstadt. Die rund 100 Gäste aus den CSU-Gliederungen von Neumarkt, Amberg-Sulzbach und Amberg trauten ihren Augen nicht, als dabei plötzlich Markus Söder in den Biergarten des Gasthofs Blomenhof einmarschierte. Auf den zweiten Blick erkannte man aber, dass hier nicht der Landesvater selbst Alois Karl beehrte, sondern der Kabarettist und Verwandlungskünstler Wolfgang Krebs.

Das gab natürlich den Ton des Abends vor. Die locker-flockigen Sprüche von Krebs alias Markus Söder („Bayerns oberster Bienenretter“) machten vor keiner Partei halt. Der Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock attestierte er, „vermutlich in Hannover“ Abitur gemacht zu haben, wo aber auch schon ein bayerischer Angelschein zur Hochschulreife genüge. Dem zu ehrenden Alois Karl („AK ist mir tausendmal lieber als AKK“) bescheinigte er, Projekte von Pyrbaum bis Schnaittenbach angestoßen zu haben – „wo immer das sein soll“.

100 Spiele für den FC Bundestag

Nach Perückenwechsel in Rekordzeit zog Krebs als Edmund Stoiber vom Leder: „Wer Olaf Scholz zum Hoffnungsträger macht, der braucht keine politischen Feinde mehr.“ Karls 16 Jahre im Bundestag brachten ihn zu einem Vergleich: „Genauso lang, wie Angela Merkel Kanzlerin ist, aber du warst mir immer sympathischer.“ Und zu einem Satz, den er mit Seitenblick auf Karls Ehefrau Hildegard vortrug: „Er war im Haushaltsausschuss, obwohl er im Haushalt noch nie was gemacht hat.“ Natürlich blieben auch die 100 Spiele des Abgeordneten für den FC Bundestag nicht unerwähnt – eine Karriere, die am 6. September mit einem Spiel gegen den FC Aloisius aus dem Wahlkreis ihre Krönung erleben soll.

CSU-Bezirksvorsitzender Albert Füracker bescheinigte Alois Karl viel Menschlichkeit und Bürgernähe, ebenso Tat- und Schlagkraft – womit er auf die Ohrfeige anspielte, die Karl 2009 einer Bäuerin versetzte, die ihn absichtlich mit Milch überschüttet hatte. Füracker: „Ich war dabei, ich hab’s gesehen.“ Unvergessen seien zudem die humorigen Reden Karls im Bundestag, die ihn auf Platz 6 der einschlägigen Rangliste brachten. Etwa die zum 211 Seiten starken AfD-Antrag, bei der der CSU-Mann ausrief, den habe er nur mit drei Weizen intus lesen können.

"Es wird uns einer fehlen“

Aus den Reden des Bundeswahlkreisvorsitzenden Patrick Fröhlich (Sulzbach-Rosenberg) und des Amberger Oberbürgermeisters Michael Cerny ließ sich erahnen, wie es den CSUlern im Osten des Wahlkreises 2005 zugesetzt hatte, dass sich nach 56 Jahren ein Neumarkter das Direktmandat schnappte. Doch Karl habe alle Zweifler durch seine Leistung schnell überzeugt. „Du warst stets präsent und ansprechbar, nicht nur für die Funktionsträger unserer Partei“, lobte Fröhlich. „Du weißt auch, wie diejenigen denken, denen es nicht so gut geht“, schilderte Cerny seine Erlebnisse mit Karl. „Damals warst du für uns der Neumarkter. Heute sagen wir: Es wird uns einer fehlen.“

Warum er den Posten als OB in Neumarkt zugunsten des Abgeordnetenmandats aufgegeben hatte, konnte Cerny allerdings nicht verstehen. Karl gab seine Beweggründe preis: „Nach 15 Jahren als OB, da kannst alles, da weißt alles, da fehlt etwas die Erotik in der Arbeit.“

16 Jahre als Abgeordneter gingen allerdings auch nicht spurlos an einem vorüber. So habe er seiner Frau schon vorgeschlagen, mit folgender Wette im Fernsehen aufzutreten: „Wetten, dass ich durch Schnuppern am Sakko meines Mannes erkennen kann, in welchem Wirtshaus er gewesen ist.“ Damit ist es nun vorbei. Die Eheleute wollen sich Zeit nehmen fürs Wandern und Bergsteigen. Und für die vier Enkel, ihre Prinzessinnen und Prinzchen.

Amberg23.07.2020
Hintergrund:

Zur Person: Alois Karl

  • seit 1979 Rechtsanwalt
  • seit 1984 Mitglied des Neumarkter Kreistags
  • 1981-1990 Leiter des Rechtsamts der Stadt Neumarkt
  • 1990-2005 Oberbürgermeister von Neumarkt
  • 2005-2021 Mitglied des Deutschen Bundestags
 
 

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