Amberg
31.03.2019 - 14:28 Uhr

Standing Ovations zum Abschied von Franz Mertel

Es scheint noch nicht so recht ausgemacht zu sein, wer wem mehr fehlen wird: das Rathaus Franz Mertel oder Franz Mertel dem Rathaus?

Das symbolische Spaß-Fahrrad, das für das Abschiedsgeschenk eines E-Bikes stand, lief nicht so rund, wie üblicherweise die von Stadtkämmerer Franz Mertel (auf dem Fahrrad) vorgelegten Haushaltsentwürfe. Oberbürgermeister Michael Cerny (links) hatte zuvor bedauert, dass es „a ganz schee weh tuat“, den Spitzenbeamten in den Ruhestand zu verabschieden. Bild: Petra Hartl
Das symbolische Spaß-Fahrrad, das für das Abschiedsgeschenk eines E-Bikes stand, lief nicht so rund, wie üblicherweise die von Stadtkämmerer Franz Mertel (auf dem Fahrrad) vorgelegten Haushaltsentwürfe. Oberbürgermeister Michael Cerny (links) hatte zuvor bedauert, dass es „a ganz schee weh tuat“, den Spitzenbeamten in den Ruhestand zu verabschieden.
Amberg04.04.2019

Seine Kollegen verzichten jedenfalls nur ungern auf ihn, und auch Oberbürgermeister Michael Cerny beschlich "Wehmut, wenn diese ,Symbiose' heute zu Ende geht". Damit meinte er, dass "es sicherlich kaum einen Beamten oder Angestellten der Stadt Amberg gibt, der sich mit mehr Leidenschaft und Herzblut, aber auch Correctness und Akribie bei der Verwaltung und für die Verwaltung eingesetzt hat".

So ein Lob des Dienstherrn ist beileibe nicht alltäglich. Auch nicht bei einer Verabschiedung in den Ruhestand. Der Stadtkämmerer Franz Mertel (63), den das politische Amberg und seine Kollegen sowie Weggefährten am Freitagabend im historischen Rathaussaal aus dem beruflichen Leben entließen, steht als Persönlichkeit und als am Ende seiner Laufbahn exponierter kommunaler Beamter für immerhin vier Jahrzehnte, in denen die Stadt sich zu ihrem heutigen Profil gewandelt hat (siehe auch www.onetz.de/2675773).

Das prägt beide Seiten und - so der offizielle Titel seit Ende 2008 - der Referent für Finanzen, Wirtschaft und Europaangelegenheiten gestand offen ein, darauf "auch stolz" zu sein. "Eine Haushaltsrede wird's nicht", wandte er sich an die Gäste ihm zu Ehren, und endlich könne er nun den steten Rat seiner Ehefrau Gertraud, "bring' halt nicht so viele Zahlen", einmal beherzigen. "Ich habe meine Arbeit geliebt und ich habe meine Arbeit gelebt", verriet Mertel als Grundrezept seines beruflichen Lebens, wenn auch etliche Erfolge von der nötigen Portion Glück mitbestimmt gewesen seien. Dieses nötige Glück personifizierte Mertel nicht zuletzt als die Kollegen, die seinen Weg in die Führungsetage des Rathauses begleiteten, und als die Mitarbeiter der ihm Ende unterstellten Ämter. "Ihr habt all das geleistet, was man mir heute zuschreibt."

Martin Schafbauer, Leiter des Einwohneramtes, sprach von einem "System Mertel", das durch die Flure der städtischen Dienststellen gegeistert sei. Geprägt von "großer Logik und einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn". In der Schriftform eines kommunalen Haushaltes werde das dann Budgetierung genannt und für die Amtsleiter bedeute es die Frage, "wie sag's ich dem Mertel?". Eine vernünftige und faire Antwort sei der Kämmerer nie schuldig geblieben.

Die Mitarbeiter der Mertel unterstellten Ämter verabschiedeten sich von ihrem Chef mit Sketchen und Szenen aus seiner über 40-jährigen beruflichen Laufbahn im Rathaus. Als Leitmotiv dienten symbolische 40 städtische Haushalte in gedrucktem Telefonbuchformat, die sich auf ein Gesamtvolumen von über vier Milliarden Euro haben summieren lassen.

Deutlich mehr als üblich rückten diese Beiträge die Referats-Facette Europaangelegenheiten in den Vordergrund. Denn nicht jede Reise in eine der Partnerstädte von Amberg oder die Aufenthalte dort gingen so reibungslos über die Bühne, wie die von Mertel vorgelegten Haushaltsentwürfe. Zum Abschied gab es von den Rathaus-Kollegen ein E-Bike für die Fitness und vom politischen und gesellschaftlichen Amberg Standing Ovations. Die bekommt nicht jeder leitende Beamte, der das Rathaus verlässt.

 
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