Amberg
21.03.2024 - 11:16 Uhr

Sternenmensch David Bowie begeistert das Publikum im Amberger Stadttheater

David Bowie besitzt seinen eigenen Asteroiden mit der Bezeichnung 342843. Dort existiert er, obwohl er seit acht Jahren tot ist. Doch nun ist er heruntergestiegen. Direkt auf die Bühne des Amberger Stadttheaters.

Von David Bowie wissen wir, dass er am 10. Januar 2016, zwei Tage nach seinem 69. Geburtstag in New York an Leberkrebs gestorben ist. Was wir nicht wissen ist, ob seine Asche tatsächlich auf der Insel Bali in alle Winde zerstreut worden ist. Sehr wahrscheinlich ist, dass sein Geist sofort und ohne Umwege ins Weltall aufgestiegen ist. Er existiert jetzt auf dem Asteroiden 342843, der nach ihm benannt ist (den gibt es wirklich), für alle Zeiten weiter. Das unterscheidet Bowie von beispielsweise Elvis Presley, dem ja hartnäckig nachgesagt wird, noch immer zu leben. Manche munkeln sogar, er wäre in einem Keller in Freihöls eingesperrt. Alles Gerüchte natürlich. Jim Morrison ist tot, Jimi Hendrix, Janis Joplin auch und sogar Lou Reed musste sterben, nachdem er noch ein beachtliches Alterswerk hingelegt hatte.

Doch Bowie war und ist anders als die anderen. Der absolute Superstar des Glamrock, androgynes Wesen aus einer anderen Welt, mal Ziggy Stardust, dann schwul, wieder hetero, wandelbar und dabei immer produktiv. Und sehr erfolgreich. Und am Ende seines Lebens auch sehr reich. Die Musik setzt ein – ein ratterndes Schlagzeug und eine E-Gitarre. Ganz in Weiß und in gewagt hohen Damen-Plateauschuhen steigt ER herab: David Bowie alias Hans Piesbergen. Bowie/Piesbergen singt "Ziggy Stardust". Die Geschichte beginnt. David Bowie erzählt dem Publikum im Amberger Stadttheater seine Geschichte: Aufgewachsen in einem ordentlichen, aufstrebenden aber sehr britischen Elternhaus in London, fehlt dem kleinen David Jones vor allem eins: Liebe.

Chronisch erfolglos

Die schenkt er schließlich dem Rock 'n' Roll. Er macht seine ersten musikalischen Schritte, ist natürlich chronisch erfolglos und irgendwann gelingt ihm mit "Space Oddity", dem Lied mit dem Major Tom, der im Weltall verlorengeht, der Durchbruch. Klingt erst mal öde und weder bühnen- noch abendfüllend. Ein Star-Darsteller, ein Gitarrist mit einem grenzwertigen BMI-Wert, ein zaundürrer Schlagzeuger, der zusätzlich Gitarre spielt und eine Frau, die zwischendrin mal zwei Lieder mitsingt: Was soll da für diejenigen interessant sein, die sich nicht zu den 100.000-Volt-Bowie-Fans zählen?

Sehr viel sogar. Denn sowohl Gitarrist Michael Schönmetzer als auch Schlagzeuger Sebastian Strehler schlüpfen im Verlauf der Revue in unzählige Rollen. Auf der Bühne entwickelt sich ein Schauspiel für drei Personen voller schreiend komischer Momente, ungebremster Verruchtheit, verrückter Durchgeknalltheit oder dem puren Slapstick – und einer gewissen Nachdenklichkeit. Michael Schönmetzer spielt in einem Augenblick eine unglaubliche Figur aus einer bodenlos schlechten Porno-Show von Andy Warhol, wird dann plötzlich zu Bowies erster Ehefrau Angie Bowie und brilliert als debil-zugedröhnter Iggy Pop mit dem unvermeidlich nackten Oberkörper so richtig schön widerlich-abstoßend. Inklusive des wohl größten Hits des ehemaligen Stooges-Frontmanns: Lust for Life.

Schmierig und abstoßend

Abstoßend kann Schlagzeuger und Gitarrist Sebastian Strehler natürlich auch. Als schmieriger Manager Tony Defries macht er die denkbar allerschlechteste Figur und schwingt sich dann als Romy Haag, des/der Kurzzeitgeliebten von David Bowie, auf in schwülstige Sphären. Inklusive Gesangssolo (Amsterdam) auf der eigentlich dem Star vorbehaltenen Treppe. Der heißt an diesem Abend David Bowie, gespielt von Hans Piesbergen. Der könnte übrigens genauso gut Andy Warhol in einer schlechten Revue spielen. Doch als David Bowie war und ist er eine absolute Bestbesetzung. Der mager-durchtrainierte und rasierte Oberkörper ist einfach Bowie. Seine Verwandlung vom geschlechtslosen Wesen in Weiß in den Glam-Star Ziggy Stardust auf offener Bühne große Pop-Art. Sein Gesang tatsächlich nah dran am Original.

Hit reiht sich an Hit. Natürlich gibt es Space Oddity, Starman und Heroes sowieso. Doppelt und dreifach als Zugabe. Und natürlich liegt der Schwerpunkt des Stücks auf den drogenverseuchten, glamourösen und äußerst kreativen 1970er Jahren. Die Verwandlung des Pop-Chamäleons in den seriösen und äußerst erfolgreichen Popkünstler Bowie gibt für so ein Stück dann doch zu wenig her. "There's a starman waiting in the sky", singt die Band, dann fällt der Vorhang, David Bowie kehrt zurück auf seinen Asteroiden 342843. Das Publikum ist begeistert, klatscht, singt und summt mit. Springt sofort nach dem Ende der Vorstellung von den Sitzen auf. Nicht etwa, um fluchtartig den Saal zu verlassen, sondern um den Darstellern, zu denen auch noch Herminone Farthingale – ersatzweise an diesem Abend gespielt von Antonia Welke – und der Tontechniker und Bassist Erasmus Gerlach gehören, für diese gelungene Reise durch ein vogelwildes Leben zu danken.

 
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